Grüsse Homins,
nachfolgend könnt ihr euch an den für den Wettbewerb eingereichten Geschichten erfreuen und gleichzeitig euren eigenen Favoriten wählen.
Die Geschichten stehen hier genauso, wie sie mir zugesendet wurden. Das heisst, es wurde weder etwas an Formulierung, Formatierung noch an der Rechtschreibung/Zeichensetzung geändert.
Die Namen der jeweiligen Autoren werden nach Auslaufen der Wahl veröffentlicht. Schliesslich sollt ihr ganz objektiv die Geschichte wählen, die euch am besten gefällt. Bis zum 24. September könnt ihr euch an der Wahl beteiligen.
Am 25. September soll der/die Gewinner sowohl aus der Wahl der Community als auch der Jury bekannt gegeben werden.
Viel Spaß
Story-Wettbewerb - Wahl der Community
Moderator: Geist von Atys
Story-Wettbewerb - Wahl der Community
Last edited by virien on Tue Sep 13, 2005 12:01 pm, edited 1 time in total.
Virien
Event Management Leanon
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Re: Story-Wettbewerb - Wahl der Community
Die Geschichte von Velvet-Paw
Kapitel 1
Es war ein Morgen wie jeder andere in der fyrischen Wüste. Die langsam emporsteigende Sonne heizte den Sand bereits auf. Aber, noch waren die Temperaturen in Pyr erträglich und es tummelten sich trotz der frühen Morgenstunde bereits viele Homin in den Straßen der Hauptstadt des Fyros Imperiums.
Einer von ihnen war ein junger, doch erfahrener Jäger mit Namen Velvet-Paw.
An diesem Morgen erwarteten ihn wieder einmal viele Aufträge. Das brachte zwar Dapper in die Kasse, war aber auch mit viel Arbeit verbunden. Er sollte das Fleisch einiger Kitin besorgen, sowie deren Panzer und Zähne. Und alles von möglichst hoher Qualität. Dies bedeutete auch ein hohes Risiko.
Nachdem er seine Ausrüstung geschultert hatte, machte der wüstenerfahrene Fyros sich gen Thesos auf. Dort sollte es die Dinge geben, die er für seine Auftraggeber zu besorgen hatte. Als er jedoch die erste der großen Brücken überquerte, welche die tiefen Abgründe von Fyros überspannten bemerkte er, dass auf der gegenüber liegenden Seite keinerlei Tiere zu sehen waren.
- "Das ist ja sehr merkwürdig dachte er bei sich.
Normalerweise wurden viele dieser Brücken von den Kitin scharf bewacht. Vielleicht lag es an diesem seltsamen Knistern in der Luft. Und der Horizont sah auch sehr merkwürdig aus. Solch eine Färbung hatte er noch nie gesehen.
Velvet-Paws Weg führte weiter durch weite, leere Dünen. Nichts regte sich. Weder Tier noch spärliche Pflanze. Die Luft stand. Irgendetwas stimmte nicht. Und nun erkannte er auch, dass es seltsam dunkel gefärbte Wolken waren, die von Süden langsam auf ihn zu schwebten.
Ein paar Stunden strammen Marsches durch die leere Einöde später, erreichte Velvet-Paw zum höchsten Stand der Sonne Thesos. Auch hier waren keine Tiere zu sehen. Und selbst die Einwohner waren ratlos, warum und wohin sie verschwunden waren. Man sprach von einer Strafe der Kami, oder einem heraufziehenden Unwetter. Doch niemand wusste eine wirkliche Antwort.
Nach einem stärkenden Mahl und einem Becher guten Ales in der Taverne von Thesos machte sich Velvet-Paw auf, um weiter im Südosten von Thesos nach Tieren Ausschau zu halten. Er verabschiedete sich noch von den Homin die in der Taverne saßen schulterte seine Ausrüstung und verließ die Stadt, den drohenden Wolken furchtlos entgegen.
"Immer noch keine Tiere zu sehen. - Da kann doch etwas nicht stimmen."
Velvet-Paws Weg würde umsonst gewesen sein, wenn er keine Tiere fände. Er grübelte während seines gesamten Marsches über ihr seltsames Verschwinden.
Tief in den Dünen, weit weg von allem Schutze einer Ansiedlung, zwischen Thesos und den unüberwindlichen Holzwällen die den Süden begrenzten, passierte es. Ein Sandsturm brach über die Wüste herein, wie ihn ganz Fyros noch nicht erlebt hatte.
Velvet-Paw presste sich ein Tuch vor Mund und Nase. Dies hielt zwar den Sand aus den Lungen fern, aber seine Augen waren dem peitschenden Staub ungeschützt ausgeliefert.
Er konnte kaum seine Hand erkennen, wenn er sie anhob um sich den Sand aus dem Gesicht zu wischen. Verzweifelt suchte er nach einem Unterschlupf, doch so tief in der Wüste gab es nichts. Weder Bäume noch Felsen hinter denen ein Fyros Schutz gefunden hätte. Nur den unbarmherzigen Sand, der von allen Seiten auf ihn einpeitschte und ihn orientierungslos vorantrieb. In der bangen Hoffnung, doch vielleicht einen Schlupfwinkel zu finden. Blind stapfte der müde Jäger durch die gelbe Leere, die selbst die Sonne verschluckte. Umtost vom beißenden Wind, der an ihm zerrte und riss. Hinfallend und sich wieder aufrappelnd. Er wollte und würde nicht aufgeben. Er musste einen Unterschlupf finden. Er würde nicht in der Wüste sterben. Sie würde ihn nicht besiegen!
Nach Stunden, oder Tagen des Umherwanderns, der junge Jäger hatte jedes Zeitgefühl verloren, verschwand das mittlerweile schon fast vertraute prasseln des Sandes auf seinem Gesicht von einem Augenblick auf den Nächsten. Doch er hörte noch immer das Toben und Brausen des Sturms hinter sich.
Eine Höhle.
Den Kami sei es Gedankt.
Ein sicherer Platz.
Blinzelnd wagte er einige Schritte vorwärts, da noch immer Sand seine geschwollenen Lieder verklebte. Zu spät bemerkte er den Strudel aus hellem Licht, welcher sich unheimlich vor ihm auftat. Kraftlos taumelte er hinein.
Kapitel 2
-"..ooo"
- "..alllooo?",
- "Hallo?"
- "Ob er tot ist?"
-"Hallo? Bitte! Ihr müsst aufwachen."
Stimmen schwirrten durch Velvet-Paws Kopf. Wer sprach da? Männer und Frauen. Es war die Gemeinsprache, doch mit einem seltsamen Akzent.
Vorsichtig öffnete er die Augen. Das Licht brannte in seinen geschundenen Augen und zusätzlich fühlte er sich so schwach und benommen wie ein neugebornes Capryni.
Als sich seine Sicht ein wenig klärte, erschrak Velvet-Paw fast zu Tode.
Ein Dämon starrte ihn an. Eine hässliche blaue Fratze, mit nach unten gebogenen roten Hörnern auf der Stirn beugte sich über ihn und schrak ein Stück zurück als sie bemerkte, dass er wach war.
Nein. - Kein Dämon. Ein Mann in einer unbekannten Rüstung. Und die Fratze war ein Helm. Ein Helm mit Gesichtsmaske.
- "Keine Angst Freund." erklang eine sanfte weibliche Stimme nahe bei ihm. "Wir wollen Dir nichts tun."
Velvet-Paw schloss beruhigt wieder die noch immer brennenden Augen. Ein kühles Tuch wurde über sie gelegt.
Jemand flößte ihm ein wenig Wasser ein. Hastig wollte er schlucken. Doch der Schlauch wurde von ihm fort genommen.
- "Schhhh. Nicht zu schnell. Ihr seid vollkommen ausgetrocknet. Da ist es nicht gut, zu schnell zu trinken. - Langsam.", beruhigend sprach die Frau erneut.
Wieder benetzte etwas Wasser seine Lippen und er bemühte sich nun etwas vorsichtiger zu trinken. Hatte er selbst doch schon diesen Rat erteilt, als er verdurstende fand.
Es war noch immer sehr heiß. Er lag im Schatten eines Gestells aus Stangen und Stoff, welches anscheinend nur für ihn errichtet worden war.
- "Wer... Wer seid Ihr?" fragte Velvet-Paw die Unbekannte. Seine Stimme brüchig und rau, wie trockene Borke.
Aber sie antwortete nicht sofort sondern gab ihm zunächst vorsichtig mehr Wasser. Dann erklang wieder dieser weiche, fremde Akzent in ihrer Stimme.
- "Sprecht nicht. Es ist besser wenn ihr ein wenig schlaft. Ihr seid noch sehr schwach. Morgen brechen wir nach Yrkanis auf."
Yrkanis? Das war doch die matisianische Hauptstadt. Wieso nach Yrkanis? Sollte er etwa von Fyros in die Grünen Anhöhen gekommen sein?
Diese Gedanken wirbelten noch durch seinen Kopf bevor er vor Erschöpfung erneut einschlief.
Kapitel 3
Metall klapperte an Metall. Holz stieß auf Holz. Die ungewohnten Geräusche weckten Velvet-Paw aus einem tiefen, traumlosen Schlaf der Erschöpfung. Der Sandsturm war fort. Aber, wo war er? Er richtete sich steif auf und warf einen Blick umher. Die meisten Tiere die die er in der Ferne erkennen konnte, hatten Ähnlichkeit mit denen die er aus Fyros kannte. Aber ihre Fellfarben waren anders. Und einige waren ihm völlig fremd. Und so wie die Sonne stand hätte die Felswand nicht in seinem Rücken sein dürfen.
Wo war er. Wer waren die merkwürdig gekleideten Fremden?
Matis. Tatsächlich. - Die grünen Anhöhen. Er erinnerte sich. Es sah so aus als würden die Leute das Lager abbrechen. Alles wurde gewissenhaft zum Transport verstaut.
Mitten aus dem ungewohnten Tun um ihn herum, kam eine Frau auf ihn zu.
Ihre strahlend grünen Augen lächelten ihn an als sie ihm eine Schale mit einer dampfenden Brühe überreichte.
- "Hier, iss das. Du musst zu Kräften kommen. Wir haben noch einen langen Weg vor uns."
- "Vielen Dank." antwortete Velvet-Paw und begann, vom Hunger getrieben, hastig die heiße Suppe herunter zu schlingen. Den kurzen Schmerz ignorierend.
Aber, jetzt erkannte er ihre Stimme. Sie hatte ihm Wasser gegeben. Und er sah sie endlich vor sich. Ihr schmalen, feinen Gesichtszüge und das lange, streng nach hinten gebundene, sonnenfarbene Haar. Viel heller als das flammengelb einer Fyros. Und ihre Augen...
Die Frau setzte sich neben ihn und schaute erstaunt zu, wie er die dampfende Brühe fast in einem Zug herunterkippte.
- "Wie ist Dein Name?" fragte sie neugierig.
- "Velvet .Paw" antwortete Velvet-Paw mit vollem Mund.
- "Du musst sehr hungrig sein Velvet-Paw" bemerkte sie mit einem Lächeln.
- "Ja. Danke. Ich weiß zwar nicht wie lange es her ist, seit ich in diesen Sandsturm geriet, aber meinem Magen nach zu urteilen müssen es Wochen sein."
- "Ein Sandsturm?" Fragte die Matis ungläubig. "Hier hat es seit Monaten keinen Sandsturm mehr gegeben. Schon gar nicht in den letzten 6 Wochen. - Solange sind wir nämlich schon hier. Wir sind Prospektoren und haben hier wertvolles Material ausgegraben, welches wir auf dem Markt von Yrkanis verkaufen wollen."
- "Aber solange kann ich doch hier nicht herumgelegen haben" Er starrte sie ungläubig an.
- "Nachdem ich aus Thesos aufbrach, geriet ich in diesen fürchterlichen Sandsturm. Und das letzte an
das ich mich erinnern kann sind diese Lichtblitze."
- "Dann hast Du bestimmt unabsichtlich eines der Portale zwischen den Ländern benutzt", dachte die junge Matis laut.
- "Das Portal befindet sich dort hinter dem Felsen." Sie deutete auf eine nicht weit entfernte Spalte im Holz der Klippe.
- "Aber aus irgendeinem Grund ist es seit zwei Tagen nicht mehr aktiv. Es schloss sich anscheinend irgendwann nach Deiner Ankunft. Vielleicht hat es etwas mit dem Sandsturm zu tun von dem Du geredet hast. Einer unserer Männer hat Dich dort durch Zufall entdeckt. Zum Glück denn sonst wärst Du in der Hitze verdurstet."
Sie schaute ihm ins Gesicht und lächelte. Sie war froh, dass der junge Fyros gerettet worden war.
- "Vielen Dank das Ihr mich gerettet habt aber ich muss zurück." Ihre Augen. Er konnte sich kaum davon losreißen.
- "Du wirst mit uns mitkommen müssen. Alleine lassen wir Dich hier nicht zurück. Auch für einen erfahrenen Jäger wie Du einer zu sein scheinst ist es hier viel zu gefährlich." Sie deutete auf die Trophäen welche an Velvet-Paws Jagdkleidung hingen.
- "Aber ich muss zurück zu meinem Volk!"
- "Daraus wird nichts. Bis das Tor wieder funktioniert wirst Du mit uns mitkommen." Sie lächelte ihn strahlend an. "Na komm schon Velvet-Paw, wir beißen nicht."
Oh, diese Augen. Grün wie das brennende Sap aus den Quellen unter Pyr. Irgendwie wollte Velvet-Paw gar nicht mehr so eilig zurück nach Fyros. Er stand auf und bemühte sich nach Kräften den Matis bei ihren Reisevorbereitungen zu helfen.
Kapitel 4
Die kleine Gruppe von sechzehn Matis und einem Fyros machte sich nun auf gen Süden. Nach Yrkanis.
Man hielt sich während der Reise nah an den Wänden aus hartem, von Wind und sang glatt geschliffenem Holz, welche diesen Teil der Wüste einrahmten. Man sagte ihm, dies sei der gefährlichste Teil ihrer Reise. Und mittels dieser Taktik, konnte man sich den Rücken frei halten gegen eventuell angreifende Tiere, oder Kitin, die sich hier ebenfalls herumtrieben. Ab und an wagte es ein Raubtier die Gruppe anzugreifen, als sie sein Revier durchquerten. Aber die fähigen Krieger konnten die aggressiven Vierbeiner schnell besiegen. Schwieriger erwiesen sich die Kitin, die hinter einigen Biegungen und Dünen lauerten. Verborgen durch Holz und Sand schnellten sie hervor und versuchten ein Opfer zu finden, das sie mit sich reißen konnten. Aber auch hier erwiesen sich die erfahrenen Ernter als ebenso gute Krieger und brachten die Monstren schließlich zu Fall.
Es ging schleppend vorwärts. Doch schließlich kam man erschöpft, dafür aber lebendig am Rand des großen Waldes an.
Von hier aus war es noch ein weiter Weg. Und da diese Handelsstrecke ein beliebtes Ziel von diversen Banditen war, entschied man sich die Nacht durchzureisen um sich in ihrem Schutze an den lauernden Unholden vorbei zu schleichen.
Der Obmann gab kurz nach Sonnenuntergang das Signal zum Aufbruch und die Kolonne setzte sich langsam und vorsichtig in Bewegung. Niemand wagte es eine Fackel zu entzünden, da die Räuber sicher in der Überzahl waren und man sich ihnen natürlich nicht verraten wollte. Langsam und vorsichtig schlich man durch das Unterholz. Die Männer hatten entschieden die Hauptstraße zu meiden, da dort vermutlich die Späher der Banditen nach ihnen Ausschau hielten. Der Mond schien fahl und unheimlich auf die kleine Gruppe herab, sein Licht filterte durch das Blätterdach und erweckte die Schatten zu huschendem Leben.
Um sie herum waren nur die Geräusche der Nacht und das Knarren der Ledergurte ihrer Packtiere. Selbst die Mektoubs waren ungewöhnlich still. Als wüssten sie unter welcher Spannung ihre Führer standen. Mit einem Male brach Feuerschein durch die Bäume.
Alle erstarrten. Sie waren in ihrer Absicht die Banditen zu umgehen, fast direkt in ihr Lager gestolpert. Vorsichtig, zog man sich zurück.
- "Obacht! Es wird bestimmt Wachen geben." raunte einer der Männer.
Aber es war schon zu spät.
Einer der Banditen hatte tatsächlich hier Wache gehalten und sich von hinten an die Gruppe geschlichen.
Er tauchte mit einem Male aus der Dunkelheit auf und hielt Occhi Verdi, das war die grünäugige Schönheit, ein langes Messer an die Kehle.
- "Halt!" zischte er. "Legt Eure Waffen nieder oder sie stirbt!" er holte tief Luft um seine Kameraden zu rufen, doch brach er nur gurgelnd zusammen.
Ein großer Fyros Jagddolch steckte in seiner Brust. Velvet-Paw hatte ihn blitzschnell geschleudert.
In diesem Moment ertönte ein Alarmruf aus dem Dickicht zu ihrer Linken. Ein weiterer Wächter. Im Lager vor ihnen ertönten antwortende Stimmen.
- "Schnell. Zieht weiter zum Turmbrückenweg. Bringt die Waren und unsere Ausrüstung in Sicherheit" rief der Obmann und wählte schnell 8 der Seinen aus.
- "Der Rest bleibt hier und hält Euch den Rücken frei!"
Velvet-Paw blieb mit den restlichen Matis zurück um sich den Banditen zu stellen und die Flucht ihrer Kameraden zu decken. Unter ihnen auch Occhi Verdi die dank Velvet-Paw nur knapp dem Tod entkommen war.
Kapitel 5
Die Banditen waren in der Überzahl. Doch zwei der Prospektoren waren gute Schützen und erledigten mit ihren Gewehren einige der heranstürmenden Banditen.
- "Sie kommen zu nah für die Gewehre" schrie ein Schütze den anderen Zurückbleibenden zu, ließ die Waffe fallen und griff nach seinem Schwert.
- "Dann lasst Sie nur kommen." raunte eine dunkle Stimme, "Ich habe noch einen Izam mit denen zu rupfen". Es war Occhi Verdi, die nun aus ihrem Gepäck einen langen Beidhänder hervorzog und sich kampfbereit in den Knien wiegte.
Velvet-Paw hatte bisher noch nie ein Matis Blatt-Schwert gesehen. Es war so schön wie seine Besitzerin.
Er war überrascht, dass die Matisdame den Schrecken so schnell überwunden hatte und konnte nicht umhin ihren Mut zu bewundern.
Da waren die Banditen auch schon herangekommen! Ein wilder Kampf entbrannte.
Und nun zeigte die junge Frau, dass sie nicht nur mit der Spitzhacke gewandt war, sondern auch mit einem Schwert umzugehen vermochte.
Mit ihrem Zweihänder tötete sie zwei Banditen auf einen Streich und verwundete einen dritten so stark, das dieser schwer verwundet zurück ins Unterholz kroch. Velvet-Paw hatte nur seine Jagddolche, welche er aber auch mit Geschick zu führen wusste. Er hechtete zur Leiche des ersten Banditen und riss seinen Dolch aus dessen Brust. Während ein weiterer Mann brüllend auf ihn zu stürmte. Das Schwert erhoben. Der Fyros wirbelte herum und warf seinen noch immer Blut befleckten Dolch durch die Kehle des Mannes. Den zweiten Dolch rammte er einem vorbeistürmenden Banditen in den Bauch, welcher es auf den Obmann der Gruppe abgesehen hatte.
Dieser kämpfte mit Schild und Schwert gegen einen hühnenhaften Mann, der einen Streitkolben führte. Die Waffe blieb jedoch im Holz des Schildes stecken und es gelang dem obersten Prospektor sein Schwert in einen weiten Bogen gegen die Beine des Angreifers zu führen. Der Mann brach schreiend zusammen und verstummte als die Klinge sein Herz traf.
Von so viel Gegenwehr überrascht traten die restlichen Banditen den Rückzug an und flohen, ihre verletzten Kameraden stützend zurück in ihr Lager.
