Tempelbau reloaded

[feilan]

Es war eine dunkle und stürmische Nacht. Nun, zumindest dunkel war es allemal und man konnte kaum die eigene Hand vor Augen sehen. Das war aber auch gar nicht nötig, denn diese dunkle und nicht ganz so stürmische Nacht war mindestens so langweilig wie lichtlos. Aus diesem Grund beginnt die Geschichte auch tagsüber.

Die Vögel zwitscherten fröhlich und die Sonne schien, als erwarte sie eine Gehaltserhöhung, als die Götter interessante Neuigkeiten verkünden ließen. Mit dem ständigen Wiederbeleben und dem schon ohne dies ausreichend anstrengenden Götterdasein hätten sie es sich verdient, dass auch die Homin mal für sie schuften indem sie ihnen zu Ehren Tempel bauten. Hübsche, ausdrucksstarke Tempel sollten es werden. Früher einmal hätten auch stinknormale Tempel genügt, doch im Zuge der Veränderung der Gesellschaft stiegen auch die Ansprüche der Homin. Ohne gelungene PR stand man heutzutage bald allein da. Dies wussten auch die Gottheiten, weshalb schäbige Tempel schon mal gar nicht in Frage kamen. Da die Tempel mit den hiesigen Rohstoffen weder hübsch noch aussdrucksstark genug würden, wollten die befellten oder latexgewandeten Vertreter der Götter den Homin nach und nach neue Gebiete eröffnen.

Dort sollte es jede Menge hübscher Materialien geben, mit denen sich so richtig ausdrucksstarke Tempel bauen ließen. Außerdem würde es Kitin dort geben. Um die Rohstoffbauern zu beschützen sollten also auch Krieger in die neuen Regionen ziehen. Da nun zufällig jede Menge Krieger beider Seiten dort sein würden, fänden die Götter es auch sehr nett, wenn quasi auf dem Weg und im Vorbeigehen einige Köpfe von Anhängern der Gegenseite von den dazugehörigen Körpern der Anhänger der Gegenseite befreit würden. Natürlich sollte dies nicht unbelohnt bleiben. Besonders fleißige Hominkürzer würden Geschenke für ihre Taten erhalten. Kristalle gegen Lernschwierigkeiten, universal verwendbare Rohstoffe mit hervorragenden Eigenschaften und äußerst hübsche Röcke.

Gut das Verständnis der Götter, was denn wohl hervorragende Eigenschaften seien unterschied sich zweifellos grundlegend von dem der Homin, aber zumindest waren die Rohstoffe tatsächlich universal einsetzbar. Die Röcke waren auch nicht hübsch. Eher waren sie potthässlich, aber das machte ja nichts, solange man es niemandem auf die Nase band. Wenn die ersten Belohnungen abgeholt würden, hätten die Zulieferer lange ihr Geld eingestrichen und wären über alle Berge.

Als das erste der neuen Gebiete eröffnet wurde, kamen alle zusammen und freuten sich. Vor allem freuten sich jene, die bisher wenig mit den Religionen anfangen konnten, da sie endlich auch ihnen etwas gaben. Vor allem gab es auf die Mütze, wenn man dem falschen Tempel zu nah kam. In Anbetracht der völligen Ermangelung einer funktionierenden Judikative auf Atys ist es wenig verwunderlich, dass die emsigen Tempelwachen gegen Hausfriedensbrecher lieber mit dem Schwert als mit einstweiligen Verfügungen vorgingen. An den Baustellen wurde gescherzt und gelacht und alle hatten einen riesen Spaß. Und als das Warten mit der Zeit langweilig wurde, wurde ein unschuldiger Homin als Verräter tituliert und von seinen Glaubensfreunden verhöhnt. Kurz davor hatten die Tempelwachen ihm klar gemacht, dass er wenig erwünscht sei, wenn er darauf bestünde solche zu heilen, die vorher mit freundlichsten Zaubersprüchen der Vernichtung zum Gehen aufgefordert wurden. Immerhin wartete man schon lange, das Herumstehen wurde langweilig – die Homin brauchten einfach eine Beschäftigung und was liegt näher? So oder so, alle hatten einen riesen Spaß (bis auf jenen armen Homin natürlich, aber hey – er hätte ebensogut tanzen können oder sonst etwas gegen die Langeweile unternehmen, selber Schuld. Außerdem heilte er Besucher der Gegenseite - Frechheit!).

