Eifrig mühe ich zwei Hölzer um mit Hitze einen Funken in das trockene Gras zu zaubern. Neben mir rauchen in einem kleinen Krater die Rest einiger Hozscheiten und ich höre das beständige Zischen sich zersetzender Masse. Der Versuch das Feuer magisch zu entzünden ist mir eine Lehre. Lieber werde ich ohne zurechtkommen als einen weiteren sapbeflügelten Splitterregen über mich ergehen zu lassen. Ich setzte die Hölzer ab, puste hektisch auf die Stelle an der ich den Funken erwarte, puste, warte, puste, warte und reibe weiter.
Gestern Nacht hatte ich eine Gestallt dabei erwischt wie sie sich an der Stallung meiner Mektoubs zu schaffen machte. Einmal aufgeschreckt, zog ich in solch rasender Eile das Schwert vom Nachtschrank, dass ich dabei die erloschene Öllampe samt Feuerstein zu Boden beförderte wo sie zersprangen. Draußen angekommen zeugte nur noch das unruhige Scharren meines treuen Lasttieres und der verschrammte Riegel vom vermeindlichen Dieb. Der Krach hatte ihn vertrieben. Da ich werder eine intakte Lampe besaß, noch bewandert im Spurenlesen war, blieb mir nichts anderes möglich als ins Haus zurückzukehren. Dort schob ich mir dann einen Stuhl zum Fenster und starrte in die Dunkelheit vor dem Stall bis mich Jena's Arme umfingen.
Den nächsten Morgen machte ich mich sichtlich zerknirscht auf den Weg zur Wachstube. Nachdem die Wahl des neuen Majors keine Früchte getragen hatte, wurde eine der Wachen in den Rang eines Hauptmannes erhoben um so zumindest eine kleine Befehlsstruktur zu haben. Als ich die Tür öffnete sah ich bereits sein grimmiges Gesicht, was mich wage daran erinnerte, dass gehobene Freundlichkeit nicht Grundlage seiner Beförderung war.
Er nickte mir stumm zu.
"Vergangene Nacht hat sich jemand in meinem Garten herumgetrieben. Geht ihr dem bitte nach?"
Sein Gesicht blieb unbewegt.
"Ich habe nicht die Männer um Lapalien nachzugehen."
Wenigstens war er zu allen gleich unfreundlich.
"Dieser Jemand hat versucht meinen Stall aufzubrechen!"
"Versucht. Aber nicht geschafft."
Da mich seine patzige Art in Rage brachte, entgegnete ich:
"Die Nacht war lang! Er hat vielleicht woanders Erfolg gehabt."
"Mäßigt euren Ton. Ich bin mir darüber im klaren und auch im Bilde."
Warscheinlich konnte man es von meinem Gesicht ablesen das mich seine Antwort überraschte, denn er nahm sofort einen genervten Ausdruck an.
"Euer Nachbar war bereits vor euch hier. Ihm wurde ein Mektoub gestohlen."
Gelangweilt hob er ein paar Notizen hoch und schaute auf eines der wenigen nicht vergilbten Formulare. Er murmelte:
"Ein Reittier. Draußen hängt schon eine Warnung aus. Ihr wißt: Türen und Fenster verschlossen halten. Tiere im städtischen Stall unterbringen."
"Und? Wollt ihr den Diebstahl untersuchen?"
"Nein."
Ich war außer mir.
"Bitte?!" Doch er blieb ganz gelassen, beugte sich vor, legte die Arme auf den Tisch und faltete die Hände.
"Habt ihr den Einbrecher erkannt?"
"Nein"
"Ist euch etwas besonderes an seiner Kleidung aufgefallen?"
"Es war dunkel und er hat sich nicht vorgestellt.", entgegnete ich patzig.
"Aha."
Er lehnte sich zurück und legte die gefalteten Hände auf seinen Bauch.
"Wir haben weder Spurensucher, noch können wir genügend Männer entbehren um die Wälder abzusuchen."
Leise, dast drohend sprach ich die nächsten Worte.
"Habt ihr euren Eid vergessen? Die Bürger schützen, das Recht wahren."
Seine Geduld brauchte sich mit einem Mal auf und er verschärfte Blick und Ton.
"Keineswegs; Rats-herr Thlindae.", zischte er jede Silbe betonend.
"Doch scheinbar habt IHR vergessen, dass auch die Wachhabenden zu den Bürgern gehören. Soll ich nun die paar Dienstfreien in die Gefahr eines Hinterhaltes schicken? Oder lieber in voller Stärke in den Wald ziehen? Haltet Ihr Wache während wir weg sind? Sprecht Ihr mit den Verwandten wenn einer von seiner Einzelmission nicht zurückkehrt? Ihr mögt die Sicherheit der Hauptstadt gewohnt sein, doch hier ist Grenzgebiet.
Lauft nur EIN Stück in den Süden und ihr findet nur noch Wilde und Ungetier. Geht lieber und kümmert euch um euren Nachbarn. Ohne Reittier für seinen Botendienst, wird er sich den Schutz Avalae's sicher nicht mehr lange leisten können."