- "Die hätten wir geschlagen" keuchte einer der Schützen. "Wir sollten machen dass wir weiterkommen. Wer weis ob es nicht noch mehr Banditen in dem Lager gibt."
Hastig wollten sie weiterziehen als er sich plötzlich umdrehte.
- "Wo ist Lazlo Vandi?"
Alle machten sich daran möglicht geräuschlos und vorsichtig die Umgebung des Kampfplatzes abzusuchen. Velvet-Paw fand ihn. Sein Gewehr lag zerbrochen neben dem Matis. Blut rann aus seinem Mund und unter ihm glänzte der Boden feucht von dunkler Flüssigkeit. Sein Gesicht war blass wie der Mond. Sein Atem ging Stoßweise und seine Augenlieder flatterten. Es ging bereits zu Ende.
- "Hilfe kommt." Raunte Velvet-Paw ihm ins Ohr, als er nach der Hand des tödlich verwundeten griff. Doch dieser schien zu wissen wie es um ihn stand.
- "Nein..." stieß er hervor. "Gib - dies meinem... Sohn." Zitternd drückte er etwas in die Hand des Fyros. Velvet-Paw konnte die Tränen nicht mehr unterdrücken.
- "Ich verspreche es."
Dann schloss er die gebrochenen Augen des Mannes und legte seinen Kopf zurück in das Laub.
- "Wir werden seine Leiche hier liegen lassen müssen." Der Obmann blickte Reihum in die trauernden Gesichter seiner Männer. Und stieß auf Velvet-Paws harte Augen.
- "Das kommt gar nicht in Frage" erwiderte der junge Fyros. Drängte sich an den Anderen vorbei und begann den Toten in seinen Umhang zu wickeln. "Wir haben zwar keine Zeit, ihn hier und jetzt zu begraben, aber als Futter für die Aasfresser werde ich ihn hier nicht liegenlassen. Er ist einen ehrenvollen Tod gestorben und soll auch ein ehrenvolles Begräbnis bekommen!"
Er schulterte ächzend die Leiche und stapfte davon in die Nacht. Die Prospektoren blickten ihm erstaunt und mancher auch bewundernd hinterher.
Kapitel 6
Ein paar Stunden später erreichte der Trupp, ohne weitere Zwischenfälle, das Gebiet Namens Turmbrückenweg. Die hohe Holzformation, die aus dem Boden ragte und in sich verknotet zu sein schien, registrierte Velvet-Paw nur am Rande. Er trug an seiner Last mit Stolz und Trauer. Trotz der frühen Morgenstunde waren noch ein paar andere Ernter dabei, Materialien aus der Erde zu holen, welche nur in der Nacht zur Verfügung standen. Doch sie ließen von ihrer Arbeit ab und liefen den Ankommenden entgegen. Wissbegierig fragend, wie es ihnen ergangen sei. Die Gruppe welche geflüchtet war, hatte bereits von dem Angriff der Banditen erzählt und nun brannte man auf Neuigkeiten. Auf einer kleinen Anhöhe war ein Feuer entzündet worden um das sich die Flüchtenden gescharrt hatten. Velvet-Paw erkannte ihre Männer und stampfte schweren Schrittes auf sie zu. Die Neugierigen um ihn herum nicht beachtend.
- "Was ist los?!" - "Was ist passiert?!" fragten die Wartenden.
- "Wo ist Lazlo?" fragte einer von ihnen.
Daraufhin lies Velvet-Paw das schwere Bündel, welches er die ganze Zeit auf seinen Schultern getragen hatte, wortlos vor dem knisternden Lagerfeuer zu Boden gleiten.
Nun konnten alle das Blut erkennen, welches durch den Stoff gesickert war. Niemand wagte zu sprechen.
Eine der Frauen schluchzte leise. Der erste Schütze nahm sie vorsichtig in den Arm und hielt sie fest. Schließlich begann der Obmann ein Gebet und gemeinsam mit den Umstehenden sprachen die Matis zu den Karavan für den Verstorbenen.
Velvet-Paw hockte sich ans Feuer und streckte die kalten Hände aus. Als das Gebet vorüber war und sich die Menge zerstreute spürte er eine Bewegung neben sich Occhi Verdi setzte sich neben ihn. Legte ihren Kopf an seine Schulter und schlief sofort ein. Velvet-Paw legte ihr noch eine Decke über, die er von einem der Männer gereicht bekam und starrte noch eine Weile in das flackernde warme Feuer bevor auch er einschlief.
Kapitel 7
Das Feuer war mittlerweile heruntergebrannt. Die Sonne stand schon hoch am Himmel und die Luft war angefüllt mit schaben, klopfen und dem leisen Blubbern der Rohstoffquellen. Der beißende Geruch von Quellengas lag in der Luft. Jemand hatte beim graben nicht aufgepasst.
Velvet-Paw erwachte, streckte sich und schaute sich um. Überall waren Ernter. Die meisten waren Matis aber er konnte auch zwei farbenfrohe Tryker in einiger Entfernung ausmachen die sich gemeinsam über eine leuchtende Quelle beugten. Einer holte das Rohmaterial heraus während der andere sich darum kümmerte, dass kein giftiges Gas austrat, oder die Quelle gar explodierte.
- "Alles noch Anfänger" erklang neben ihm eine sanfte, Stimme.
Es war Occhi Verdi. Welche wohl schon länger wach war und ihm einen Becher mit einer dampfenden schwarzen Flüssigkeit überreichte. Der Fyros schnüffelte und der leicht bittere, angenehme Geruch vertrieb einen Teil seiner Müdigkeit. Psykoplaffeé war ein starkes Getränk aus den Wurzeln der Psykopla hergestellt. Welches die Matis morgens zu trinken pflegten, da es Stoffe enthielt, die den Körper in Schwung brachten, erklärte sie ihm.
- "Ich hoffe Ihr habt gut geschlafen. Wir wollen weiterziehen. Bis Yrkanis ist es nicht mehr weit."
- "Ja sicher. Danke." antwortete Velvet-Paw noch ein wenig verschlafen. Und trank seinen Becher in einem Zug aus. Dann griff er sein Bündel und gesellte sich zu den anderen, welche schon zum Aufbruch bereit standen. Die Leiche von Lazlo hatte man mittlerweile in eine neue Decke gewickelt und auf einen der Packer gebunden. Man machte sich auf den Weg.
- "In zwei Stunden sind wir in Yrkanis" sagte einer aus der Gruppe zu ihm.
Und so war es auch. Knapp zwei Stunden später erreichte die Karawane das aus Ästen zweier reich verzierter Bäume gewobene Eingangstor von Yrkanis.
Von weitem schon konnte man die riesigen, holen Bäume erkennen die als Häuser dienten und es schien reges Treiben auf den Straßen der Stadt zu herrschen.
Händler brachten auf Mektoubs ihre Waren zum Markt, viele Einwohner und fremde Homin liefen geschäftig hin und her und Wachen patrouillierten vor dem Tor und in der Stadt.
Bei den Ställen, die direkt hinter dem großen Tor lagen verrichteten Stalljungen ihre Arbeit. Fütterten und wuschen Mektoubs oder führten die abgeladenen Lastentiere der Händler in die Pferche. Die Stadt war zwar groß, aber nicht zu vergleichen mit Pyr. Dachte Velvet-Paw bei sich. Auch gab es hier viel weniger Homin.
Seine Gedanken wurden durch die Schreie einer Frau jäh unterbrochen.
- "Neeeeiiiinnnn!!!!" Ihre Stimme brach. Und sie rannte gradewegs auf die Prospektoren zu. Velvet-Paw wusste sofort, dass es sich um Lazlos Frau handelte. Nur mit Mühe konnten ein paar Männern sie davon abhalten die Decke von der eingewickelten Leiche zu reißen, um ihren Mann in die Arme zu schließen.
Die Tränen liefen ihr in Bächen über das schmerzverzerrte Gesicht und Occhi Verdi versuchte sie zu trösten. Behutsam nahm sie sie in ihre Arme und strich mit einer Hand über den an ihrer Brust vergrabenen Kopf.
Dann bemerkte Velvet-Paw den Jungen. Er stand zwischen dem Mektoub mit Lazlos Leiche und der weinenden Frau und starrte das Bündel an. Es fiel ihm schwer bei einem schmächtigen Matis Kind, doch schätzte er das Alter des Knaben auf ungefähr 10 Jahre. Langsam bildeten sich Tränen in den großen blauen Augen des Jungen und er drehte sich wortlos zu seiner Mutter um und vergrub das Gesicht in den Falten ihres weiten Rockes. Eine Hand seiner schluchzenden Mutter fand seinen Kopf und strich fahrig darüber. Die Leiche seines Vaters wurde nun endlich vom Mektoub gehoben und von einigen Männern fortgebracht. So das zumindest dieser Anblick den Beiden nun erspart blieb.
Velvet-Paw näherte sich langsam dem Jungen, kniete vor ihm nieder. Der Junge blickte ihn mit tränenüberfluteten Augen an. Vorsichtig wischte der Fyros mit seinem schwieligen Daumen einige Tränen von dessen Wange und holte Lazlos letzen Willen hervor. Es war eine wunderschöne handgefertigte matisianische Halskette, mit in Bernstein eingefassten kleinen Ora-Zähnen. Der Junge erkannte die Kette sofort und starrte darauf, wie auf einen Boten Jenas. Velvet-Paw legte die Kette wortlos in die kleine Hand des Jungen und strich ihm noch einmal durch das nussbraune Haar. Ganz wie das seines Vaters.
Er hatte den Wunsch des sterbenden Mannes erfüllt. Nun stand er auf drehte sich um und ging, der Stadt den Rücken zugewandt, ein paar Meter in den Wald. Dort setzte er sich in das noch taunasse Gras und beobachtete mit ausdruckslosem Gesicht eine Schar Yubos, die ganz in seiner Nähe, ohne Scheu im Gras herumtollte.
Der Junge und seine Mutter wurden von einigen der Prospektoren nach Hause begleitet.
Die Waren wurden zum Markt gebracht und die Ausrüstung im Lagerhaus verstaut. Danach zerstreuten sich die Männer und Frauen und jeder ging wieder seiner eigenen Wege.
Kapitel 8
Velvet-Paw saß noch bis in die späte Nacht hinein am Waldrand. Von weitem war das jaulen eines Gingos zu hören und um in herum summte die Luft leise von Insekten.
Es stand jemand neben ihm. Er schaute zur Seite und erblickte Occhi Verdi, die junge Matisdame mit den wunderschönen grünen Augen, die trotz der kühlen Nachtluft nur ein luftiges, seidiges Gewand trug. Sie sah bezaubernd aus. Wieder fingen ihre Augen ihn ein. So tief und klar. So liebevoll.
- "Komm mit. Du kannst nicht die ganze Nacht hier draußen verbringen."
Sie lächelte und reichte Velvet-Paw eine Hand.
Wortlos ließ er sich von ihr aufhelfen und sie gingen zu ihrer Wohnung. Sie ließen einander in den folgenden Stunden nicht mehr los.
Am nächsten Morgen wachte Velvet-Paw in einem weichen Bett aus flauschigem Bodoc und Yubo Fell auf.
Er blickte sich noch ein wenig verschlafen um. Die Wohnung war geschmackvoll eingerichtet. Überall hingen Blumen und Gewürze an den Wänden, umrahmt von armlangen Schmetterlingsflügeln. Ein paar Felle und gewebte Teppiche lagen auf dem Boden aus weichem Moos und in einer Ecke standen eine komplette glänzende Rüstung und einige Waffen. An einer anderen Wand lehnten eine Hacke und ein Beutel mit ausgegrabenen Materialien.
Durch ein Fenster in der Decke fiel ein heller Sonnenstrahl und sorgte so für genügend Licht in der Wohnung.
Es war eine sehr schöne Nacht gewesen die er mit der jungen Matis Dame verbracht hatte und nun fiel ihm auch auf, dass er immer noch nicht ihren Namen kannte.
- "So was. Da lernt man eine hübsche Dame kennen mit der man den Rest seines Lebens verbringen möchte und vergisst nach dem Namen zu fragen.", Velvet-Paw schüttelte lachend den Kopf.
Er blickte sich um und versuchte die junge Matis zu finden, aber sie schien die Wohnung schon verlassen zu haben.
Der so viel Annehmlichkeit nicht gewohnte Jäger stand auf und fand nach einigem Suchen einen kleinen Nebenraum in dem sich eine große Muschel mit Wasser befand. Er ließ sich das kühle Nass über den Körper gleiten. Als er sich schließlich abtrocknete bemerkte er ein Grummeln in seinem Magen. Zeit fürs Frühstück, dachte er und begann in der Kochecke nach etwas essbarem zu suchen. Er fand jedoch nur ein paar getrocknete Beeren und ein Stück Trockenfleisch. Etwas wenig, aber besser als nichts. Nachdem er sein spärliches Frühstück aufgegessen hatte, begann er seine Sachen zusammenzupacken um ein wenig durch die Stadt zu schlendern.
Kapitel 9
Leben erfüllte die breiten Straßen von Yrkanis. Die Bewohner hasteten von einem Baum zum nächsten und eine große Anzahl Händler versuchten ihre Waren an den Homin zu bringen. Truppen gingen im Stechschritt über die Straßen und am Rande summte eines der geheimnisvollen Raumschiffe der Karavan vor sich hin. Der Kami gläubige Fyros betrachtete es misstrauisch. Er mochte diese hinter Helmen verborgenen Gestalten nicht.
Velvet-Paw schlug den Weg zum Marktplatz ein, um noch etwas zu essen, Vorräte und vielleicht ein schönes Andenken, oder ein Geschenk für seine Angebetete zu erstehen. In den Auslagen der Händler, erblickte er hier ein schönes Schwert, dort einen robusten Helm und auf der anderen Seite Materialien von höchster Qualität, mit denen er selbst etwas Passendes herstellen könnte.
Er ging ein Stück weiter und erblickte etwas abseits ein paar Gelehrte und Trainer, welche ihm bestimmt noch das eine oder andere beibringen konnten.
Velvet-Paw wollte gerade in diese Richtung gehen, als auf einem riesigen überdachten Baumstumpf plötzlich ein Mann mit einer großen Schriftrolle in der Hand auftauchte und mit lauter Stimme die Homin um ihre Aufmerksamkeit bat.
"Matis und Besucher anderer Länder! Höret diese Worte des Rates!!"
Dies wiederholte er noch ein paar Mal, bis sich eine große Gruppe aus Homin vor ihm gebildet hatte.
- "Homin! Soeben erreichte uns eine schreckliche Nachricht aus dem Norden!
Die Kitin sind einmal mehr in unser Land eingefallen!!!"
Erschrecktes Raunen und Murmeln ging durch die Reihen der Zuhörer.
- "Die Wüste und der Bereich um den Eingang zu den Urwurzeln sind komplett von den Bestien überrannt worden!" Er machte eine dramatische Pause um die Bedeutung seiner Worte sicher zu stellen.
- "Es werden nun alle willigen und fähigen Homin dazu aufgerufen sich den Kitin entgegenzustellen bevor sie zu unseren Städten vordringen! Hilfe aus den Seenlanden ist unterwegs! Doch weiß niemand wie lang diese Truppen brauchen werden!!
Die Homin riefen wild durcheinander. Frauen brachten Ihre Kinder nach Hause während einige entschlossene Männer schon nach ihren Waffen griffen.
- "Jede starke Hand wird gebraucht! Die Freiwilligen mögen sich bitte in diese Liste eintragen!!"
Mit diesen Worten deutete er auf einen Schreiber der am Rand des Baumstumpfes hinter einem kleinen Tisch saß. Er würde in einem großen Buch die Namen der Homin notieren, welche tapfer in den Kampf mit den Kitin-Horden zogen.
Er wiederholte nochmals seinen Text für die Homin die erst später dazukamen.
Velvet-Paw war mittlerweile ein Stück zurückgegangen und lehnte sich an einen Zaun.
- "Mein Rückweg ist versperrt." Nachdenklich schaute er auf die lange Schlange der freiwilligen Kämpfer.
Wollte er wirklich zurück nach Fyros? Hier hatte er jemanden gefunden den er liebte. Er wollte bei ihr bleiben, sein Herz war sich sicher. Aber es wusste auch etwas anderes. Was war ihre Liebe wert, wenn die Kitin alles zerstörten?
"Ich kann nicht tatenlos herumsitzen. Ich muss auch etwas tun." Sein Blick festigte sich. Er würde mit den anderen die Kitin zurückschlagen und dann hierher nach Yrkanis ziehen. Mit diesem festen Entschluss im Herzen, stellte Velvet-Paw sich in die Reihe der Freiwilligen und wartete darauf sich in die Liste eintragen zu können.
Noch am gleichen Abend zog die Armee aus Freiwilligen los um die Kitin zurück in die Urwurzeln zu treiben. Krieger, Magier, Fernkämpfer und sogar Prospektoren waren unter ihnen. Nicht nur Männer, auch viele Frauen wollten ihr Land und ihre Familie beschützen.
Kapitel 10
Occhi Verdi war nicht mit dabei. Sie war an diesem Tage schon früh zu einem Ernteplatz aufgebrochen um bei Sonnenaufgang dem Boden ein paar besonders schöne Materialien abzuringen. Sie wollte ein besonders schönes Geschenk für Velvet-Paw herstellen und es ihm am Abend überreichen. Um ihm so zu zeigen das sie gerne mit ihm zusammen in Yrkanis glücklich werden würde.
Nachdem sie genügend Rohstoff ausgegraben hatte, begann sie gleich vor Ort damit, das Material zu verarbeiten. Sie packte ihr Werkzeug aus und begann damit einen kleinen aber wunderschönen Schild zu fertigen. Es bat nicht viel Schutz aber durch die feinen Muster, die polierte Oberfläche und dem großen funkelndem Stein in der Mitte war es ein wertvolles Schmuckstück, welches zu besonderen Anlässen getragen werden konnte. Nur wenige beherrschten die Kunst, solche Schilde zu fertigen. Daher hob es sich gut von der Masse ab.
Ihr Ausflug dauerte bis zum frühen Abend und als sie endlich wieder in Yrkanis angekommen war, brach schon die Nacht herein. Am Tor angekommen bemerkte sie dass irgendetwas nicht stimmte. Es war ungewöhnlich ruhig. Und es waren für diese Zeit nur recht wenige Homin in der Stadt zu sehen. Sie ging mit einem fragenden Blick auf den Stadtempfänger zu, welcher alle Neuankömmlinge am Stadttor zu Begrüßen pflegte und fragte ihn was denn los sei.
- "Es ist etwas schreckliches passiert" antwortete ihr der Offizielle. "Die Kitin sind wieder über unser Land hereingebrochen. Unsere Homin sind vor etwas mehr als zwei Stunden aufgebrochen um die Invasion zu stoppen."
- "Oh nein! Velvet-Paw!" entfuhr es ihr.
Der Stadtempfänger schaute sie mit fragendem Blick an.
- "Sucht ihr Euren Liebsten? Geht zum Schreiber dort. Er wird Euch sagen können ob ein Mann dieses Namens mit der Armee ging."
Die Junge Matis ging sofort zu der angegebenen Stelle. Schon von weitem konnte sie den Schreiber sehen, der immer noch an dem kleinen Tisch saß und einige Einträge in seinem Buch ergänzte.
Bei ihm angekommen, fragte sie erst gar nicht sondern riss dem überraschten Mann das Buch aus den Händen und begann darin zu blättern.
-"Verzeihen Sie junge Dame aber sie können doch nicht einfach... " entrüstete sich der ältere Mann. Aber die schöne Matis achtete nicht auf ihn. Die Namen waren nicht sortiert daher benötigte sie einige Sekunden bis sie den Eintrag fand den sie suchte.
Mehr war nicht aufgelistet.
Sie gab das Buch an den Schreiber zurück und begab sich langsam und voller Sorge zurück zu ihrer Wohnung. Sie konnten nichts machen. Um der Armee hinterher zu reisen war es zu spät.
So blieb ihr nur zu hoffen, dass ihr Liebster, den ihr das Schicksal auf solch ungewöhnliche Weise geschenkt hatte, heil zu ihr zurückkehren würde.