Als das neue Gebiet dann endlich eröffnet wurde stürmten alle los um dieses in Augenschein zu nehmen. Nicht lange dauerte es, bis sich die Anhänger der beiden Seiten gegenüberstanden. Jene, die Decken und Picknikkörbe mitgebracht hatten kamen sich auf einmal etwas fehl am Platz vor, als sie die glänzenden Schwerter und polierten Rüstungen ihrer Kollegen sahen. Bei strahlendem Sonnenschein gaben die Homin sich zur Begrüssung die Klinge in die Hand. Oder wahlweise in den Bauch. Im malerischen Wäldchen von Almati entspannte sich ein Ballett der kunstvollen Verringerung eines Überschusses an lebenden Homin, deren Höhepunkte rote Fontänen darstellten, die sich dann und wann wie von alleine auftaten. Fast, wie ein rotweinbefüllter Zierbrunnen (wenn auch Tomatensaft von der Farbe eher passt. Aber mal ehrlich, wie hört sich das denn an? „wie ein mit Tomatensaft gefüllter Zierbrunnen“...dann doch lieber Rotwein).

Während hier und da die fröhliche Dezimierung des Hominbestandes voangetrieben wurde, wuselten die Meinungsforscher der Gottheiten geschäftig durch den Wald. Obwohl man sich bei der Formulierung der Fragen reichlich Mühe gab, kamen sie nicht so gut an. „Was hat Ihnen an Ihrer Art getötet zu werden besonders gefallen“, „Wie finden sie die verbesserten Klingen aus der Yenlai-Werkstatt?“, „In welcher Atmosphäre wünschen sie das nächste Mal niedergestreckt zu werden?“ oder auch „Auf einer Skala von eins bis zehn, wie würden sie die aktuelle Verringerung religiöser Toleranz auf Atys bewerten?“ kamen irgendwie nicht so gut an, wie erwartet. Insbesondere die einzeln herumliegenden Köpfe waren derart unfreundlich nicht auch nur eine Miene zu verziehen und stoisch dem Spektakel zuzuschauen, ohne sich von den Forschern ablenken zu lassen. Immerhin gab es einige Homin, die gerade herumliefen um herumliegende Körperteile ihrer selbst einzusammeln, welche sozusagen auf dem Sprung ein paar Fragen beantworteten. Insgesamt war die Auswertung enttäuschend, lediglich die Tatsache, dass in dieser Schlacht bemerkenswert viele Homin durch Picknikdecken und -körbe ihr Ende fanden, verblüffte die gestandenen Forscher.

Man versuchte den abwechslungssuchenden Homin entgegen zu kommen, indem man auch andere Gebiete öffnete. Immerhin schein dies laut Umfragen auch ein wichtiges Anliegen vieler Homin zu sein. Gut, man hatte nur die Sterbenden befragt, aber immerhin einen repräsentativen Querschnitt, also sollte das wohl auch für die Überlebenden gelten. Doch im Grunde lief es dort ebenso ab. Zwar nahm die Anzahl der Picknikutensilien auf dem Schlachtfeld ab, doch glücklicher wurden die Homin dadurch auch nicht. Vielleicht sollte man beim nächsten Mal hübscher dekorieren. Ein paar Blumengirlanden und einen Stand, der Erfrischungen anbietet würden vielleicht mehr zufriedenstellen.