Damit war das Gespräch beendet. Wütend stürmte ich aus der Wachstube und trat nach der erstbesten Wurzel. Dabei erwischte ich unglücklich den kleinen Zeh. Für einen Moment kochte ich noch vor Wut, dann brachte mich der pochende Schmerz zur Vernunft. Es mußte etwas geben was ich unternehmen konnte. Gedankenverloren starrte ich auf den Ratsaushang. Da fiel mir eine neue Nachricht ins Auge. Vor mich hin murmelnd las ich was eilig auf das Blatt gekritzelt war:
"Sanantia... von der Gilde der Karavia beauftragt... Ydan... Halsabschneider" - Es mußte einen Zusammenhang zwischen diesen Banditen und dem gestohlenen Reittier geben. Hatte gar Ydan selbst das Mektoub genommen, um seinem listigen Plan nachzugehen? Diesen Gedanken abwägend las ich weiter: "... Gefecht mit Homins am Kami Kreis... Homins zurückgetrieben...", meine Augen wurden groß, "ihre Kundschafter erreichten gar fast Avalae!"
Nein. Unmöglich!
ALL DAS hatte sich direkt vor unserer Nase abgespielt und wir erfuhren es erst von einem schmutzigen Zettel. Wie blind waren wir geworden? Und nicht nur das, diese dahergelaufenen Strauchdiebe errangen sogar einen Sieg! Der vergängliche Garten - nun ein Gebiet der Vogelfreien?
Keine halbe Jahreswende war es her das Horden von Kittins über die Grenzen Matias hinwegfegten. Viele Homins ließen in diesem Kampf ihr Leben, unter ihnen all die Ranghohen Avalae's, doch die Chitininvasoren wurden zurückgeschlagen, die Gefahr rechtzeitig erkannt. Und nun diese Schande! Hatten die Homins schon vergessen? Waren wir in dieser kurzen Zeit so schwach geworden?
Eines war klar. Dieser Angriff würde nur der Anfang sein. Ein Ausfall um unsere Grenzen zu testen. Wenn sie wiederkommen würden, mußten wir vorbereitet sein. Es war Zeit ein Zeichen zu setzen und wo anders als hier in der Grenzstadt Avalae, sollten wir damit beginnen? Von einer neuen Unstetigkeit getrieben, suchte ich das erste Licht des Morgens. Die Strahlen der neuen Sonne krochen über den Hügel der die Stadt gegen die Südpassage abschottete. Mit dem morgigen Tag würde ich ein Feuer auf eben diesem Hügel entzünden und es nicht mehr erlöschen lassen. Nie sollten es diese Halsabschneider wagen und über die Grenze ziehen.
Schnell eilte ich nach Hause um einen Aufruf niederzuschreiben. Noch an diesem Morgen zog ich aus, um folgendes in den Städten Matias anzuschlagen:
*ihr lest*
Es gelingt, der Funke springt. Vorsichtig pust ich in das dürre Gras um das Glimmen zu nähren. Der Rhytmus des Atems wird das Flackern einer Flamme und der erste Stengel brennt. Er legt sich an das Holz, entzündet einen weiteren Halm und schließlich sind es derer genug um an einer Scheite zu zehren. Als ich mich zurücklehne um weiteres Holz nachzulegen, spricht das Feuer seinen ersten prasselnden Satz.Homins der freien Völker,
gestern haben wir eine Schlacht verloren. Dies war nicht nur ein Niederlage des Schwertes, sondern auch ein Niederlage des einigen Geistes. Wir kämpften zusammen doch nicht miteinander. Die Konflikte die uns bedrängen, treiben neblige Keile zwischen uns und haben unseren Blick getrübt, - so sehr das wir nur noch Unterschiede und eigene Interessen sehen und nicht mehr das was uns bedroht.
Einst fielen die Kittin über unsere Länder her. Alle Völker kämpften für das Überleben der Homins, doch jeder focht für sich allein. Als niemand daran dachte dem anderen eine Hand zu reichen, machten sich die, die nur den Krieg kannten, unter Jena gleich. Der Orden der Bruderschaft ward gegründet und gemeinsam ebneten sie den Weg um die Plage der Kittin aus den neuen Ländern zu bannen.
Sie machten den Anfang; entzündeten das Feuer.
So laßt auch uns ein Feuer entzünden.
Diese nächsten drei Tage werde ich hier in Avalae, am Tor unserer Lande, ein Wachfeuer entfachen und an der Grenze wandern. Tut es dem gleich und zeigt:
Wir sind stetig wach und stark. Für Feinde der freien Völker ist hier kein Weg zu gehen.
Möge Jena an eurer Seite sein,
Thlindae
Gerade rechtzeitig. Die Sonne sinkt hinter den Horizont. Ich packe mein Schild und das schlecht gewuchtete Schwert und verlasse den Schein des neuen, knisternden Lichtes. Der erste Wachgang liegt vor mir. - Was er wohl bringt?