Kapitel 11
Eine Woche war vergangen, seit die Armee aus Freiwilligen in den Kampf gezogen war.
Eine Woche bangen ob die tapferen Krieger wieder zurückkommen würden. Eine Woche voller Ungewissheit.
Die Stadt lag in einem Meer aus Nebel. Zu dieser Morgenstunde herrschte unter normalen Umständen schon reger Betrieb auf Yrkanis Strassen. Doch lag der Nebel wie ein Leichentuch über der Stadt, dämpfte die Geräusche der wenigen Händler die ihre Stände trotz allem aufbauten und schluckte alle Farben die etwas Hoffnung hätten wecken können.
Hoch im Norden der grünen Anhöhen. An der Grenze zwischen Wald und Wüste kämpften Tausende von Homin gegen eine Übermacht von Kitin. Würden sie es schaffen? Wie fiele Tote und Verletzte würde ein eventueller Sieg bringen? Wie viele eine Niederlage?
Der dichte Nebel vermischte Stöhnen und Schreie verwundeter und sterbender Homin sowie ihrer Gegner zu einem grausamen Klagelied. Die hohen, spitzen, kreischenden Laute der Insekten bildeten einen Konterpunkt zum gequälten aufbäumen ihrer weichhäutigen Opfer. Das Schlachtfeld war übersät mit Leichen beider Seiten des Krieges. Überall war der Gesang der Waffen zu hören, die sich in harte Kitinleiber bohrten. Ihr nur langsam ersterbendes Brüllen übertönte fast die Todesschreie der Krieger die von ihren messerscharfen Klauen entzwei gerissen wurden. Gigantische, dunkel schimmernde Kipesta und Kizoar sirrten über Wald und Steppe hin und her. Die riesigen Mischwesen aus Libellen, Wespen und Heuschrecken stießen immer wieder aus dem Nebel hinab. Um entweder einen unglücklichen Homin mit ihrem Stachel zu durchbohren und in den finsteren Himmel zu entführen, oder selbst von den Äxten, Schwertern und Lanzen der Verteidiger zu Boden gerissen zu werden. Kincher-, Kipee- und Kipukasoldaten lauerten im Unterholz, schnellten hervor und zerrten schreiende, verzweifelt zappelnde Homin mit sich zurück in die Dunkelheit.
Der Kampf schien aussichtslos zu sein. Die Massen der Kitin schienen nicht weniger zu werden. Für einen getöteten Kitin erschienen zwei neue.
Gleichwohl die Armee des Seenlandes vor zwei Tagen das Schlachtfeld erreicht hatte und die Tryker sich mit ihren vor Elektrizität knisternden Schwertern mutig in den Kampf stürzten schrumpfte die Armee der Homin Tag für Tag, Stunde um Stunde. War man sich zunächst noch sicher gewesen, die Kitin in die Flucht zu schlagen, so machte sich nun langsam Verzweiflung unter den Kämpfern breit. Es schien eine unaufhaltsame Flut aus gepanzerten, vielbeinigen und geflügelten Leibern zu sein, der sie sich verzweifelt entgegen stemmten. Ein aussichtsloser Kampf in dem scheinbar nur die Kitin den Sieg erringen konnten.
Im ersten Morgengrauen jedoch geschah etwas das den Kampf wenden und den Homin den Sieg bringen sollte.
Einem Trupp von fast hundert Nahkämpfern war ein verzweifelter Vorstoß gelungen und sie hatten eine Schneise in die kaltblütigen Horden geschlagen. Unterstützt von Dreißig Kampfmagiern, konnten sie sich, im großen Bogen und durch natürliche Holzplateaus geschützt, nah an den Anführer der Kitin heranschleichen. Einen riesenhaften Kipuka. Aufrecht stehend, so groß wie zwanzig Homin. Sein Chitinpanzer glänzte Feuerrot und feucht im sich nur langsam lichtenden Nebel. Das Monstrum stand auf einer Anhöhe, von wo aus es das Geschehen aus sicherer Entfernung überschauen und seine Truppen befehligen konnte. Ihn flankierten zwei besonders große und aggressive Kinchern. Welche aufmerksam die Umgebung ihres Befehlshabers beobachteten. Ihre Beißwerkzeuge knirschten bedrohlich und die Scheren an den Enden ihrer vorderen Gliedmaßen zerteilten mit einem unheimlichen Zischen die trübe Luft.
Man war übereingekommen, dass der Rest der beinahe aufgeriebenen Hominarmee auf ein vereinbartes Zeichen hin, die übrigen Kitin von dem Anführer weg locken sollten. Bis da hin kämpften die Homin verbissen um jeden Zentimeter ihres Landes.
Velvet-Paw gehörte zu dem kleinen Stoßtrupp, welcher sich an den Befehlshaber herangeschlichen hatte.
Ein Kipee hatte den jungen Krieger am dritten Tag der Schlacht einige schwere Verletzungen beigebracht und der Fyros musste, nachdem sich die Heiler um ihn gekümmert hatten, für einen Tag das Krankenlager hüten. In dieser Zeit, zum Nichtstun verdammt, während in wenigen Kilometern Entfernung seine Kameraden starben, hatte er diesen tollkühnen Plan ersonnen. Er drang mit unerschütterlicher Beharrlichkeit zum obersten Heeresführer der Hominarmee vor und unterbreitete ihm sein Vorhaben. Er und seine Generäle waren nicht von einem solchen Selbstmordkommando begeistert und berieten lange, kamen aber schließlich zu der Übereinkunft, das ein solcher Plan wohl bessere Aussichten auf Erfolg hatte, als von den Kitin Stück um Stück aufgerieben zu werden. Kundschafter wurden ausgesandt, den Kitin-Führer zu finden.
Nur zwei von ihnen kehrten zurück und brachten die Position des Monsters.
Heute Morgen nun war es soweit. Die Kämpfer hatten sich im Schutze der Dunkelheit nahe genug an den Anführer herangepirscht. Allen voran der Heeresführer. Dicht gefolgt von Velvet-Paw. Durch seine Erfahrungen als Jäger wusste der Fyros, wie man sich des Nachts am besten an Kitin heranschlich.
Nur mehr seine Leibgarde bewachte den gewaltigen Kipuka. Der Rest seiner Armee kämpfte im etwas entfernten Wald mit den Homin.
- "Gut. Weiter sollten wir jetzt nicht gehen, sonst werden sie uns zu früh bemerken", flüsterte Velvet-Paw.
Der oberste General an seiner Seite nickte.
"In Ordnung. Haltet Euch bereit.", wies er seine Magier an.
Kurz beobachteten sie noch die gewaltigen Monstren, welche vor ihnen aufragten. Der Kipuka voll auf die Schlacht konzentriert. Siegesgewiss und keinen Laut von sich gebend. Die Kincher aufgeregt zischend, um ihn herum staksend, wachsam, doch die gut versteckte Angriffstruppe nicht bemerkend. Der General hob eine Hand. Als sich eine Lücke in der Deckung der beiden Leibwachen auftat, ließ er sie in einer schnellen schneidenden Bewegung sinken und die Magier hinter ihnen entfesselten die Hölle.
Kapitel 12
Magieverstärkende Handschuhe gleißten auf. Und wie eine gewaltige Lanze aus Feuer und Licht schoss die Energie des Zauberspruches, abgefeuert von dreißig in tödlichster Macht bewanderten Magiern auf den riesenhaften Anführer der Kitin Armee los. Der Aufprall dieser gewaltigen magischen Energien lies einen leuchtenden, blutroten Phönix über dem Schlachtfeld aufsteigen. Dies war das Zeichen für die Reste ihrer Armee. Sie schnitten nun den Kitin den Rückzug ab und hinderten die riesigen Insekten daran ihrem Anführer zu Hilfe zu eilen. Der Kampf brandete erneut in all seiner Grausamkeit auf. Beider Seiten fochten nun umso erbitterter für den Sieg. Scharfschützen nahmen die fliegenden Bestien unter Beschuss und drängten auch sie in den vermeintlichen Schutz der Wälder zurück. Wo sie jedoch von wartenden Homin überrascht und niedergemacht wurden.
Der massive Kipuka bäumte sich schreiend unter dem gewaltigen Einschlag der magischen Lanze auf und sofort reagierten seine Leibwächter. Sie wandten sich in die Richtung in der noch immer das schwache nachglühen der Magieverstärker zu sehen war und stürmten darauf los.
Doch kamen ihnen bereits die Homin Krieger entgegen. Allen voran der Heeresführer und Velvet-Paw. Die Einheit versuchte sich auf den angeschlagenen Kipuka zu konzentrieren, aber dessen fürchterliche Wächter rissen sie buchstäblich in Stücke. Ein weiterer Gezielter Schlag war beinahe unmöglich.
Mittlerweile war ein Unwetter aufgezogen, Blitze zuckten und der Regen strömte in Sturzbächen vom Himmel. Es wollte kaum Tag werden. Die Sicht verschlechterte sich noch und im schlammigen Boden verloren die Kämpfer schnell den Halt. Die Homin stemmten sich jedoch Todesmutig und verbissen gegen die Welle aus gepanzerten, vielbeinigen Leibern. Kein Kitin durfte zu ihrem Führer durchbrechen. Äxte, Schwerter und Lanzen fuhren herab, in einem nicht enden wollenden furchtbaren Tanz des Todes.
Endlich fiel der erste Wächter. Ein wenig Hoffnung flammte in den Herzen der Homin auf, doch wurde dieser Funke schnell wieder erstickt. Der zweite mächtige Kincher und der gigantische Kipuka selbst warfen sich mit all ihrer grausamen Kraft in den Kampf.
Es kamen nie genug Krieger in die Nähe des verwundeten Leit-Insekts um einen tödlichen Stoß zu führen. Die Bestie hielt eine blutige Ernte unter den Homin, trotz ihrer großen, schwelenden Wunde auf dem Rücken.
- "Wir müssen den Wächter irgendwie ablenken!" schrie jemand über den Kampfeslärm.
-"Wenn wir den Wächter erledigen, ist der Anführer so gut wie tot!!" schrie ein anderer.
Da löste sich mit einem gewaltigen Kriegsschrei auf den Lippen ein Krieger von der Gruppe. Er trug ein Zweihandschwert der Matis und warf sich dem verbleibenden Kincher entgegen. Wie ein Berserker drosch der Mann auf das widernatürliche Insekt ein. Seine Hiebe ließen dem Gegner kaum Zeit eigene Attacken anzubringen. Getroffen und sich mit aller Kraft verteidigend taumelte das riesige Wesen zurück und gab den Weg zu seinem Herren frei.
- "Das ist der Jäger aus Fyros!!", rief jemand.
Der oberste General erkannte ihre Chance.
- "Er hat den Weg frei gemacht! Vorwärts! -- FÜR MATIS!!!"
Die fast aufgeriebene Einheit stürmte wie ein Mann vor. Erneut blitze magische Energie auf und spiegelte sich in den Blanken Klingen der Krieger. Ein magischer Sturm wurde entfesselt, welcher den, der in den Himmeln tobte an Wildheit überbot. Phantomhafte, grüne Schlangen wanden sich um schwebende Matis und entließen mit einem gefährlichen Rasseln ihr Gift in den Feind. Gleißende Lichtbögen purer Elektrizität schossen aus den zierlichen Körpern der Tryker Magier und verbrannten das Fleisch des grauenhaften Kitin. Hier und da flammten die Lichtsäulen der letzten überlebenden Priester auf, die blau schimmernde Ballen knisternder Energie im weiten Bogen über das Feld warfen, welche zwischen den Kämpfenden zerplatzen und heilende Runen um sie legten. Der Kipuka gab sich jedoch nicht leicht geschlagen und forderte einen Blutigen Tribut von den verzweifelten Homin.
Doch schließlich wankte das Ungetüm. Ein markerschütternder Schrei entrang sich seiner Kehle und die Massen seiner Untertanen zuckten im mit ihm gefühlten Todeskampf. Die Bestie brach zusammen und rührte sich nicht mehr. Ein Jubelschrei sprang über hunderte Lippen. Von diesem Sieg gestärkt kämpfte man weiter gegen die nun verwirrten und wie kopflos umher rennenden Insekten. Und besiegte sie.
Stille kehrte langsam ein über den grünen Anhöhen. Der Regen wusch das Blut von unzähligen Homin-Leichen und Kitin-Kadavern. Die Überlebenden wurden sich der Unwahrscheinlichkeit ihres Sieges erst tatsächlich gewahr, als die Sonne schließlich die Dunklen Wolken verdrängte und das Schlachtfeld in seiner ganzen Grausamkeit vor ihren Augen auftauchte.
Ein wenig Abseits des Schlachtfeldes, einige Meter von dem Hügel auf dem der Kipuka verendete entfernt, lag einer seiner riesigen Leibwächter. Als man ihn fand ragte die Spitze einer giftigen Klinge aus seinem Schädel hervor. Noch immer umklammert von dem der sie geführt hatte. Und der selbst tödlich durchbohrt war, von einer Sichelklaue seines Gegners.
Kapitel 13
Die ersten Strahlen der Sonne tasteten sich langsam über die vom Morgentau benetzten Wiesen als am Horizont von Yrkanis gen Norden, die ersten Gestalten auftauchten, die langsam und schweren Schrittes, der Hauptstadt entgegen trotteten.
Die Überlebenden kehrten nach Hause zurück.
Die frohe Kunde das die Kitin vertrieben wurden, hatte sich längst bis nach Yrkanis ausgebreitet. Und so warteten die Einwohner auf die Rückkehr ihrer tapferen Helden.
Doch zu viele Homins liefen den Heimkehrenden vergeblich entgegen. Verzweifelt auf die Rückkehr eines Mannes, einer Frau oder eines Kindes hoffend. Zu viele blieben auf dem Schlachtfeld zurück. Gestorben um die zurückgebliebenen von der Bedrohung durch die Kitin zu befreien.
Auch Occhi Verdi wartete voller Ungeduld vor dem großen Stadttor von Yrkanis auf die Rückkehr ihres Liebsten.
Sie trug ihr bestes Kleid und in ihrer Hand hielt Sie den kleinen Zeremonienschild, welchen Sie am Tage der Invasion vor über einer Woche gefertigt hatte.
Überall standen wartende Mütter, Kinder, Ehefrauen und Ehemänner vor dem großen Stadttor. Die Kinder hielten Blumen in ihren Händen um die Heimkehrer zu begrüßen.
Viele jubelten den heimkehrenden Helden zu, welche am Horizont zu sehen waren.
Als die siegreiche Gruppe jedoch näher kam verstummten die Jubelrufe. Trauer breitete sich aus. Denn was da zurückkam, war nur ein kleiner Bruchteil dessen, was damals voller Zuversicht in die Schlacht zog. Zudem waren viele Heimkehrer verletzt oder gar verstümmelt. Der blutige Krieg gegen die Kitin hatte wieder einmal seinen grausamen Tribut gefordert.
Viele schlossen einander nur schweigend fest in die Arme.Sie waren zurückgekehrt, doch viele ihrer Freunde und Verwandten hatten für ihr Land ihr Leben geopfert. Andere tanzten und jubelten mit ihren Verwandten aus Freude darüber lebend zurückgekehrt zu sein. Schließlich gewann die Freude über den Sieg Oberhand und man begann in den Straßen zu feiern. Die Schwerverletzten wurden von Heilkundigen in das Lazarett gebracht und leichtere Verletzungen wurden noch an Ort und Stelle behandelt.
Die Gruppen der Heimkehrer und der wartenden wurden immer kleiner.
Immer mehr der tapferen Recken fanden zu ihren Familien. Immer mehr Homin hörten vom Tode ihrer Geliebten und Verwandten. Man ging Heim. Manche um zu trauern und andere um das Leben zu feiern. Einige um Jena zu danken, für die Rettung der Lebenden. Viele um zu beten für die Gefallenen.
Übrig blieben einige wenige, welche die Hoffnung nicht aufgaben. Die jedoch letzt Endlich vergeblich auf die Rückkehr eines geliebten Homin warteten.
Unter ihnen eine junge, schöne Matis, mit Augen so grün wie das brennende Sap unter Pyr.
Kapitel 1
Es war ein Morgen wie jeder andere in der fyrischen Wüste. Die langsam emporsteigende Sonne heizte den Sand bereits auf. Aber, noch waren die Temperaturen in Pyr erträglich und es tummelten sich trotz der frühen Morgenstunde bereits viele Homin in den Straßen der Hauptstadt des Fyros Imperiums.
Einer von ihnen war ein junger, doch erfahrener Jäger mit Namen Velvet-Paw.
An diesem Morgen erwarteten ihn wieder einmal viele Aufträge. Das brachte zwar Dapper in die Kasse, war aber auch mit viel Arbeit verbunden. Er sollte das Fleisch einiger Kitin besorgen, sowie deren Panzer und Zähne. Und alles von möglichst hoher Qualität. Dies bedeutete auch ein hohes Risiko.
Nachdem er seine Ausrüstung geschultert hatte, machte der wüstenerfahrene Fyros sich gen Thesos auf. Dort sollte es die Dinge geben, die er für seine Auftraggeber zu besorgen hatte. Als er jedoch die erste der großen Brücken überquerte, welche die tiefen Abgründe von Fyros überspannten bemerkte er, dass auf der gegenüber liegenden Seite keinerlei Tiere zu sehen waren.
- "Das ist ja sehr merkwürdig dachte er bei sich.
Normalerweise wurden viele dieser Brücken von den Kitin scharf bewacht. Vielleicht lag es an diesem seltsamen Knistern in der Luft. Und der Horizont sah auch sehr merkwürdig aus. Solch eine Färbung hatte er noch nie gesehen.
Velvet-Paws Weg führte weiter durch weite, leere Dünen. Nichts regte sich. Weder Tier noch spärliche Pflanze. Die Luft stand. Irgendetwas stimmte nicht. Und nun erkannte er auch, dass es seltsam dunkel gefärbte Wolken waren, die von Süden langsam auf ihn zu schwebten.
Ein paar Stunden strammen Marsches durch die leere Einöde später, erreichte Velvet-Paw zum höchsten Stand der Sonne Thesos. Auch hier waren keine Tiere zu sehen. Und selbst die Einwohner waren ratlos, warum und wohin sie verschwunden waren. Man sprach von einer Strafe der Kami, oder einem heraufziehenden Unwetter. Doch niemand wusste eine wirkliche Antwort.
Nach einem stärkenden Mahl und einem Becher guten Ales in der Taverne von Thesos machte sich Velvet-Paw auf, um weiter im Südosten von Thesos nach Tieren Ausschau zu halten. Er verabschiedete sich noch von den Homin die in der Taverne saßen schulterte seine Ausrüstung und verließ die Stadt, den drohenden Wolken furchtlos entgegen.
"Immer noch keine Tiere zu sehen. - Da kann doch etwas nicht stimmen."
Velvet-Paws Weg würde umsonst gewesen sein, wenn er keine Tiere fände. Er grübelte während seines gesamten Marsches über ihr seltsames Verschwinden.
Tief in den Dünen, weit weg von allem Schutze einer Ansiedlung, zwischen Thesos und den unüberwindlichen Holzwällen die den Süden begrenzten, passierte es. Ein Sandsturm brach über die Wüste herein, wie ihn ganz Fyros noch nicht erlebt hatte.
Velvet-Paw presste sich ein Tuch vor Mund und Nase. Dies hielt zwar den Sand aus den Lungen fern, aber seine Augen waren dem peitschenden Staub ungeschützt ausgeliefert.
Er konnte kaum seine Hand erkennen, wenn er sie anhob um sich den Sand aus dem Gesicht zu wischen. Verzweifelt suchte er nach einem Unterschlupf, doch so tief in der Wüste gab es nichts. Weder Bäume noch Felsen hinter denen ein Fyros Schutz gefunden hätte. Nur den unbarmherzigen Sand, der von allen Seiten auf ihn einpeitschte und ihn orientierungslos vorantrieb. In der bangen Hoffnung, doch vielleicht einen Schlupfwinkel zu finden. Blind stapfte der müde Jäger durch die gelbe Leere, die selbst die Sonne verschluckte. Umtost vom beißenden Wind, der an ihm zerrte und riss. Hinfallend und sich wieder aufrappelnd. Er wollte und würde nicht aufgeben. Er musste einen Unterschlupf finden. Er würde nicht in der Wüste sterben. Sie würde ihn nicht besiegen!