Doch die Tempel waren so gut wie fertig und nur die Götter mussten sich noch kurz in die metaphysischen Hände spucken, um sie zu vervollständigen. Alle standen sie um die Tempel herum und bestaunten diese. Gut, die Meisten hatten erwartet, man könne Tempel definitionsgemäß betreten, aber man kann es eben nicht allen Recht machen. Wirklich hübsch waren die Tempel auch nicht, womöglich hatten die Götter jedoch nur einen anderen Geschmack als die Homin. Aber aussagekräftig, das waren sie allemal. Jeder einzelne Homin sollte, wenn er einen der Tempel erblickte, denken: „Was zum Izam soll das bloß bedeuten?“. Das die Tempel etwas aussagen sollten war allen klar, daran gab es keinen Zweifel - nur das Was entzog sich hartnäckig allen Spekulationen. Die Vertreter der Gottheiten konnten hier auch wenig Licht in das Dunkel bringen. Selbstverständlich hatte der Architekt ihnen erklärt, welche Aussage dort zu finden sei. Leider haben sich die Kami während dessen gerade gelaust und die Karavan ihre Dapper gezählt.

[orcus78]

Geil, einfach nur geil.

Macht spass zu lesen und ich musste mehr als nur einmal lachen.

Mehr davon.

Auch die Einleitung mit der Langweilligen Nacht, genial überlegt.

[yagamoto]

Ich liebe diesen Humor Der Micheal Moore des Ryzoms I love you

[XoloX]

*applaudiert*

Sehr zum Schmunzeln
Am Ende geht Dir mE. etwas die Luft aus, kein Wunder bei der Ansammlung in Worte gezwungener Individualbuchstaben. Irgendwie hatte ich noch einen Querblick auf die Highscore...äääh...Fametäfelchen erwartet

Aber eins wusste ich irgendwie schon immer: die Kristalle sind nur für die mit Lernschwierigkeiten

[feilan]

Danke, danke *freu*.
Naja, ich find, mir geht schon nach der Einleitung die Puste aus, und das ganze hätte noch besser überarbeitet werden können. Aber nachdem ich das schon fast einen Monat hier rumliegen hab, dachte ich, es sei langsam an der Zeit, es mal zu posten - sonst wäre es auf ewig in der 'unfertig'-Schublade verschwunden *g*. und klar hätte ich noch viele Dinge reinbringen können. Die Fametafeln waren drin, sind aber wieder verschwunden. Genauso, wie der Gärtner, der regelmässig mähen muss, damit man die Tempel nicht im hohen Gras verliert (ich war letztens mal am Kara-tempel...hatte der schon immer diesen Turm da oben drauf? der kam mir neu vor *wundert sich*). Auch die Erwähnung der Tischlergewerkschaft, die sich aufgrund von Streiks nicht imstande sah, die Türen für die Tempel rechtzeitig zu löiefern fiel der Kürzung zum Opfer *gg*

Der Micheal Moore von Atys? O.o
Wie kommst du auf den Vergleich?
Aber wenn du ihn schon einmal anstrengst...

Acridiel, wie wäre es nach "CSI:Yrkanis" mit "Bowling for Witherings"? )

Falls noch jemand Lob oder Kritik hat, dann gerne heraus damit
Und ja, ich weiß, dass das erste Gebiet die Aelius-Dünen und nicht der Almati-Wald waren

[XoloX]

Wäre

"Six Feet Under: Almati - Gestorben wird immer"
(Und wenn nicht, helfen wir nach)

nicht auch ne Idee wert?
*verschwindet hämisch kichernd im Unterholz und versteckt sich im Schatten der Kipesta*

[pawel]

hihi nich übel dicker
huch was mach ich hier?
*sich umdreht und verwirrt geht*

[jonasq]

Applaus, wobei Pawels kurzer Beitrag in Humor durchaus aufschließt
*wünke JayJay*