Nach Stunden, oder Tagen des Umherwanderns, der junge Jäger hatte jedes Zeitgefühl verloren, verschwand das mittlerweile schon fast vertraute prasseln des Sandes auf seinem Gesicht von einem Augenblick auf den Nächsten. Doch er hörte noch immer das Toben und Brausen des Sturms hinter sich.
Eine Höhle.
Den Kami sei es Gedankt.
Ein sicherer Platz.
Blinzelnd wagte er einige Schritte vorwärts, da noch immer Sand seine geschwollenen Lieder verklebte. Zu spät bemerkte er den Strudel aus hellem Licht, welcher sich unheimlich vor ihm auftat. Kraftlos taumelte er hinein.
Kapitel 2
-"..ooo"
- "..alllooo?",
- "Hallo?"
- "Ob er tot ist?"
-"Hallo? Bitte! Ihr müsst aufwachen."
Stimmen schwirrten durch Velvet-Paws Kopf. Wer sprach da? Männer und Frauen. Es war die Gemeinsprache, doch mit einem seltsamen Akzent.
Vorsichtig öffnete er die Augen. Das Licht brannte in seinen geschundenen Augen und zusätzlich fühlte er sich so schwach und benommen wie ein neugebornes Capryni.
Als sich seine Sicht ein wenig klärte, erschrak Velvet-Paw fast zu Tode.
Ein Dämon starrte ihn an. Eine hässliche blaue Fratze, mit nach unten gebogenen roten Hörnern auf der Stirn beugte sich über ihn und schrak ein Stück zurück als sie bemerkte, dass er wach war.
Nein. - Kein Dämon. Ein Mann in einer unbekannten Rüstung. Und die Fratze war ein Helm. Ein Helm mit Gesichtsmaske.
- "Keine Angst Freund." erklang eine sanfte weibliche Stimme nahe bei ihm. "Wir wollen Dir nichts tun."
Velvet-Paw schloss beruhigt wieder die noch immer brennenden Augen. Ein kühles Tuch wurde über sie gelegt.
Jemand flößte ihm ein wenig Wasser ein. Hastig wollte er schlucken. Doch der Schlauch wurde von ihm fort genommen.
- "Schhhh. Nicht zu schnell. Ihr seid vollkommen ausgetrocknet. Da ist es nicht gut, zu schnell zu trinken. - Langsam.", beruhigend sprach die Frau erneut.
Wieder benetzte etwas Wasser seine Lippen und er bemühte sich nun etwas vorsichtiger zu trinken. Hatte er selbst doch schon diesen Rat erteilt, als er verdurstende fand.
Es war noch immer sehr heiß. Er lag im Schatten eines Gestells aus Stangen und Stoff, welches anscheinend nur für ihn errichtet worden war.
- "Wer... Wer seid Ihr?" fragte Velvet-Paw die Unbekannte. Seine Stimme brüchig und rau, wie trockene Borke.
Aber sie antwortete nicht sofort sondern gab ihm zunächst vorsichtig mehr Wasser. Dann erklang wieder dieser weiche, fremde Akzent in ihrer Stimme.
- "Sprecht nicht. Es ist besser wenn ihr ein wenig schlaft. Ihr seid noch sehr schwach. Morgen brechen wir nach Yrkanis auf."
Yrkanis? Das war doch die matisianische Hauptstadt. Wieso nach Yrkanis? Sollte er etwa von Fyros in die Grünen Anhöhen gekommen sein?
Diese Gedanken wirbelten noch durch seinen Kopf bevor er vor Erschöpfung erneut einschlief.
Kapitel 3
Metall klapperte an Metall. Holz stieß auf Holz. Die ungewohnten Geräusche weckten Velvet-Paw aus einem tiefen, traumlosen Schlaf der Erschöpfung. Der Sandsturm war fort. Aber, wo war er? Er richtete sich steif auf und warf einen Blick umher. Die meisten Tiere die die er in der Ferne erkennen konnte, hatten Ähnlichkeit mit denen die er aus Fyros kannte. Aber ihre Fellfarben waren anders. Und einige waren ihm völlig fremd. Und so wie die Sonne stand hätte die Felswand nicht in seinem Rücken sein dürfen.
Wo war er. Wer waren die merkwürdig gekleideten Fremden?
Matis. Tatsächlich. - Die grünen Anhöhen. Er erinnerte sich. Es sah so aus als würden die Leute das Lager abbrechen. Alles wurde gewissenhaft zum Transport verstaut.
Mitten aus dem ungewohnten Tun um ihn herum, kam eine Frau auf ihn zu.
Ihre strahlend grünen Augen lächelten ihn an als sie ihm eine Schale mit einer dampfenden Brühe überreichte.
- "Hier, iss das. Du musst zu Kräften kommen. Wir haben noch einen langen Weg vor uns."
- "Vielen Dank." antwortete Velvet-Paw und begann, vom Hunger getrieben, hastig die heiße Suppe herunter zu schlingen. Den kurzen Schmerz ignorierend.
Aber, jetzt erkannte er ihre Stimme. Sie hatte ihm Wasser gegeben. Und er sah sie endlich vor sich. Ihr schmalen, feinen Gesichtszüge und das lange, streng nach hinten gebundene, sonnenfarbene Haar. Viel heller als das flammengelb einer Fyros. Und ihre Augen...
Die Frau setzte sich neben ihn und schaute erstaunt zu, wie er die dampfende Brühe fast in einem Zug herunterkippte.
- "Wie ist Dein Name?" fragte sie neugierig.
- "Velvet .Paw" antwortete Velvet-Paw mit vollem Mund.
- "Du musst sehr hungrig sein Velvet-Paw" bemerkte sie mit einem Lächeln.
- "Ja. Danke. Ich weiß zwar nicht wie lange es her ist, seit ich in diesen Sandsturm geriet, aber meinem Magen nach zu urteilen müssen es Wochen sein."
- "Ein Sandsturm?" Fragte die Matis ungläubig. "Hier hat es seit Monaten keinen Sandsturm mehr gegeben. Schon gar nicht in den letzten 6 Wochen. - Solange sind wir nämlich schon hier. Wir sind Prospektoren und haben hier wertvolles Material ausgegraben, welches wir auf dem Markt von Yrkanis verkaufen wollen."
- "Aber solange kann ich doch hier nicht herumgelegen haben" Er starrte sie ungläubig an.
- "Nachdem ich aus Thesos aufbrach, geriet ich in diesen fürchterlichen Sandsturm. Und das letzte an
das ich mich erinnern kann sind diese Lichtblitze."
- "Dann hast Du bestimmt unabsichtlich eines der Portale zwischen den Ländern benutzt", dachte die junge Matis laut.
- "Das Portal befindet sich dort hinter dem Felsen." Sie deutete auf eine nicht weit entfernte Spalte im Holz der Klippe.
- "Aber aus irgendeinem Grund ist es seit zwei Tagen nicht mehr aktiv. Es schloss sich anscheinend irgendwann nach Deiner Ankunft. Vielleicht hat es etwas mit dem Sandsturm zu tun von dem Du geredet hast. Einer unserer Männer hat Dich dort durch Zufall entdeckt. Zum Glück denn sonst wärst Du in der Hitze verdurstet."
Sie schaute ihm ins Gesicht und lächelte. Sie war froh, dass der junge Fyros gerettet worden war.
- "Vielen Dank das Ihr mich gerettet habt aber ich muss zurück." Ihre Augen. Er konnte sich kaum davon losreißen.
- "Du wirst mit uns mitkommen müssen. Alleine lassen wir Dich hier nicht zurück. Auch für einen erfahrenen Jäger wie Du einer zu sein scheinst ist es hier viel zu gefährlich." Sie deutete auf die Trophäen welche an Velvet-Paws Jagdkleidung hingen.
- "Aber ich muss zurück zu meinem Volk!"
- "Daraus wird nichts. Bis das Tor wieder funktioniert wirst Du mit uns mitkommen." Sie lächelte ihn strahlend an. "Na komm schon Velvet-Paw, wir beißen nicht."
Oh, diese Augen. Grün wie das brennende Sap aus den Quellen unter Pyr. Irgendwie wollte Velvet-Paw gar nicht mehr so eilig zurück nach Fyros. Er stand auf und bemühte sich nach Kräften den Matis bei ihren Reisevorbereitungen zu helfen.
Kapitel 4
Die kleine Gruppe von sechzehn Matis und einem Fyros machte sich nun auf gen Süden. Nach Yrkanis.
Man hielt sich während der Reise nah an den Wänden aus hartem, von Wind und sang glatt geschliffenem Holz, welche diesen Teil der Wüste einrahmten. Man sagte ihm, dies sei der gefährlichste Teil ihrer Reise. Und mittels dieser Taktik, konnte man sich den Rücken frei halten gegen eventuell angreifende Tiere, oder Kitin, die sich hier ebenfalls herumtrieben. Ab und an wagte es ein Raubtier die Gruppe anzugreifen, als sie sein Revier durchquerten. Aber die fähigen Krieger konnten die aggressiven Vierbeiner schnell besiegen. Schwieriger erwiesen sich die Kitin, die hinter einigen Biegungen und Dünen lauerten. Verborgen durch Holz und Sand schnellten sie hervor und versuchten ein Opfer zu finden, das sie mit sich reißen konnten. Aber auch hier erwiesen sich die erfahrenen Ernter als ebenso gute Krieger und brachten die Monstren schließlich zu Fall.
Es ging schleppend vorwärts. Doch schließlich kam man erschöpft, dafür aber lebendig am Rand des großen Waldes an.
Von hier aus war es noch ein weiter Weg. Und da diese Handelsstrecke ein beliebtes Ziel von diversen Banditen war, entschied man sich die Nacht durchzureisen um sich in ihrem Schutze an den lauernden Unholden vorbei zu schleichen.
Der Obmann gab kurz nach Sonnenuntergang das Signal zum Aufbruch und die Kolonne setzte sich langsam und vorsichtig in Bewegung. Niemand wagte es eine Fackel zu entzünden, da die Räuber sicher in der Überzahl waren und man sich ihnen natürlich nicht verraten wollte. Langsam und vorsichtig schlich man durch das Unterholz. Die Männer hatten entschieden die Hauptstraße zu meiden, da dort vermutlich die Späher der Banditen nach ihnen Ausschau hielten. Der Mond schien fahl und unheimlich auf die kleine Gruppe herab, sein Licht filterte durch das Blätterdach und erweckte die Schatten zu huschendem Leben.
Um sie herum waren nur die Geräusche der Nacht und das Knarren der Ledergurte ihrer Packtiere. Selbst die Mektoubs waren ungewöhnlich still. Als wüssten sie unter welcher Spannung ihre Führer standen. Mit einem Male brach Feuerschein durch die Bäume.
Alle erstarrten. Sie waren in ihrer Absicht die Banditen zu umgehen, fast direkt in ihr Lager gestolpert. Vorsichtig, zog man sich zurück.
- "Obacht! Es wird bestimmt Wachen geben." raunte einer der Männer.
Aber es war schon zu spät.
Einer der Banditen hatte tatsächlich hier Wache gehalten und sich von hinten an die Gruppe geschlichen.
Er tauchte mit einem Male aus der Dunkelheit auf und hielt Occhi Verdi, das war die grünäugige Schönheit, ein langes Messer an die Kehle.
- "Halt!" zischte er. "Legt Eure Waffen nieder oder sie stirbt!" er holte tief Luft um seine Kameraden zu rufen, doch brach er nur gurgelnd zusammen.
Ein großer Fyros Jagddolch steckte in seiner Brust. Velvet-Paw hatte ihn blitzschnell geschleudert.
In diesem Moment ertönte ein Alarmruf aus dem Dickicht zu ihrer Linken. Ein weiterer Wächter. Im Lager vor ihnen ertönten antwortende Stimmen.
- "Schnell. Zieht weiter zum Turmbrückenweg. Bringt die Waren und unsere Ausrüstung in Sicherheit" rief der Obmann und wählte schnell 8 der Seinen aus.
- "Der Rest bleibt hier und hält Euch den Rücken frei!"
Velvet-Paw blieb mit den restlichen Matis zurück um sich den Banditen zu stellen und die Flucht ihrer Kameraden zu decken. Unter ihnen auch Occhi Verdi die dank Velvet-Paw nur knapp dem Tod entkommen war.
Kapitel 5
Die Banditen waren in der Überzahl. Doch zwei der Prospektoren waren gute Schützen und erledigten mit ihren Gewehren einige der heranstürmenden Banditen.
- "Sie kommen zu nah für die Gewehre" schrie ein Schütze den anderen Zurückbleibenden zu, ließ die Waffe fallen und griff nach seinem Schwert.
- "Dann lasst Sie nur kommen." raunte eine dunkle Stimme, "Ich habe noch einen Izam mit denen zu rupfen". Es war Occhi Verdi, die nun aus ihrem Gepäck einen langen Beidhänder hervorzog und sich kampfbereit in den Knien wiegte.
Velvet-Paw hatte bisher noch nie ein Matis Blatt-Schwert gesehen. Es war so schön wie seine Besitzerin.
Er war überrascht, dass die Matisdame den Schrecken so schnell überwunden hatte und konnte nicht umhin ihren Mut zu bewundern.
Da waren die Banditen auch schon herangekommen! Ein wilder Kampf entbrannte.
Und nun zeigte die junge Frau, dass sie nicht nur mit der Spitzhacke gewandt war, sondern auch mit einem Schwert umzugehen vermochte.
Mit ihrem Zweihänder tötete sie zwei Banditen auf einen Streich und verwundete einen dritten so stark, das dieser schwer verwundet zurück ins Unterholz kroch. Velvet-Paw hatte nur seine Jagddolche, welche er aber auch mit Geschick zu führen wusste. Er hechtete zur Leiche des ersten Banditen und riss seinen Dolch aus dessen Brust. Während ein weiterer Mann brüllend auf ihn zu stürmte. Das Schwert erhoben. Der Fyros wirbelte herum und warf seinen noch immer Blut befleckten Dolch durch die Kehle des Mannes. Den zweiten Dolch rammte er einem vorbeistürmenden Banditen in den Bauch, welcher es auf den Obmann der Gruppe abgesehen hatte.
Dieser kämpfte mit Schild und Schwert gegen einen hühnenhaften Mann, der einen Streitkolben führte. Die Waffe blieb jedoch im Holz des Schildes stecken und es gelang dem obersten Prospektor sein Schwert in einen weiten Bogen gegen die Beine des Angreifers zu führen. Der Mann brach schreiend zusammen und verstummte als die Klinge sein Herz traf.
Von so viel Gegenwehr überrascht traten die restlichen Banditen den Rückzug an und flohen, ihre verletzten Kameraden stützend zurück in ihr Lager.
- "Die hätten wir geschlagen" keuchte einer der Schützen. "Wir sollten machen dass wir weiterkommen. Wer weis ob es nicht noch mehr Banditen in dem Lager gibt."
Hastig wollten sie weiterziehen als er sich plötzlich umdrehte.
- "Wo ist Lazlo Vandi?"
Alle machten sich daran möglicht geräuschlos und vorsichtig die Umgebung des Kampfplatzes abzusuchen. Velvet-Paw fand ihn. Sein Gewehr lag zerbrochen neben dem Matis. Blut rann aus seinem Mund und unter ihm glänzte der Boden feucht von dunkler Flüssigkeit. Sein Gesicht war blass wie der Mond. Sein Atem ging Stoßweise und seine Augenlieder flatterten. Es ging bereits zu Ende.
- "Hilfe kommt." Raunte Velvet-Paw ihm ins Ohr, als er nach der Hand des tödlich verwundeten griff. Doch dieser schien zu wissen wie es um ihn stand.
- "Nein..." stieß er hervor. "Gib - dies meinem... Sohn." Zitternd drückte er etwas in die Hand des Fyros. Velvet-Paw konnte die Tränen nicht mehr unterdrücken.
- "Ich verspreche es."
Dann schloss er die gebrochenen Augen des Mannes und legte seinen Kopf zurück in das Laub.
- "Wir werden seine Leiche hier liegen lassen müssen." Der Obmann blickte Reihum in die trauernden Gesichter seiner Männer. Und stieß auf Velvet-Paws harte Augen.
- "Das kommt gar nicht in Frage" erwiderte der junge Fyros. Drängte sich an den Anderen vorbei und begann den Toten in seinen Umhang zu wickeln. "Wir haben zwar keine Zeit, ihn hier und jetzt zu begraben, aber als Futter für die Aasfresser werde ich ihn hier nicht liegenlassen. Er ist einen ehrenvollen Tod gestorben und soll auch ein ehrenvolles Begräbnis bekommen!"
Er schulterte ächzend die Leiche und stapfte davon in die Nacht. Die Prospektoren blickten ihm erstaunt und mancher auch bewundernd hinterher.
Kapitel 6
Ein paar Stunden später erreichte der Trupp, ohne weitere Zwischenfälle, das Gebiet Namens Turmbrückenweg. Die hohe Holzformation, die aus dem Boden ragte und in sich verknotet zu sein schien, registrierte Velvet-Paw nur am Rande. Er trug an seiner Last mit Stolz und Trauer. Trotz der frühen Morgenstunde waren noch ein paar andere Ernter dabei, Materialien aus der Erde zu holen, welche nur in der Nacht zur Verfügung standen. Doch sie ließen von ihrer Arbeit ab und liefen den Ankommenden entgegen. Wissbegierig fragend, wie es ihnen ergangen sei. Die Gruppe welche geflüchtet war, hatte bereits von dem Angriff der Banditen erzählt und nun brannte man auf Neuigkeiten. Auf einer kleinen Anhöhe war ein Feuer entzündet worden um das sich die Flüchtenden gescharrt hatten. Velvet-Paw erkannte ihre Männer und stampfte schweren Schrittes auf sie zu. Die Neugierigen um ihn herum nicht beachtend.
- "Was ist los?!" - "Was ist passiert?!" fragten die Wartenden.
- "Wo ist Lazlo?" fragte einer von ihnen.
Daraufhin lies Velvet-Paw das schwere Bündel, welches er die ganze Zeit auf seinen Schultern getragen hatte, wortlos vor dem knisternden Lagerfeuer zu Boden gleiten.
Nun konnten alle das Blut erkennen, welches durch den Stoff gesickert war. Niemand wagte zu sprechen.
Eine der Frauen schluchzte leise. Der erste Schütze nahm sie vorsichtig in den Arm und hielt sie fest. Schließlich begann der Obmann ein Gebet und gemeinsam mit den Umstehenden sprachen die Matis zu den Karavan für den Verstorbenen.
Velvet-Paw hockte sich ans Feuer und streckte die kalten Hände aus. Als das Gebet vorüber war und sich die Menge zerstreute spürte er eine Bewegung neben sich Occhi Verdi setzte sich neben ihn. Legte ihren Kopf an seine Schulter und schlief sofort ein. Velvet-Paw legte ihr noch eine Decke über, die er von einem der Männer gereicht bekam und starrte noch eine Weile in das flackernde warme Feuer bevor auch er einschlief.
Kapitel 7
Das Feuer war mittlerweile heruntergebrannt. Die Sonne stand schon hoch am Himmel und die Luft war angefüllt mit schaben, klopfen und dem leisen Blubbern der Rohstoffquellen. Der beißende Geruch von Quellengas lag in der Luft. Jemand hatte beim graben nicht aufgepasst.
Velvet-Paw erwachte, streckte sich und schaute sich um. Überall waren Ernter. Die meisten waren Matis aber er konnte auch zwei farbenfrohe Tryker in einiger Entfernung ausmachen die sich gemeinsam über eine leuchtende Quelle beugten. Einer holte das Rohmaterial heraus während der andere sich darum kümmerte, dass kein giftiges Gas austrat, oder die Quelle gar explodierte.
- "Alles noch Anfänger" erklang neben ihm eine sanfte, Stimme.
Es war Occhi Verdi. Welche wohl schon länger wach war und ihm einen Becher mit einer dampfenden schwarzen Flüssigkeit überreichte. Der Fyros schnüffelte und der leicht bittere, angenehme Geruch vertrieb einen Teil seiner Müdigkeit. Psykoplaffeé war ein starkes Getränk aus den Wurzeln der Psykopla hergestellt. Welches die Matis morgens zu trinken pflegten, da es Stoffe enthielt, die den Körper in Schwung brachten, erklärte sie ihm.
- "Ich hoffe Ihr habt gut geschlafen. Wir wollen weiterziehen. Bis Yrkanis ist es nicht mehr weit."
- "Ja sicher. Danke." antwortete Velvet-Paw noch ein wenig verschlafen. Und trank seinen Becher in einem Zug aus. Dann griff er sein Bündel und gesellte sich zu den anderen, welche schon zum Aufbruch bereit standen. Die Leiche von Lazlo hatte man mittlerweile in eine neue Decke gewickelt und auf einen der Packer gebunden. Man machte sich auf den Weg.
- "In zwei Stunden sind wir in Yrkanis" sagte einer aus der Gruppe zu ihm.
Und so war es auch. Knapp zwei Stunden später erreichte die Karawane das aus Ästen zweier reich verzierter Bäume gewobene Eingangstor von Yrkanis.
Von weitem schon konnte man die riesigen, holen Bäume erkennen die als Häuser dienten und es schien reges Treiben auf den Straßen der Stadt zu herrschen.
Händler brachten auf Mektoubs ihre Waren zum Markt, viele Einwohner und fremde Homin liefen geschäftig hin und her und Wachen patrouillierten vor dem Tor und in der Stadt.
Bei den Ställen, die direkt hinter dem großen Tor lagen verrichteten Stalljungen ihre Arbeit. Fütterten und wuschen Mektoubs oder führten die abgeladenen Lastentiere der Händler in die Pferche. Die Stadt war zwar groß, aber nicht zu vergleichen mit Pyr. Dachte Velvet-Paw bei sich. Auch gab es hier viel weniger Homin.
Seine Gedanken wurden durch die Schreie einer Frau jäh unterbrochen.
- "Neeeeiiiinnnn!!!!" Ihre Stimme brach. Und sie rannte gradewegs auf die Prospektoren zu. Velvet-Paw wusste sofort, dass es sich um Lazlos Frau handelte. Nur mit Mühe konnten ein paar Männern sie davon abhalten die Decke von der eingewickelten Leiche zu reißen, um ihren Mann in die Arme zu schließen.
Die Tränen liefen ihr in Bächen über das schmerzverzerrte Gesicht und Occhi Verdi versuchte sie zu trösten. Behutsam nahm sie sie in ihre Arme und strich mit einer Hand über den an ihrer Brust vergrabenen Kopf.
Dann bemerkte Velvet-Paw den Jungen. Er stand zwischen dem Mektoub mit Lazlos Leiche und der weinenden Frau und starrte das Bündel an. Es fiel ihm schwer bei einem schmächtigen Matis Kind, doch schätzte er das Alter des Knaben auf ungefähr 10 Jahre. Langsam bildeten sich Tränen in den großen blauen Augen des Jungen und er drehte sich wortlos zu seiner Mutter um und vergrub das Gesicht in den Falten ihres weiten Rockes. Eine Hand seiner schluchzenden Mutter fand seinen Kopf und strich fahrig darüber. Die Leiche seines Vaters wurde nun endlich vom Mektoub gehoben und von einigen Männern fortgebracht. So das zumindest dieser Anblick den Beiden nun erspart blieb.
Velvet-Paw näherte sich langsam dem Jungen, kniete vor ihm nieder. Der Junge blickte ihn mit tränenüberfluteten Augen an. Vorsichtig wischte der Fyros mit seinem schwieligen Daumen einige Tränen von dessen Wange und holte Lazlos letzen Willen hervor. Es war eine wunderschöne handgefertigte matisianische Halskette, mit in Bernstein eingefassten kleinen Ora-Zähnen. Der Junge erkannte die Kette sofort und starrte darauf, wie auf einen Boten Jenas. Velvet-Paw legte die Kette wortlos in die kleine Hand des Jungen und strich ihm noch einmal durch das nussbraune Haar. Ganz wie das seines Vaters.
Er hatte den Wunsch des sterbenden Mannes erfüllt. Nun stand er auf drehte sich um und ging, der Stadt den Rücken zugewandt, ein paar Meter in den Wald. Dort setzte er sich in das noch taunasse Gras und beobachtete mit ausdruckslosem Gesicht eine Schar Yubos, die ganz in seiner Nähe, ohne Scheu im Gras herumtollte.
Der Junge und seine Mutter wurden von einigen der Prospektoren nach Hause begleitet.
Die Waren wurden zum Markt gebracht und die Ausrüstung im Lagerhaus verstaut. Danach zerstreuten sich die Männer und Frauen und jeder ging wieder seiner eigenen Wege.
Kapitel 8
Velvet-Paw saß noch bis in die späte Nacht hinein am Waldrand. Von weitem war das jaulen eines Gingos zu hören und um in herum summte die Luft leise von Insekten.
Es stand jemand neben ihm. Er schaute zur Seite und erblickte Occhi Verdi, die junge Matisdame mit den wunderschönen grünen Augen, die trotz der kühlen Nachtluft nur ein luftiges, seidiges Gewand trug. Sie sah bezaubernd aus. Wieder fingen ihre Augen ihn ein. So tief und klar. So liebevoll.
- "Komm mit. Du kannst nicht die ganze Nacht hier draußen verbringen."
Sie lächelte und reichte Velvet-Paw eine Hand.
Wortlos ließ er sich von ihr aufhelfen und sie gingen zu ihrer Wohnung. Sie ließen einander in den folgenden Stunden nicht mehr los.
Am nächsten Morgen wachte Velvet-Paw in einem weichen Bett aus flauschigem Bodoc und Yubo Fell auf.
Er blickte sich noch ein wenig verschlafen um. Die Wohnung war geschmackvoll eingerichtet. Überall hingen Blumen und Gewürze an den Wänden, umrahmt von armlangen Schmetterlingsflügeln. Ein paar Felle und gewebte Teppiche lagen auf dem Boden aus weichem Moos und in einer Ecke standen eine komplette glänzende Rüstung und einige Waffen. An einer anderen Wand lehnten eine Hacke und ein Beutel mit ausgegrabenen Materialien.
Durch ein Fenster in der Decke fiel ein heller Sonnenstrahl und sorgte so für genügend Licht in der Wohnung.
Es war eine sehr schöne Nacht gewesen die er mit der jungen Matis Dame verbracht hatte und nun fiel ihm auch auf, dass er immer noch nicht ihren Namen kannte.
- "So was. Da lernt man eine hübsche Dame kennen mit der man den Rest seines Lebens verbringen möchte und vergisst nach dem Namen zu fragen.", Velvet-Paw schüttelte lachend den Kopf.
Er blickte sich um und versuchte die junge Matis zu finden, aber sie schien die Wohnung schon verlassen zu haben.
Der so viel Annehmlichkeit nicht gewohnte Jäger stand auf und fand nach einigem Suchen einen kleinen Nebenraum in dem sich eine große Muschel mit Wasser befand. Er ließ sich das kühle Nass über den Körper gleiten. Als er sich schließlich abtrocknete bemerkte er ein Grummeln in seinem Magen. Zeit fürs Frühstück, dachte er und begann in der Kochecke nach etwas essbarem zu suchen. Er fand jedoch nur ein paar getrocknete Beeren und ein Stück Trockenfleisch. Etwas wenig, aber besser als nichts. Nachdem er sein spärliches Frühstück aufgegessen hatte, begann er seine Sachen zusammenzupacken um ein wenig durch die Stadt zu schlendern.
Kapitel 9
Leben erfüllte die breiten Straßen von Yrkanis. Die Bewohner hasteten von einem Baum zum nächsten und eine große Anzahl Händler versuchten ihre Waren an den Homin zu bringen. Truppen gingen im Stechschritt über die Straßen und am Rande summte eines der geheimnisvollen Raumschiffe der Karavan vor sich hin. Der Kami gläubige Fyros betrachtete es misstrauisch. Er mochte diese hinter Helmen verborgenen Gestalten nicht.
Velvet-Paw schlug den Weg zum Marktplatz ein, um noch etwas zu essen, Vorräte und vielleicht ein schönes Andenken, oder ein Geschenk für seine Angebetete zu erstehen. In den Auslagen der Händler, erblickte er hier ein schönes Schwert, dort einen robusten Helm und auf der anderen Seite Materialien von höchster Qualität, mit denen er selbst etwas Passendes herstellen könnte.
Er ging ein Stück weiter und erblickte etwas abseits ein paar Gelehrte und Trainer, welche ihm bestimmt noch das eine oder andere beibringen konnten.
Velvet-Paw wollte gerade in diese Richtung gehen, als auf einem riesigen überdachten Baumstumpf plötzlich ein Mann mit einer großen Schriftrolle in der Hand auftauchte und mit lauter Stimme die Homin um ihre Aufmerksamkeit bat.
"Matis und Besucher anderer Länder! Höret diese Worte des Rates!!"
Dies wiederholte er noch ein paar Mal, bis sich eine große Gruppe aus Homin vor ihm gebildet hatte.
- "Homin! Soeben erreichte uns eine schreckliche Nachricht aus dem Norden!
Die Kitin sind einmal mehr in unser Land eingefallen!!!"
Erschrecktes Raunen und Murmeln ging durch die Reihen der Zuhörer.
- "Die Wüste und der Bereich um den Eingang zu den Urwurzeln sind komplett von den Bestien überrannt worden!" Er machte eine dramatische Pause um die Bedeutung seiner Worte sicher zu stellen.
- "Es werden nun alle willigen und fähigen Homin dazu aufgerufen sich den Kitin entgegenzustellen bevor sie zu unseren Städten vordringen! Hilfe aus den Seenlanden ist unterwegs! Doch weiß niemand wie lang diese Truppen brauchen werden!!
Die Homin riefen wild durcheinander. Frauen brachten Ihre Kinder nach Hause während einige entschlossene Männer schon nach ihren Waffen griffen.
- "Jede starke Hand wird gebraucht! Die Freiwilligen mögen sich bitte in diese Liste eintragen!!"
Mit diesen Worten deutete er auf einen Schreiber der am Rand des Baumstumpfes hinter einem kleinen Tisch saß. Er würde in einem großen Buch die Namen der Homin notieren, welche tapfer in den Kampf mit den Kitin-Horden zogen.
Er wiederholte nochmals seinen Text für die Homin die erst später dazukamen.
Velvet-Paw war mittlerweile ein Stück zurückgegangen und lehnte sich an einen Zaun.
- "Mein Rückweg ist versperrt." Nachdenklich schaute er auf die lange Schlange der freiwilligen Kämpfer.
Wollte er wirklich zurück nach Fyros? Hier hatte er jemanden gefunden den er liebte. Er wollte bei ihr bleiben, sein Herz war sich sicher. Aber es wusste auch etwas anderes. Was war ihre Liebe wert, wenn die Kitin alles zerstörten?
"Ich kann nicht tatenlos herumsitzen. Ich muss auch etwas tun." Sein Blick festigte sich. Er würde mit den anderen die Kitin zurückschlagen und dann hierher nach Yrkanis ziehen. Mit diesem festen Entschluss im Herzen, stellte Velvet-Paw sich in die Reihe der Freiwilligen und wartete darauf sich in die Liste eintragen zu können.
Noch am gleichen Abend zog die Armee aus Freiwilligen los um die Kitin zurück in die Urwurzeln zu treiben. Krieger, Magier, Fernkämpfer und sogar Prospektoren waren unter ihnen. Nicht nur Männer, auch viele Frauen wollten ihr Land und ihre Familie beschützen.
Kapitel 10
Occhi Verdi war nicht mit dabei. Sie war an diesem Tage schon früh zu einem Ernteplatz aufgebrochen um bei Sonnenaufgang dem Boden ein paar besonders schöne Materialien abzuringen. Sie wollte ein besonders schönes Geschenk für Velvet-Paw herstellen und es ihm am Abend überreichen. Um ihm so zu zeigen das sie gerne mit ihm zusammen in Yrkanis glücklich werden würde.
Nachdem sie genügend Rohstoff ausgegraben hatte, begann sie gleich vor Ort damit, das Material zu verarbeiten. Sie packte ihr Werkzeug aus und begann damit einen kleinen aber wunderschönen Schild zu fertigen. Es bat nicht viel Schutz aber durch die feinen Muster, die polierte Oberfläche und dem großen funkelndem Stein in der Mitte war es ein wertvolles Schmuckstück, welches zu besonderen Anlässen getragen werden konnte. Nur wenige beherrschten die Kunst, solche Schilde zu fertigen. Daher hob es sich gut von der Masse ab.
Ihr Ausflug dauerte bis zum frühen Abend und als sie endlich wieder in Yrkanis angekommen war, brach schon die Nacht herein. Am Tor angekommen bemerkte sie dass irgendetwas nicht stimmte. Es war ungewöhnlich ruhig. Und es waren für diese Zeit nur recht wenige Homin in der Stadt zu sehen. Sie ging mit einem fragenden Blick auf den Stadtempfänger zu, welcher alle Neuankömmlinge am Stadttor zu Begrüßen pflegte und fragte ihn was denn los sei.
- "Es ist etwas schreckliches passiert" antwortete ihr der Offizielle. "Die Kitin sind wieder über unser Land hereingebrochen. Unsere Homin sind vor etwas mehr als zwei Stunden aufgebrochen um die Invasion zu stoppen."
- "Oh nein! Velvet-Paw!" entfuhr es ihr.
Der Stadtempfänger schaute sie mit fragendem Blick an.
- "Sucht ihr Euren Liebsten? Geht zum Schreiber dort. Er wird Euch sagen können ob ein Mann dieses Namens mit der Armee ging."
Die Junge Matis ging sofort zu der angegebenen Stelle. Schon von weitem konnte sie den Schreiber sehen, der immer noch an dem kleinen Tisch saß und einige Einträge in seinem Buch ergänzte.
Bei ihm angekommen, fragte sie erst gar nicht sondern riss dem überraschten Mann das Buch aus den Händen und begann darin zu blättern.
-"Verzeihen Sie junge Dame aber sie können doch nicht einfach... " entrüstete sich der ältere Mann. Aber die schöne Matis achtete nicht auf ihn. Die Namen waren nicht sortiert daher benötigte sie einige Sekunden bis sie den Eintrag fand den sie suchte.
Name: Velvet-Paw Rasse: Fyros Heimatstadt: Pyr
Mehr war nicht aufgelistet.
Sie gab das Buch an den Schreiber zurück und begab sich langsam und voller Sorge zurück zu ihrer Wohnung. Sie konnten nichts machen. Um der Armee hinterher zu reisen war es zu spät.
So blieb ihr nur zu hoffen, dass ihr Liebster, den ihr das Schicksal auf solch ungewöhnliche Weise geschenkt hatte, heil zu ihr zurückkehren würde.
Kapitel 11
Eine Woche war vergangen, seit die Armee aus Freiwilligen in den Kampf gezogen war.
Eine Woche bangen ob die tapferen Krieger wieder zurückkommen würden. Eine Woche voller Ungewissheit.
Die Stadt lag in einem Meer aus Nebel. Zu dieser Morgenstunde herrschte unter normalen Umständen schon reger Betrieb auf Yrkanis Strassen. Doch lag der Nebel wie ein Leichentuch über der Stadt, dämpfte die Geräusche der wenigen Händler die ihre Stände trotz allem aufbauten und schluckte alle Farben die etwas Hoffnung hätten wecken können.
Hoch im Norden der grünen Anhöhen. An der Grenze zwischen Wald und Wüste kämpften Tausende von Homin gegen eine Übermacht von Kitin. Würden sie es schaffen? Wie fiele Tote und Verletzte würde ein eventueller Sieg bringen? Wie viele eine Niederlage?
Der dichte Nebel vermischte Stöhnen und Schreie verwundeter und sterbender Homin sowie ihrer Gegner zu einem grausamen Klagelied. Die hohen, spitzen, kreischenden Laute der Insekten bildeten einen Konterpunkt zum gequälten aufbäumen ihrer weichhäutigen Opfer. Das Schlachtfeld war übersät mit Leichen beider Seiten des Krieges. Überall war der Gesang der Waffen zu hören, die sich in harte Kitinleiber bohrten. Ihr nur langsam ersterbendes Brüllen übertönte fast die Todesschreie der Krieger die von ihren messerscharfen Klauen entzwei gerissen wurden. Gigantische, dunkel schimmernde Kipesta und Kizoar sirrten über Wald und Steppe hin und her. Die riesigen Mischwesen aus Libellen, Wespen und Heuschrecken stießen immer wieder aus dem Nebel hinab. Um entweder einen unglücklichen Homin mit ihrem Stachel zu durchbohren und in den finsteren Himmel zu entführen, oder selbst von den Äxten, Schwertern und Lanzen der Verteidiger zu Boden gerissen zu werden. Kincher-, Kipee- und Kipukasoldaten lauerten im Unterholz, schnellten hervor und zerrten schreiende, verzweifelt zappelnde Homin mit sich zurück in die Dunkelheit.
Der Kampf schien aussichtslos zu sein. Die Massen der Kitin schienen nicht weniger zu werden. Für einen getöteten Kitin erschienen zwei neue.
Gleichwohl die Armee des Seenlandes vor zwei Tagen das Schlachtfeld erreicht hatte und die Tryker sich mit ihren vor Elektrizität knisternden Schwertern mutig in den Kampf stürzten schrumpfte die Armee der Homin Tag für Tag, Stunde um Stunde. War man sich zunächst noch sicher gewesen, die Kitin in die Flucht zu schlagen, so machte sich nun langsam Verzweiflung unter den Kämpfern breit. Es schien eine unaufhaltsame Flut aus gepanzerten, vielbeinigen und geflügelten Leibern zu sein, der sie sich verzweifelt entgegen stemmten. Ein aussichtsloser Kampf in dem scheinbar nur die Kitin den Sieg erringen konnten.
Im ersten Morgengrauen jedoch geschah etwas das den Kampf wenden und den Homin den Sieg bringen sollte.
Einem Trupp von fast hundert Nahkämpfern war ein verzweifelter Vorstoß gelungen und sie hatten eine Schneise in die kaltblütigen Horden geschlagen. Unterstützt von Dreißig Kampfmagiern, konnten sie sich, im großen Bogen und durch natürliche Holzplateaus geschützt, nah an den Anführer der Kitin heranschleichen. Einen riesenhaften Kipuka. Aufrecht stehend, so groß wie zwanzig Homin. Sein Chitinpanzer glänzte Feuerrot und feucht im sich nur langsam lichtenden Nebel. Das Monstrum stand auf einer Anhöhe, von wo aus es das Geschehen aus sicherer Entfernung überschauen und seine Truppen befehligen konnte. Ihn flankierten zwei besonders große und aggressive Kinchern. Welche aufmerksam die Umgebung ihres Befehlshabers beobachteten. Ihre Beißwerkzeuge knirschten bedrohlich und die Scheren an den Enden ihrer vorderen Gliedmaßen zerteilten mit einem unheimlichen Zischen die trübe Luft.
Man war übereingekommen, dass der Rest der beinahe aufgeriebenen Hominarmee auf ein vereinbartes Zeichen hin, die übrigen Kitin von dem Anführer weg locken sollten. Bis da hin kämpften die Homin verbissen um jeden Zentimeter ihres Landes.
Velvet-Paw gehörte zu dem kleinen Stoßtrupp, welcher sich an den Befehlshaber herangeschlichen hatte.
Ein Kipee hatte den jungen Krieger am dritten Tag der Schlacht einige schwere Verletzungen beigebracht und der Fyros musste, nachdem sich die Heiler um ihn gekümmert hatten, für einen Tag das Krankenlager hüten. In dieser Zeit, zum Nichtstun verdammt, während in wenigen Kilometern Entfernung seine Kameraden starben, hatte er diesen tollkühnen Plan ersonnen. Er drang mit unerschütterlicher Beharrlichkeit zum obersten Heeresführer der Hominarmee vor und unterbreitete ihm sein Vorhaben. Er und seine Generäle waren nicht von einem solchen Selbstmordkommando begeistert und berieten lange, kamen aber schließlich zu der Übereinkunft, das ein solcher Plan wohl bessere Aussichten auf Erfolg hatte, als von den Kitin Stück um Stück aufgerieben zu werden. Kundschafter wurden ausgesandt, den Kitin-Führer zu finden.
Nur zwei von ihnen kehrten zurück und brachten die Position des Monsters.
Heute Morgen nun war es soweit. Die Kämpfer hatten sich im Schutze der Dunkelheit nahe genug an den Anführer herangepirscht. Allen voran der Heeresführer. Dicht gefolgt von Velvet-Paw. Durch seine Erfahrungen als Jäger wusste der Fyros, wie man sich des Nachts am besten an Kitin heranschlich.
Nur mehr seine Leibgarde bewachte den gewaltigen Kipuka. Der Rest seiner Armee kämpfte im etwas entfernten Wald mit den Homin.
- "Gut. Weiter sollten wir jetzt nicht gehen, sonst werden sie uns zu früh bemerken", flüsterte Velvet-Paw.
Der oberste General an seiner Seite nickte.
"In Ordnung. Haltet Euch bereit.", wies er seine Magier an.
Kurz beobachteten sie noch die gewaltigen Monstren, welche vor ihnen aufragten. Der Kipuka voll auf die Schlacht konzentriert. Siegesgewiss und keinen Laut von sich gebend. Die Kincher aufgeregt zischend, um ihn herum staksend, wachsam, doch die gut versteckte Angriffstruppe nicht bemerkend. Der General hob eine Hand. Als sich eine Lücke in der Deckung der beiden Leibwachen auftat, ließ er sie in einer schnellen schneidenden Bewegung sinken und die Magier hinter ihnen entfesselten die Hölle.
Kapitel 12
Magieverstärkende Handschuhe gleißten auf. Und wie eine gewaltige Lanze aus Feuer und Licht schoss die Energie des Zauberspruches, abgefeuert von dreißig in tödlichster Macht bewanderten Magiern auf den riesenhaften Anführer der Kitin Armee los. Der Aufprall dieser gewaltigen magischen Energien lies einen leuchtenden, blutroten Phönix über dem Schlachtfeld aufsteigen. Dies war das Zeichen für die Reste ihrer Armee. Sie schnitten nun den Kitin den Rückzug ab und hinderten die riesigen Insekten daran ihrem Anführer zu Hilfe zu eilen. Der Kampf brandete erneut in all seiner Grausamkeit auf. Beider Seiten fochten nun umso erbitterter für den Sieg. Scharfschützen nahmen die fliegenden Bestien unter Beschuss und drängten auch sie in den vermeintlichen Schutz der Wälder zurück. Wo sie jedoch von wartenden Homin überrascht und niedergemacht wurden.
Der massive Kipuka bäumte sich schreiend unter dem gewaltigen Einschlag der magischen Lanze auf und sofort reagierten seine Leibwächter. Sie wandten sich in die Richtung in der noch immer das schwache nachglühen der Magieverstärker zu sehen war und stürmten darauf los.
Doch kamen ihnen bereits die Homin Krieger entgegen. Allen voran der Heeresführer und Velvet-Paw. Die Einheit versuchte sich auf den angeschlagenen Kipuka zu konzentrieren, aber dessen fürchterliche Wächter rissen sie buchstäblich in Stücke. Ein weiterer Gezielter Schlag war beinahe unmöglich.
Mittlerweile war ein Unwetter aufgezogen, Blitze zuckten und der Regen strömte in Sturzbächen vom Himmel. Es wollte kaum Tag werden. Die Sicht verschlechterte sich noch und im schlammigen Boden verloren die Kämpfer schnell den Halt. Die Homin stemmten sich jedoch Todesmutig und verbissen gegen die Welle aus gepanzerten, vielbeinigen Leibern. Kein Kitin durfte zu ihrem Führer durchbrechen. Äxte, Schwerter und Lanzen fuhren herab, in einem nicht enden wollenden furchtbaren Tanz des Todes.
Endlich fiel der erste Wächter. Ein wenig Hoffnung flammte in den Herzen der Homin auf, doch wurde dieser Funke schnell wieder erstickt. Der zweite mächtige Kincher und der gigantische Kipuka selbst warfen sich mit all ihrer grausamen Kraft in den Kampf.
Es kamen nie genug Krieger in die Nähe des verwundeten Leit-Insekts um einen tödlichen Stoß zu führen. Die Bestie hielt eine blutige Ernte unter den Homin, trotz ihrer großen, schwelenden Wunde auf dem Rücken.
- "Wir müssen den Wächter irgendwie ablenken!" schrie jemand über den Kampfeslärm.
-"Wenn wir den Wächter erledigen, ist der Anführer so gut wie tot!!" schrie ein anderer.
Da löste sich mit einem gewaltigen Kriegsschrei auf den Lippen ein Krieger von der Gruppe. Er trug ein Zweihandschwert der Matis und warf sich dem verbleibenden Kincher entgegen. Wie ein Berserker drosch der Mann auf das widernatürliche Insekt ein. Seine Hiebe ließen dem Gegner kaum Zeit eigene Attacken anzubringen. Getroffen und sich mit aller Kraft verteidigend taumelte das riesige Wesen zurück und gab den Weg zu seinem Herren frei.
- "Das ist der Jäger aus Fyros!!", rief jemand.
Der oberste General erkannte ihre Chance.
- "Er hat den Weg frei gemacht! Vorwärts! -- FÜR MATIS!!!"
Die fast aufgeriebene Einheit stürmte wie ein Mann vor. Erneut blitze magische Energie auf und spiegelte sich in den Blanken Klingen der Krieger. Ein magischer Sturm wurde entfesselt, welcher den, der in den Himmeln tobte an Wildheit überbot. Phantomhafte, grüne Schlangen wanden sich um schwebende Matis und entließen mit einem gefährlichen Rasseln ihr Gift in den Feind. Gleißende Lichtbögen purer Elektrizität schossen aus den zierlichen Körpern der Tryker Magier und verbrannten das Fleisch des grauenhaften Kitin. Hier und da flammten die Lichtsäulen der letzten überlebenden Priester auf, die blau schimmernde Ballen knisternder Energie im weiten Bogen über das Feld warfen, welche zwischen den Kämpfenden zerplatzen und heilende Runen um sie legten. Der Kipuka gab sich jedoch nicht leicht geschlagen und forderte einen Blutigen Tribut von den verzweifelten Homin.
Doch schließlich wankte das Ungetüm. Ein markerschütternder Schrei entrang sich seiner Kehle und die Massen seiner Untertanen zuckten im mit ihm gefühlten Todeskampf. Die Bestie brach zusammen und rührte sich nicht mehr. Ein Jubelschrei sprang über hunderte Lippen. Von diesem Sieg gestärkt kämpfte man weiter gegen die nun verwirrten und wie kopflos umher rennenden Insekten. Und besiegte sie.
Stille kehrte langsam ein über den grünen Anhöhen. Der Regen wusch das Blut von unzähligen Homin-Leichen und Kitin-Kadavern. Die Überlebenden wurden sich der Unwahrscheinlichkeit ihres Sieges erst tatsächlich gewahr, als die Sonne schließlich die Dunklen Wolken verdrängte und das Schlachtfeld in seiner ganzen Grausamkeit vor ihren Augen auftauchte.
Ein wenig Abseits des Schlachtfeldes, einige Meter von dem Hügel auf dem der Kipuka verendete entfernt, lag einer seiner riesigen Leibwächter. Als man ihn fand ragte die Spitze einer giftigen Klinge aus seinem Schädel hervor. Noch immer umklammert von dem der sie geführt hatte. Und der selbst tödlich durchbohrt war, von einer Sichelklaue seines Gegners.
Kapitel 13
Die ersten Strahlen der Sonne tasteten sich langsam über die vom Morgentau benetzten Wiesen als am Horizont von Yrkanis gen Norden, die ersten Gestalten auftauchten, die langsam und schweren Schrittes, der Hauptstadt entgegen trotteten.
Die Überlebenden kehrten nach Hause zurück.
Die frohe Kunde das die Kitin vertrieben wurden, hatte sich längst bis nach Yrkanis ausgebreitet. Und so warteten die Einwohner auf die Rückkehr ihrer tapferen Helden.
Doch zu viele Homins liefen den Heimkehrenden vergeblich entgegen. Verzweifelt auf die Rückkehr eines Mannes, einer Frau oder eines Kindes hoffend. Zu viele blieben auf dem Schlachtfeld zurück. Gestorben um die zurückgebliebenen von der Bedrohung durch die Kitin zu befreien.
Auch Occhi Verdi wartete voller Ungeduld vor dem großen Stadttor von Yrkanis auf die Rückkehr ihres Liebsten.
Sie trug ihr bestes Kleid und in ihrer Hand hielt Sie den kleinen Zeremonienschild, welchen Sie am Tage der Invasion vor über einer Woche gefertigt hatte.
Überall standen wartende Mütter, Kinder, Ehefrauen und Ehemänner vor dem großen Stadttor. Die Kinder hielten Blumen in ihren Händen um die Heimkehrer zu begrüßen.
Viele jubelten den heimkehrenden Helden zu, welche am Horizont zu sehen waren.
Als die siegreiche Gruppe jedoch näher kam verstummten die Jubelrufe. Trauer breitete sich aus. Denn was da zurückkam, war nur ein kleiner Bruchteil dessen, was damals voller Zuversicht in die Schlacht zog. Zudem waren viele Heimkehrer verletzt oder gar verstümmelt. Der blutige Krieg gegen die Kitin hatte wieder einmal seinen grausamen Tribut gefordert.
Viele schlossen einander nur schweigend fest in die Arme.Sie waren zurückgekehrt, doch viele ihrer Freunde und Verwandten hatten für ihr Land ihr Leben geopfert. Andere tanzten und jubelten mit ihren Verwandten aus Freude darüber lebend zurückgekehrt zu sein. Schließlich gewann die Freude über den Sieg Oberhand und man begann in den Straßen zu feiern. Die Schwerverletzten wurden von Heilkundigen in das Lazarett gebracht und leichtere Verletzungen wurden noch an Ort und Stelle behandelt.
Die Gruppen der Heimkehrer und der wartenden wurden immer kleiner.
Immer mehr der tapferen Recken fanden zu ihren Familien. Immer mehr Homin hörten vom Tode ihrer Geliebten und Verwandten. Man ging Heim. Manche um zu trauern und andere um das Leben zu feiern. Einige um Jena zu danken, für die Rettung der Lebenden. Viele um zu beten für die Gefallenen.
Übrig blieben einige wenige, welche die Hoffnung nicht aufgaben. Die jedoch letzt Endlich vergeblich auf die Rückkehr eines geliebten Homin warteten.
Unter ihnen eine junge, schöne Matis, mit Augen so grün wie das brennende Sap unter Pyr.
Virien
Event Management Leanon
Event Management Leanon
Re: Story-Wettbewerb - Wahl der Community
Lauf durch den Winter
Cillis hatte Angst.
Aber, wie alle jungen Matis in seinem Alter wollte er es nicht zeigen. Nicht vor all den anderen auf dem Platz am Karavan-Schrein versammelten Matis und schon gar nicht vor seiner Lauf-Partnerin. Die schwebende Maschine aus dem unbekannten harten Material surrte und summte über ihren Köpfen und ihre Wächter schauten teilnahmslos herüber und hielten die Umgebung im Auge.
Vorsichtig schielte der junge Matis hinüber zu Nehi. Sie wirkte gefasst und ruhig, ihr nussbraunes Haar war zu einem Schweif hinter ihren Kopf gebunden und ihre Milchfarbene Haut schimmerte leicht in der Morgensonne. Sie umklammerte den Paarstab, knapp oberhalb seiner Hand. Ihr Griff war fest und die Knöchel traten leicht hervor. Die Kinder kannten sich seid langer Zeit und hatten sofort nach der Auslosung vor 2 Wochen angefangen den Lauf zu trainieren. Er mochte Nehi, nur eine Sache störte ihn an ihr. Wenn er das etwa einen Kopf größere Mädchen anschaute, fühlte er einen seltsamen Druck in der Brust. So als ob etwas aus ihm herauswollte, aber nicht konnte. Sie war eine gute Laufpartnerin und trotz ihrer längeren Beine passte sie sich an seine Geschwindigkeit an und achtete darauf nicht zu sehr an dem Laufstab zu zerren. Der etwa 3 Ellen lange, glatte Stab aus dunklem Fliederzedernholz machte es auch so nicht grade leicht querfeldein durch den Wald zu laufen.
Gespannt lauschte sie auf die Worte des Intendanten von Yrkanis. Auch Cillis Aufmerksamkeit wurde zurück zu ihm gezogen.
Homins! hob er die Stimme.
Stolze Matis! Wieder einmal vollendet ein Jahr seinen ewigen Kreislauf. Und wieder einmal finden wir uns hier ein, um diesen Tag zu feiern und den traditionellen Lauf der Kinder zu begehen.
Verhaltener Beifall unterstrich seine Worte. Hier und da war ein Laut des Jubels zu hören. Jedoch nicht von den Läufern. Sie alle waren gespannt und manche wirkten nervös wie Yubo-Wöchlinge. Er hoffte, das die Anderen sein zittern nicht auf die Aufregung zurückführen würden, sondern auf die Kälte die langsam durch seine dünne Jacke kroch.
Der Intendant fuhr fort.
Wie zu jedem Jahreswechsel seid der Einkehr in die Neuen Lande, haben sich auch dieses Mal viele junge Matis hier eingefunden, die ihre Stärke, ihren Mut, ihr Geschick, ihre Ehre und ihre Zähigkeit beweisen möchten. Und um uns uns, ihrem Volk, zu zeigen das sie zu den Besten gehören. Zur Elite die dereinst unser Volk führen wird.
Jubel brach nun unter den versammelten Homin aus. Cillis badete in dieser Aufmerksamkeit und jedes Beifallklatschen vertrieb ein wenig seiner Angst.
Whamm!
Ein Schneeball klatschte ihm an den Hinterkopf.
Der junge Matis ruckte herum und sah Bunis, diesen arroganten Sohn des Leutnants der Plastwache, wie er sich langsam und überheblich die rechte Hand an seinem Wams abwischte. Sein Laufpartner Cordesi grinste wie ein Gingo in ihre Richtung. Nehi drehte sich ebenfalls um und starrte das Paar hinter ihnen kalt an.
Das Mädchenpaar wird es ohnehin nicht einmal bis zu den Grünen Samen schaffen. Zischte Bunis. Und um ihn herum kicherten andere Laufpaare hämisch hinter vorgehaltenen Händen.
Noch ehe Cillis etwas erwidern konnte ertönte erneut die Stimme des Intendanten.
Die hier anwesenden 20 Paare werden in wenigen Minuten ihren Lauf durch den Winter antreten. Sie alle werden es nicht leicht haben. Und sie alle werden geprüft werden. Überall in den Wäldern sind wie immer erfahrene Späher postiert, die über das Verhalten und die Vorgehensweise der Paare bericht erstatten werden. Wie jedes Jahr gibt es nur eine Regel:
Niemand darf verletzt werden.
Ansonsten ist den Läufern alles erlaubt, das ihnen Vorteile bringt. Und sie das Ziel erreichen lässt. Die Strecke führt wie jedes Jahr von Yrkanis, über Natae, Davae, nach Avalae.
Dort wird mein Kollege Euch empfangen und nachdem er die Berichte der Kundschafter gehört hat, die Sieger bestimmen.
Cillis schaute erneut zu Nehi hinüber. Sie war schlank und kräftig für ein Mädchen. Einen Sommer jünger als er und doch größer. Sie kannten sich schon recht lang und er war sicher sie würde eine recht gute Partnerin sein, für ein Mädchen.
Sie tippelte auf der Stelle, wie viele der wartenden Kinder, ihre leichten Stiefel nicht geschaffen für den Schnee. Auch Cillis Zehen kribbelten leicht, aber er wollte nicht dass man ihn für einen kleinen Yubo hielt. Es war Tradition, dass der Lauf nur in leichter Kleidung zurückgelegt wurde. So wie es die ersten Boten zwischen den noch unfertigen Städten vor langer Zeit taten, da ihnen die Materialien für festeren Stoff fehlten.
Lasst uns nun zum Stadttor gehen!, rief der Intendant.
Die Masse der Homins setzte sich in Bewegung und für einen Moment, erspähte Cillis die Gesichter seiner Eltern im Gedränge. Sein Vater glühte förmlich vor Stolz und seine Mutter schien ein wenig besorgt. Es war seltsam, irgendwie hatte er immer den leisen Eindruck gehabt, dass seine Eltern ihm nicht alles über den Lauf erzählten. Wenn er sie jedoch darauf ansprach, dann schüttelten beide nur die Köpfe und tauschten einen kurzen Blick, den er nicht zu deuten wusste. Seufzend reihte sich der Junge in die Reihe der Anderen Läufer ein und versuchte den Gleichschritt mit den Paaren einzuhalten als sie auf das große, aus gewachsenem Holz bestehende Tor zugingen.
Auf Homis! Euer Lauf beginnt jetzt!
Mit diesem Ruf des Stadtempfängers startete das erste Paar.
Die beiden Mädchen liefen, den Stab fest zwischen sich umklammert die Straße entlang. Ein sicheres Zeichen dafür das sie nicht auf den Sieg aus waren und nur den Lauf hinter sich bringen wollten, da der Weg über die abgegrenzte Straße länger und leichter war als direkt durch den Wald und den dort liegenden, tieferen Schnee. Cillis Mutter hatte ihm am Vorabend auch noch einmal ermahnt, dass der Sieg nicht das wichtigste wäre. Es ging im Grunde bei dieser Tradition nicht um das Gewinnen, nur um das dabei sein und den Beweiß der Zusammenarbeit mit seinen Landleuten. Natürlich winkt an Ende dem Sieger eine Belohnung. Aber jeder junge Matis der Teilgenommen hatte, wurde nicht mehr als Kind angesehen. Sondern beinahe schon als Erwachsener.
Noch drei Paare vor ihm und Nehi.
Sie lächelte ihn an.
Und nun sah er, dass auch sie fürchterlich nervös war. In ihren Augen leuchtete die Aufregung und ihr Atem kam in schnellen, kleinen Wolken über ihre Lippen.
Na, was meinst Du? Wald oder Weg?
Ein wenig überrascht von dieser Frage und beschämt da sie ihn für einen Feigling hielt, geriet seine Stimme ein wenig ins Stocken und seine Antwort klang nun gar nicht so selbstbewusst wie sie sollte.
Eh?.. W...Wald. WALD! natürlich.!
Nehi lächelte ihn weiter an und schien zufrieden damit. Hatte sie wirklich gedacht er würde den einfachen Weg wählen? Er war zwar nicht so groß und stark wie Bunis, aber er war sich sicher. Es würde reichen.
Hinter ihnen flüsterte Cordesi seinem bulligen Laufpartner etwas ins Ohr, woraufhin dieser in prustendes Gelächter ausbrach. Cillis schaute über die Schulter und sah wie der schlaksige Kerl etwas in seiner Hosentasche verschwinden ließ. Als Bunis seinen Blick bemerkte, entblößte dessen Mund eine reihe großer Zähne in einem hämischen Grinsen.
Du weißt doch Kleiner. Keine Regeln außer einer. Passt auf das ihr Euren Stab nicht loslasst.
Mit der flachen Hand stieß ihn der größere Junge in den Rücken und trieb Cillis einen Schritt vor, so das sein und Nehis Arm am Laufstab gestreckt wurde.
Es galt als mogeln und tölpelhaft, wenn einer der Läufer die Hand vom Stab lies. Ein Teil der Herausforderung war es gemeinsam zu laufen.
Inzwischen war nur noch ein Paar vor Cillis und Nehi. Zwei Jungen die gespannt auf den Empfänger schauten.
Auf Homins! Euer Lauf beginnt jetzt!, rief dieser.
Das Paar stürmte los. Dummerweise lief auch in genau diesem Moment ein junger Yubo um das Tor herum. Der Rechte der beiden Läufer stolperte über das kleine Tier, welches erschreckt quiekte und davonlief. Sein Partner konnte ihn nicht halten und beide landeten mit dem Gesicht zuerst im Schnee. Lautes Gelächter brach unter den Zuschauern und restlichen Paaren aus. Das jedoch schnell verebbte als sich der linke der Beiden, auf beide Hände stütze um sich aufzurappeln. Kaum kniete er im Schnee als der den ungläubigen Blick seines noch immer im Schnee liegenden Partners sah, der den Stab noch immer fest umklammert hielt.
Oh, Neiiiin!, rief er und ließ sich rückwärts in den Schnee fallen.
Die Soldaten vor dem Tor kamen nun hinzu, halfen den Beiden auf die Beine, klopften ihnen tröstend auf die Schultern und wuschelten in ihren vom Schnee nassen Haaren. Der Loslasser, wie er von nun an ein Jahr lang bei den anderen Kindern heißen würde, griff entschlossen nach dem Stab und beide rannten so schnell sie ihre Füße trugen durch den Schnee davon in den Wald hinein.
Nun war es an Cillis und Nehi. In wenigen Momenten würden auch sie ihren Lauf beginnen.
Die Hände des Jungen Matis wurden langsam feucht vor Schweiß. Und sein Atem dampfte in einer dichten Wolke vor ihm, wie der eines aufgeregten Bodocs.
Auf Homins! Euer Lauf beginnt jetzt!
Wie sie es seid Wochen trainiert hatten, rannten beide mit dem rechten Bein zuerst los und bemühten sich einen steten Rhythmus in ihre Bewegungen zu bringen. Direkt nach verlassen des Tores bogen sie in den Wald hinein ab, den graden Weg zur Matis Arena einschlagend und den Spuren ihrer Vorläufer folgend.
Es war nicht leicht im Schnee Gleichschritt zu wahren. Ab und an stießen sie auf Verwehungen und ihre kurzen, hellbraunen Beinkleider taten wenig um die Kälte abzuhalten. Einzig ihre Körperwärme und die Anstrengung sollten sie warm halten in diesem Lauf.
Das Unterholz und die Ganzjahresgräser waren dicht und Raureif bot scharfe kleine Kristalle an denen sie ihre Haut im vorüber rennen ritzten.
Eine Begegnung mit Ragus, oder Ginkos war recht unwahrscheinlich.
Erfahrene Jäger hatten das Gebiet vor dem Lauf von diesen Räubern soweit es ging gesäubert, da man den jungen Homins nicht zu viel zumuten wollte. Allerdings hatten diese schlauen Fleischfresser die Tendenz immer dort unerwartet aufzutauchen wo man sie nicht erwartete.
Cillis Herz pochte ihm bis zum Hals. Trotz des Trainingsund der Kälte kamen sie schnell ins Schwitzen und beide Kinder wussten, wenn sie nun eine Rast einlegten würde die Kälte sie unweigerlich einholen und ihnen arg zusetzen.
Weiter hasteten sie unter großen Wurzeln hindurch und an Baumriesen vorüber, aufgeschreckte Yubos vor sich her treibend. Die karge, glatte Wand des riesigen Astloches, das als Matis Arena bekannt war kam in Sichtweite und die Morgensonne glitzerte auf den an ihr hängenden Eiszapfen.
Die Kinder wanden sich zwischen den mannshohen Wurzelbögen hindurch, die das riesige Gebilde umschlangen und vorbei an seinem Eingang. Weiter Richtung Natae.
Hier konnten sei über die Straße laufen, die gerade zum Tor des Dorfes führte.
Der Empfänger der Sieglung nickte ihnen schon von weitem zu und band ihnen in einem kurzen Moment der Rast, das erste, blaue Band um den Stab, zum Beweiß das sie diese Etappe gemeistert hatten. Nun stand jedoch die schwierigste Wegstrecke vor ihnen. Durch den dichten Nadelwald, am Rand des Plateaus entlang auf dem sich die grünen Anhöhen befanden.
Nehi schlug einen direkten Weg zur Klippe ein, da dort weniger Bäume standen und trotz des relativ unwegsamen Geländes das Vorankommen besser sein sollte und die meisten Ragus sich im tieferen Wald verbargen.
Doch da irrten die Kinder.
Kaum hatten sie einige hundert Meter zurückgelegt und den Klippenrand erreicht, sahen sie die schlanken Körper der wilden Raubtiere durch das Unterholz in einiger Entfernung huschen. Sie strebten dem Rand entgegen.
Die Kinder stoppten ihren Lauf abrupt.
Verdammt., flüsterte Nehi.
Wenn das Rudel uns bemerkt, kann uns nur noch Jena retten.
Ihr violetter Blick verriet Angst und Cillis war sicher, das seine Freundin in seinen rötlichen Augen deutlich erkennen konnte was er grade dachte. Vorsichtig trat er einen Schritt zurück.
Hilfe! Hört mich jemand!? HILFE!!
Die tiefe Stimme eines Mannes, weiter vorn.
Die jungen Matis blickten einander erschrocken an.
Die Ragus haben da jemanden eingekreist. Cillis spürte wie seine Stimme bebte. Nehi nickte nur stumm. In ihrem Blick stand die unausgesprochene Frage.
Die Gedanken des Jungen überschlugen sich. Er griff sich ins grün gefärbte Haar und zog nervös an einer langen Strähne. Nehi kaute auf ihrer Unterlippe und beiden schlotterten die Knie vor Kälte, Anstrengung und Angst.
Dann jedoch machte Cillis einen Schritt nach vorn. Nehi schaute ihn an.
Sie nickte.
Wie ein Homin stürmten die beiden Halbwüchsigen vor. Laut brüllend und johlend. Cillis griff einen eiskalten Ast vom Boden und schwang ihn über seinem Kopf.
Die Ragus schreckten auf und stoben in instinktiver Flucht zunächst auseinander, doch würden sie sich bald von ihrem Schrecken erholen und ihr Rudel war mit Sicherheit stärker als die Kinder.
Hallo?! Den Kami sei Dank. Helft mir. Zieht mich hoch!!!
Die Stimme kam von unterhalb der Klippe.
Sie hasteten vor und stoppten abrupt um über den Rand hinweg zu spähen.
Dort unten, in etwa 3 Metern tiefe hockte ein Homin auf einem schmalen Vorsprung in der Randholzwand. Der rothaarige, kräftige Mann schaute zu den Kindern auf und deutliche Erleichterung sprang auf seine harten, kantigen Züge. Vorsichtig kam er auf die Beine. Seine Haut war braun und wettergegerbt, doch seine Augen leuchteten gelblich, golden wie Bernstein. Er trug das Wams eines Boten der Imperialen Gilde von Pyr.
Ein Fyros? entfuhr es Nehi. Sie starrten auf den Homin herunter, der zu ihnen empor lächelte.
Ja. Aber, wo sind Eure Eltern. Vertreiben sie diese kleinen Mistviecher?
Ehm Nein... Unsere Eltern sind in Yrkanis. Nehi stieß Cillis ihren Ellenbogen in die Seite und der Junge wollte schon protestieren, als er den Ausdruck im Gesicht des Fyros sah. Verzweiflung.
Was? Aber... Wie soll ich dann wieder dort hoch kommen? Und was macht ihr wenn die Tiere wiederkommen?
Die Kinder blickten sich an.
Wie müssen ihm helfen. Cillis schaute in die Augen seiner Freundin und sein Magen krampfte sich zusammen.
Sie nickte.
Cillis lies den Stab los.
Was machst Du?
Es hat keiner gesehen und du bist kräftiger als ich. Lass den Stab zu ihm runter damit er sich daran hochziehen kann. Ich halte Dich fest.
Kurz legte sich ein seltsamer Ausdruck auf Nehis Gesicht, dann nickte sie erneut und ließ sich auf den Bauch nieder. Der Junge griff ihre Beine und stemmte sich mit aller Kraft und seinem ganzen Gewicht nach hinten.
Der Stab reichte grade an die ausgestreckten Hände des Fyros heran. Er tat einen Satz und ein scharfer Ruck ging durch Nehis Schultern. Sie knirschte mit den Zähnen und fühlte wie sich Cillis Griff um ihre Knöchel noch verstärkte.
Und doch rutschte sie ein kleines Stück nach vorn.
Nicht loslassen! Entfuhr es dem Fyros, dessen Füße nun über dem Abgrund baumelten. Eine Hand über die andere setzend zog er sich an der eisglatten Holzwand empor.
Ich rutsche! hörte Nehi ihren Freund zwischen den Zähnen hindurch pressen. Und schon spürte sie die langsame Bewegung auf dem Schneefeuchten Boden.
Los! Sie können nicht viel weiter sein. Die holen wir noch ein., drang ein leiser Ruf aus dem Wald an Cillis Ohren.
Bunis!
Sein Kopf ruckte herum und dort kamen ihre beiden Konkurrenten in einiger Entfernung vorbei gerannt. Der bullige Junge zog seinen schmächtigeren Partner förmlich mit sich durch den Schnee.
Bunis! Cordesi! Helft uns! Hier!!
Kaum war Cillis Schrei erklungen stoppten die beiden Läufer und schauten sich um. Cordesi erspähte ihn zuerst und setzte sofort zum sprint in seine Richtung an. Doch wurde er jäh zurück gerissen. Bunis zog ihn in entgegen gesetzter Richtung davon. Cillis Herz blieb fast stehen. Er konnte es nicht fassen. Bunis, dieser Sohn einer Ginkohündin!
Ein wilder Fluch, aufgeschnappt von seinem Vater, entfuhr ihm und aus der Schlucht vor ihnen erklang ein lautes: Ooh!! Haltet Durch Kinder! Bitte!!
Nehi stöhnte auf. Die Muskeln ihrer schlanken Arme traten hervor wie dicke Seile.
Da hörte Cillis das Knurren hinter sich.
Aus den Augenwinkeln, eine schnelle Bewegung links von ihm. Kurz darauf rechts und das hustende Bellen eines Ragus.
Sie kommen zurück!
Jena, wir schaffen das nicht. Stieß Nehi hervor.
Er ist zu schwer.
Durchhalten Kinder. Ihr habt es gleich geschafft. Nur noch ein kleines Stück.
Die Worte klangen nervös und kurzatmig. Cillis zuckte zusammen als er erneut eine Bewegung neben sich sah. Ein großer, schlanker Ragus wagte sich näher an sie heran und ein heiseres Knurren drang aus seiner nach unten gebogenen Schnauze. Die Ohren dicht an den Körper gelegt kauerte sich das Tier auf die Hinterbeine uns setzte zum Sprung auf seine wehrlose Beute an.
Cillis ließ Nehis rechtes Bein los.
Sie rutschten ein Stück nach vorn und seine Freundin und der Fyros über der Schlucht ächzten fast gleichzeitig und gleich hoch erschrocken auf.
Cillis griff den noch neben ihm im Schnee liegenden Ast und schwang ihn auf das heran springende Tier.
Krachend schlug der Ast gegen den Schädel des Ragus, dessen Schwung ihn nun über den Rand der Klippe katapultierte. Jaulend, in einer Wolke aus Schnee, fiel der Räuber auf den Fyros zu.
Um nicht von dem zappelnden Tier mitgerissen zu werden schwang dieser im letzten Moment zur Seite. Nehi stöhnte schmerzerfüllt auf. Und wieder rutschten sie ein Stück weiter vor. Der Brustkorb des Mädchens hing nun schon fast ganz über dem Abgrund. Wenn einer von ihnen das Gleichgewicht verlor war alles aus.
Ein zweiter und dritter Ragus erschienen nun neben Cillis. Und von den Geräuschen um ihn herum schätzte er, dass es mindestens noch 5 weitere Räuber waren. Der verzweifelte Junge schwang den Ast wild um sich und hielt so die Tiere zumindest vorerst davon ab ihn an zu springen. Lange würden sie das jedoch nicht durchhalten.
Ein Stoßgebet zu Jena formte sich in Cillis Kopf.
Und wurde erhört.
Etwas knallte schräg hinter seinem Kopf in den Bäumen und ein Schneelawine donnerte herab und begrub einen Teil des Ragus Rudels fast unter sich. Die erschreckten Tiere tauchten in das nahe Unterholz. Noch einmal knallte es direkt neben einem der Ragus und das Tier jaulte kurz auf und lief davon.
Geschrei und Rufe brandeten auf. Und aus dem Wald kam eine Gruppe Kinder gerannt, Äste und Stäbe schwingend. Allen voran Bunis der seinen Laufstab wie eine Keule über dem Kopf hielt und einen Triumphschrei ausstieß als die Ragus Fersengeld gaben. Neben Cillis blieb er stehen, ließ seinen Stab fallen und packte Nehis rechtes Bein. Zwei weitere Jungen fielen neben Nehi in den Schnee und griffen je einen Arm des Fyros. Zwei Mädchen schnappten sich Nehis Wams und zogen daran.
Gemeinsam wuchteten sie den Mann über die Kante des Abgrundes und fielen rittlings in den Schnee.
Schwer atmend lagen sie nebeneinander. Cillis starrte in den Himmel, wo Jenas Krone, der große Ringplanet auf ihn herabblickte. Mit einem male trat Cordesi in sein Blickfeld.
He ihr zwei. Gemütlich da unten? grinste er herab.
Cillis bemerkte das Bunis Arm auf seiner Brust lag. Erschreckt stieß er ihn von sich und ruckte hoch. Nehi hockte links neben ihm und lächelte ihn an. Der Junge spürte deutlich wie das Blut in seinen Ohren rauschte und Hitze in seinem Gesicht aufstieg. Die beiden Mädchen die Nehi geholfen hatten kicherten und Cordesi brach in schallendes Gelächter aus. Dann wurde Cillis mit einem Mal empor gerissen, als sich kräftige Arme um seinen Körper schlangen.
Den Segen der Kami über Euch Kinder !
Der Fyros setze sich Cillis auf die Schultern und begann sich überschwänglich mit ihm auf der Stelle zu drehen und dabei in seiner Sprache zu jubeln und jauchzen. Nehi lachte nun auch und selbst Bunis grinste ein weniger überhebliches Grinsen. Allerdings nahm Cillis nicht viel davon wahr. Ihm war danach in die Schlucht zu springen. Alles um dieser Peinlichkeit zu entkommen.
In Davae war die Überraschung groß, als der kleine Trupp im Laufschritt durch das Stadttor lief. Cillis noch immer auf den Schultern des Fyros, der sie den ganzen Weg über mit Liedern aus seiner Heimat unterhalten hatte und immer wieder den Segen der Kamigeister versprach. Cordesi hatte ihnen unterwegs gezeigt was er getan hatte um die Ragus zu vertreiben. In seinen Taschen verbargen sich eine Schleuder und einige Knallkugeln. Einfache Feuerwerkskörper die mehr Krach machten als alles andere, aber sich gut eigneten um zum Beispiel Schneelawinen auf Ragus herab zu rufen. Oder auf andere Paare, wie er grinsend hinzufügte. Bunis gab zu das es seltsam ausgesehen haben musste als er seinen Partner von ihnen weg zog. Doch hatte er die Ragus im Wald gesehen und erkannt das sie allein kein Chance hätten zu helfen. Somit liefen sie in verschiedene Richtungen um die 2 anderen Paare zur Hilfe zu holen.
Der Dorfobmann kam ihnen entgegen und verlangte zu wissen was passiert sei, das so lang erst kein Paar mehr ankam und dann eine solche Gruppe.
Die Kinder begannen sofort auf ihn ein zu plappern, doch der rothaarige Fyros hob beschwichtigend die Hände und bat mit lauter Stimme um Ruhe.
Diese Kinder haben heute mein Leben gerettet und ich danke Euch dafür, dass ihr diese, wie sie mir berichteten, Tradition Eures Volkes grad heute ausübt.
Er berichtete kurz, in angemessenen Worten was vorgefallen war und betonte den Mut der Kinder. Der Obmann hörte aufmerksam zu und nickte schließlich. Dann griff er in sein Wams und wandte er sich an die Kinder.
Hier sind die roten Bänder. Wer noch weiter nach Avalae will, sollte sich schnellstens eines geben lassen.
Cillis zappelte auf der Schulter des Fyros und dieser setzte ihn schnell ab. Nehi hatte dem Dorfempfänger schon ihren Stab entgegengehalten und nun flatterte dort das rote Band von Davae. Cillis griff den Stab und blieb stehen.
Neben ihnen nahmen Bunis und Cordesi ihr Band in empfang. Dann die zwei Mädchen und zuletzt das Jungenpaar.
Wie ein Homin liefen die jungen Matis nun den Rest der Strecke in einem Pulk und als sie Aavale erreichten, hatten erfahrene Boten sie bereits überholt und die Kunde von ihrer Heldentat war bereits dort angelangt.
Viele Homins hatten sich am Tor versammelt um sie in Empfang zu nehmen. Und als der Dorfintendant die goldenen Bänder verteilte, war die Luft erfüllt von Lachen und Beifall. Als das letzte Paar eintraf, wurde es von vielen Homins aus Yrkanis begleitet die das Ende des Laufes mit ihnen allen feiern wollten.
Schließlich hob der Intendant die Arme und wandte sich an die versammelten Homins.
Matis! Seht diese Kinder, die den Lauf durch den Winter vollendet haben. Sie alle haben bewiesen dass sie Durchhaltevermögen, Stärke und Mut besitzen. Doch einige von ihnen haben in diesem gesegneten Jahr etwas Besonderes vollbracht.
Er hielt kurz inne um die Gruppe um Cillis nach vorn zu winken. Mit vor Aufregung roten Köpfen traten die Kinder vor.
Diese Kinder ließen ihre Stäbe los! donnerte seine Stimme über die Versammelten hinweg. Stille breitete sich aus. Cillis war geschockt. Auch Nehi, Bunis und die Anderen blickten verwirrt.
Sie haben eine Tradition des Laufes gebrochen. Sie alle sind Loslasser.
Er blickte jedes der Kinder ernst an. Dann hob er erneut die Stimme.
Jedoch taten sie das Richtige! Sie handelten im Geiste des Laufes. Sie verstanden seinen Sinn. Ein Leben wurde gerettet, weil diese Kinder das Wichtige und Richtige über einfache Spielregeln stellten und erkannten, dass es galt zusammen zu arbeiten. Als Einheit, als Elite, als Matis!!
Jubel brandete auf und erneut wurden alle Kinder auf Schultern gehoben das wirkliche Fest begann nun endlich.
Inmitten des Trubels fand Cillis schließlich seine Eltern und rannte zu ihnen hinüber. Seine Mutter umarmte ihn überschwänglich und wenn ein Vater noch etwas mehr Stolz in seinen Stand bringen könnte, würde seine Weste sicherlich platzen.
Eine Hand legte sich auch Cillis Schulter.
Nehi und der Fyros Bote standen dort. Nehis Eltern liefen an ihnen vorbei und begrüßten Cillis´s .
Nun ihr Beiden. Ich muss weiter und meinen Auftrag ausführen. Ich schulde euch zweien mein Leben. Ihr wart es die zu erst den Mut aufbrachten mir zu helfen. Dafür danke ich euch. Die Kami mögen euch beschützen.
Wenn ihr jemals nach Pyr kommt, dann fragt nach Collix Becoubs. Das bin ich und ihr seid in meinem Hause auf ewig willkommen.
Cillis hatte Angst.
Aber, wie alle jungen Matis in seinem Alter wollte er es nicht zeigen. Nicht vor all den anderen auf dem Platz am Karavan-Schrein versammelten Matis und schon gar nicht vor seiner Lauf-Partnerin. Die schwebende Maschine aus dem unbekannten harten Material surrte und summte über ihren Köpfen und ihre Wächter schauten teilnahmslos herüber und hielten die Umgebung im Auge.
Vorsichtig schielte der junge Matis hinüber zu Nehi. Sie wirkte gefasst und ruhig, ihr nussbraunes Haar war zu einem Schweif hinter ihren Kopf gebunden und ihre Milchfarbene Haut schimmerte leicht in der Morgensonne. Sie umklammerte den Paarstab, knapp oberhalb seiner Hand. Ihr Griff war fest und die Knöchel traten leicht hervor. Die Kinder kannten sich seid langer Zeit und hatten sofort nach der Auslosung vor 2 Wochen angefangen den Lauf zu trainieren. Er mochte Nehi, nur eine Sache störte ihn an ihr. Wenn er das etwa einen Kopf größere Mädchen anschaute, fühlte er einen seltsamen Druck in der Brust. So als ob etwas aus ihm herauswollte, aber nicht konnte. Sie war eine gute Laufpartnerin und trotz ihrer längeren Beine passte sie sich an seine Geschwindigkeit an und achtete darauf nicht zu sehr an dem Laufstab zu zerren. Der etwa 3 Ellen lange, glatte Stab aus dunklem Fliederzedernholz machte es auch so nicht grade leicht querfeldein durch den Wald zu laufen.
Gespannt lauschte sie auf die Worte des Intendanten von Yrkanis. Auch Cillis Aufmerksamkeit wurde zurück zu ihm gezogen.
Homins! hob er die Stimme.
Stolze Matis! Wieder einmal vollendet ein Jahr seinen ewigen Kreislauf. Und wieder einmal finden wir uns hier ein, um diesen Tag zu feiern und den traditionellen Lauf der Kinder zu begehen.
Verhaltener Beifall unterstrich seine Worte. Hier und da war ein Laut des Jubels zu hören. Jedoch nicht von den Läufern. Sie alle waren gespannt und manche wirkten nervös wie Yubo-Wöchlinge. Er hoffte, das die Anderen sein zittern nicht auf die Aufregung zurückführen würden, sondern auf die Kälte die langsam durch seine dünne Jacke kroch.
Der Intendant fuhr fort.
Wie zu jedem Jahreswechsel seid der Einkehr in die Neuen Lande, haben sich auch dieses Mal viele junge Matis hier eingefunden, die ihre Stärke, ihren Mut, ihr Geschick, ihre Ehre und ihre Zähigkeit beweisen möchten. Und um uns uns, ihrem Volk, zu zeigen das sie zu den Besten gehören. Zur Elite die dereinst unser Volk führen wird.
Jubel brach nun unter den versammelten Homin aus. Cillis badete in dieser Aufmerksamkeit und jedes Beifallklatschen vertrieb ein wenig seiner Angst.
Whamm!
Ein Schneeball klatschte ihm an den Hinterkopf.
Der junge Matis ruckte herum und sah Bunis, diesen arroganten Sohn des Leutnants der Plastwache, wie er sich langsam und überheblich die rechte Hand an seinem Wams abwischte. Sein Laufpartner Cordesi grinste wie ein Gingo in ihre Richtung. Nehi drehte sich ebenfalls um und starrte das Paar hinter ihnen kalt an.
Das Mädchenpaar wird es ohnehin nicht einmal bis zu den Grünen Samen schaffen. Zischte Bunis. Und um ihn herum kicherten andere Laufpaare hämisch hinter vorgehaltenen Händen.
Noch ehe Cillis etwas erwidern konnte ertönte erneut die Stimme des Intendanten.
Die hier anwesenden 20 Paare werden in wenigen Minuten ihren Lauf durch den Winter antreten. Sie alle werden es nicht leicht haben. Und sie alle werden geprüft werden. Überall in den Wäldern sind wie immer erfahrene Späher postiert, die über das Verhalten und die Vorgehensweise der Paare bericht erstatten werden. Wie jedes Jahr gibt es nur eine Regel:
Niemand darf verletzt werden.
Ansonsten ist den Läufern alles erlaubt, das ihnen Vorteile bringt. Und sie das Ziel erreichen lässt. Die Strecke führt wie jedes Jahr von Yrkanis, über Natae, Davae, nach Avalae.
Dort wird mein Kollege Euch empfangen und nachdem er die Berichte der Kundschafter gehört hat, die Sieger bestimmen.
Cillis schaute erneut zu Nehi hinüber. Sie war schlank und kräftig für ein Mädchen. Einen Sommer jünger als er und doch größer. Sie kannten sich schon recht lang und er war sicher sie würde eine recht gute Partnerin sein, für ein Mädchen.
Sie tippelte auf der Stelle, wie viele der wartenden Kinder, ihre leichten Stiefel nicht geschaffen für den Schnee. Auch Cillis Zehen kribbelten leicht, aber er wollte nicht dass man ihn für einen kleinen Yubo hielt. Es war Tradition, dass der Lauf nur in leichter Kleidung zurückgelegt wurde. So wie es die ersten Boten zwischen den noch unfertigen Städten vor langer Zeit taten, da ihnen die Materialien für festeren Stoff fehlten.
Lasst uns nun zum Stadttor gehen!, rief der Intendant.
Die Masse der Homins setzte sich in Bewegung und für einen Moment, erspähte Cillis die Gesichter seiner Eltern im Gedränge. Sein Vater glühte förmlich vor Stolz und seine Mutter schien ein wenig besorgt. Es war seltsam, irgendwie hatte er immer den leisen Eindruck gehabt, dass seine Eltern ihm nicht alles über den Lauf erzählten. Wenn er sie jedoch darauf ansprach, dann schüttelten beide nur die Köpfe und tauschten einen kurzen Blick, den er nicht zu deuten wusste. Seufzend reihte sich der Junge in die Reihe der Anderen Läufer ein und versuchte den Gleichschritt mit den Paaren einzuhalten als sie auf das große, aus gewachsenem Holz bestehende Tor zugingen.
Auf Homis! Euer Lauf beginnt jetzt!
Mit diesem Ruf des Stadtempfängers startete das erste Paar.
Die beiden Mädchen liefen, den Stab fest zwischen sich umklammert die Straße entlang. Ein sicheres Zeichen dafür das sie nicht auf den Sieg aus waren und nur den Lauf hinter sich bringen wollten, da der Weg über die abgegrenzte Straße länger und leichter war als direkt durch den Wald und den dort liegenden, tieferen Schnee. Cillis Mutter hatte ihm am Vorabend auch noch einmal ermahnt, dass der Sieg nicht das wichtigste wäre. Es ging im Grunde bei dieser Tradition nicht um das Gewinnen, nur um das dabei sein und den Beweiß der Zusammenarbeit mit seinen Landleuten. Natürlich winkt an Ende dem Sieger eine Belohnung. Aber jeder junge Matis der Teilgenommen hatte, wurde nicht mehr als Kind angesehen. Sondern beinahe schon als Erwachsener.
Noch drei Paare vor ihm und Nehi.
Sie lächelte ihn an.
Und nun sah er, dass auch sie fürchterlich nervös war. In ihren Augen leuchtete die Aufregung und ihr Atem kam in schnellen, kleinen Wolken über ihre Lippen.
Na, was meinst Du? Wald oder Weg?
Ein wenig überrascht von dieser Frage und beschämt da sie ihn für einen Feigling hielt, geriet seine Stimme ein wenig ins Stocken und seine Antwort klang nun gar nicht so selbstbewusst wie sie sollte.
Eh?.. W...Wald. WALD! natürlich.!
Nehi lächelte ihn weiter an und schien zufrieden damit. Hatte sie wirklich gedacht er würde den einfachen Weg wählen? Er war zwar nicht so groß und stark wie Bunis, aber er war sich sicher. Es würde reichen.
Hinter ihnen flüsterte Cordesi seinem bulligen Laufpartner etwas ins Ohr, woraufhin dieser in prustendes Gelächter ausbrach. Cillis schaute über die Schulter und sah wie der schlaksige Kerl etwas in seiner Hosentasche verschwinden ließ. Als Bunis seinen Blick bemerkte, entblößte dessen Mund eine reihe großer Zähne in einem hämischen Grinsen.
Du weißt doch Kleiner. Keine Regeln außer einer. Passt auf das ihr Euren Stab nicht loslasst.
Mit der flachen Hand stieß ihn der größere Junge in den Rücken und trieb Cillis einen Schritt vor, so das sein und Nehis Arm am Laufstab gestreckt wurde.
Es galt als mogeln und tölpelhaft, wenn einer der Läufer die Hand vom Stab lies. Ein Teil der Herausforderung war es gemeinsam zu laufen.
Inzwischen war nur noch ein Paar vor Cillis und Nehi. Zwei Jungen die gespannt auf den Empfänger schauten.
Auf Homins! Euer Lauf beginnt jetzt!, rief dieser.
Das Paar stürmte los. Dummerweise lief auch in genau diesem Moment ein junger Yubo um das Tor herum. Der Rechte der beiden Läufer stolperte über das kleine Tier, welches erschreckt quiekte und davonlief. Sein Partner konnte ihn nicht halten und beide landeten mit dem Gesicht zuerst im Schnee. Lautes Gelächter brach unter den Zuschauern und restlichen Paaren aus. Das jedoch schnell verebbte als sich der linke der Beiden, auf beide Hände stütze um sich aufzurappeln. Kaum kniete er im Schnee als der den ungläubigen Blick seines noch immer im Schnee liegenden Partners sah, der den Stab noch immer fest umklammert hielt.
Oh, Neiiiin!, rief er und ließ sich rückwärts in den Schnee fallen.
Die Soldaten vor dem Tor kamen nun hinzu, halfen den Beiden auf die Beine, klopften ihnen tröstend auf die Schultern und wuschelten in ihren vom Schnee nassen Haaren. Der Loslasser, wie er von nun an ein Jahr lang bei den anderen Kindern heißen würde, griff entschlossen nach dem Stab und beide rannten so schnell sie ihre Füße trugen durch den Schnee davon in den Wald hinein.
Nun war es an Cillis und Nehi. In wenigen Momenten würden auch sie ihren Lauf beginnen.
Die Hände des Jungen Matis wurden langsam feucht vor Schweiß. Und sein Atem dampfte in einer dichten Wolke vor ihm, wie der eines aufgeregten Bodocs.
Auf Homins! Euer Lauf beginnt jetzt!
Wie sie es seid Wochen trainiert hatten, rannten beide mit dem rechten Bein zuerst los und bemühten sich einen steten Rhythmus in ihre Bewegungen zu bringen. Direkt nach verlassen des Tores bogen sie in den Wald hinein ab, den graden Weg zur Matis Arena einschlagend und den Spuren ihrer Vorläufer folgend.
Es war nicht leicht im Schnee Gleichschritt zu wahren. Ab und an stießen sie auf Verwehungen und ihre kurzen, hellbraunen Beinkleider taten wenig um die Kälte abzuhalten. Einzig ihre Körperwärme und die Anstrengung sollten sie warm halten in diesem Lauf.
Das Unterholz und die Ganzjahresgräser waren dicht und Raureif bot scharfe kleine Kristalle an denen sie ihre Haut im vorüber rennen ritzten.
Eine Begegnung mit Ragus, oder Ginkos war recht unwahrscheinlich.
Erfahrene Jäger hatten das Gebiet vor dem Lauf von diesen Räubern soweit es ging gesäubert, da man den jungen Homins nicht zu viel zumuten wollte. Allerdings hatten diese schlauen Fleischfresser die Tendenz immer dort unerwartet aufzutauchen wo man sie nicht erwartete.
Cillis Herz pochte ihm bis zum Hals. Trotz des Trainingsund der Kälte kamen sie schnell ins Schwitzen und beide Kinder wussten, wenn sie nun eine Rast einlegten würde die Kälte sie unweigerlich einholen und ihnen arg zusetzen.
Weiter hasteten sie unter großen Wurzeln hindurch und an Baumriesen vorüber, aufgeschreckte Yubos vor sich her treibend. Die karge, glatte Wand des riesigen Astloches, das als Matis Arena bekannt war kam in Sichtweite und die Morgensonne glitzerte auf den an ihr hängenden Eiszapfen.
Die Kinder wanden sich zwischen den mannshohen Wurzelbögen hindurch, die das riesige Gebilde umschlangen und vorbei an seinem Eingang. Weiter Richtung Natae.
Hier konnten sei über die Straße laufen, die gerade zum Tor des Dorfes führte.
Der Empfänger der Sieglung nickte ihnen schon von weitem zu und band ihnen in einem kurzen Moment der Rast, das erste, blaue Band um den Stab, zum Beweiß das sie diese Etappe gemeistert hatten. Nun stand jedoch die schwierigste Wegstrecke vor ihnen. Durch den dichten Nadelwald, am Rand des Plateaus entlang auf dem sich die grünen Anhöhen befanden.
Nehi schlug einen direkten Weg zur Klippe ein, da dort weniger Bäume standen und trotz des relativ unwegsamen Geländes das Vorankommen besser sein sollte und die meisten Ragus sich im tieferen Wald verbargen.
Doch da irrten die Kinder.
Kaum hatten sie einige hundert Meter zurückgelegt und den Klippenrand erreicht, sahen sie die schlanken Körper der wilden Raubtiere durch das Unterholz in einiger Entfernung huschen. Sie strebten dem Rand entgegen.
Die Kinder stoppten ihren Lauf abrupt.
Verdammt., flüsterte Nehi.
Wenn das Rudel uns bemerkt, kann uns nur noch Jena retten.
Ihr violetter Blick verriet Angst und Cillis war sicher, das seine Freundin in seinen rötlichen Augen deutlich erkennen konnte was er grade dachte. Vorsichtig trat er einen Schritt zurück.
Hilfe! Hört mich jemand!? HILFE!!
Die tiefe Stimme eines Mannes, weiter vorn.
Die jungen Matis blickten einander erschrocken an.
Die Ragus haben da jemanden eingekreist. Cillis spürte wie seine Stimme bebte. Nehi nickte nur stumm. In ihrem Blick stand die unausgesprochene Frage.
Die Gedanken des Jungen überschlugen sich. Er griff sich ins grün gefärbte Haar und zog nervös an einer langen Strähne. Nehi kaute auf ihrer Unterlippe und beiden schlotterten die Knie vor Kälte, Anstrengung und Angst.
Dann jedoch machte Cillis einen Schritt nach vorn. Nehi schaute ihn an.
Sie nickte.
Wie ein Homin stürmten die beiden Halbwüchsigen vor. Laut brüllend und johlend. Cillis griff einen eiskalten Ast vom Boden und schwang ihn über seinem Kopf.
Die Ragus schreckten auf und stoben in instinktiver Flucht zunächst auseinander, doch würden sie sich bald von ihrem Schrecken erholen und ihr Rudel war mit Sicherheit stärker als die Kinder.
Hallo?! Den Kami sei Dank. Helft mir. Zieht mich hoch!!!
Die Stimme kam von unterhalb der Klippe.
Sie hasteten vor und stoppten abrupt um über den Rand hinweg zu spähen.
Dort unten, in etwa 3 Metern tiefe hockte ein Homin auf einem schmalen Vorsprung in der Randholzwand. Der rothaarige, kräftige Mann schaute zu den Kindern auf und deutliche Erleichterung sprang auf seine harten, kantigen Züge. Vorsichtig kam er auf die Beine. Seine Haut war braun und wettergegerbt, doch seine Augen leuchteten gelblich, golden wie Bernstein. Er trug das Wams eines Boten der Imperialen Gilde von Pyr.
Ein Fyros? entfuhr es Nehi. Sie starrten auf den Homin herunter, der zu ihnen empor lächelte.
Ja. Aber, wo sind Eure Eltern. Vertreiben sie diese kleinen Mistviecher?
Ehm Nein... Unsere Eltern sind in Yrkanis. Nehi stieß Cillis ihren Ellenbogen in die Seite und der Junge wollte schon protestieren, als er den Ausdruck im Gesicht des Fyros sah. Verzweiflung.
Was? Aber... Wie soll ich dann wieder dort hoch kommen? Und was macht ihr wenn die Tiere wiederkommen?
Die Kinder blickten sich an.
Wie müssen ihm helfen. Cillis schaute in die Augen seiner Freundin und sein Magen krampfte sich zusammen.
Sie nickte.
Cillis lies den Stab los.
Was machst Du?
Es hat keiner gesehen und du bist kräftiger als ich. Lass den Stab zu ihm runter damit er sich daran hochziehen kann. Ich halte Dich fest.
Kurz legte sich ein seltsamer Ausdruck auf Nehis Gesicht, dann nickte sie erneut und ließ sich auf den Bauch nieder. Der Junge griff ihre Beine und stemmte sich mit aller Kraft und seinem ganzen Gewicht nach hinten.
Der Stab reichte grade an die ausgestreckten Hände des Fyros heran. Er tat einen Satz und ein scharfer Ruck ging durch Nehis Schultern. Sie knirschte mit den Zähnen und fühlte wie sich Cillis Griff um ihre Knöchel noch verstärkte.
Und doch rutschte sie ein kleines Stück nach vorn.
Nicht loslassen! Entfuhr es dem Fyros, dessen Füße nun über dem Abgrund baumelten. Eine Hand über die andere setzend zog er sich an der eisglatten Holzwand empor.
Ich rutsche! hörte Nehi ihren Freund zwischen den Zähnen hindurch pressen. Und schon spürte sie die langsame Bewegung auf dem Schneefeuchten Boden.
Los! Sie können nicht viel weiter sein. Die holen wir noch ein., drang ein leiser Ruf aus dem Wald an Cillis Ohren.
Bunis!
Sein Kopf ruckte herum und dort kamen ihre beiden Konkurrenten in einiger Entfernung vorbei gerannt. Der bullige Junge zog seinen schmächtigeren Partner förmlich mit sich durch den Schnee.
Bunis! Cordesi! Helft uns! Hier!!
Kaum war Cillis Schrei erklungen stoppten die beiden Läufer und schauten sich um. Cordesi erspähte ihn zuerst und setzte sofort zum sprint in seine Richtung an. Doch wurde er jäh zurück gerissen. Bunis zog ihn in entgegen gesetzter Richtung davon. Cillis Herz blieb fast stehen. Er konnte es nicht fassen. Bunis, dieser Sohn einer Ginkohündin!
Ein wilder Fluch, aufgeschnappt von seinem Vater, entfuhr ihm und aus der Schlucht vor ihnen erklang ein lautes: Ooh!! Haltet Durch Kinder! Bitte!!
Nehi stöhnte auf. Die Muskeln ihrer schlanken Arme traten hervor wie dicke Seile.
Da hörte Cillis das Knurren hinter sich.
Aus den Augenwinkeln, eine schnelle Bewegung links von ihm. Kurz darauf rechts und das hustende Bellen eines Ragus.
Sie kommen zurück!
Jena, wir schaffen das nicht. Stieß Nehi hervor.
Er ist zu schwer.
Durchhalten Kinder. Ihr habt es gleich geschafft. Nur noch ein kleines Stück.
Die Worte klangen nervös und kurzatmig. Cillis zuckte zusammen als er erneut eine Bewegung neben sich sah. Ein großer, schlanker Ragus wagte sich näher an sie heran und ein heiseres Knurren drang aus seiner nach unten gebogenen Schnauze. Die Ohren dicht an den Körper gelegt kauerte sich das Tier auf die Hinterbeine uns setzte zum Sprung auf seine wehrlose Beute an.
Cillis ließ Nehis rechtes Bein los.
Sie rutschten ein Stück nach vorn und seine Freundin und der Fyros über der Schlucht ächzten fast gleichzeitig und gleich hoch erschrocken auf.
Cillis griff den noch neben ihm im Schnee liegenden Ast und schwang ihn auf das heran springende Tier.
Krachend schlug der Ast gegen den Schädel des Ragus, dessen Schwung ihn nun über den Rand der Klippe katapultierte. Jaulend, in einer Wolke aus Schnee, fiel der Räuber auf den Fyros zu.
Um nicht von dem zappelnden Tier mitgerissen zu werden schwang dieser im letzten Moment zur Seite. Nehi stöhnte schmerzerfüllt auf. Und wieder rutschten sie ein Stück weiter vor. Der Brustkorb des Mädchens hing nun schon fast ganz über dem Abgrund. Wenn einer von ihnen das Gleichgewicht verlor war alles aus.
Ein zweiter und dritter Ragus erschienen nun neben Cillis. Und von den Geräuschen um ihn herum schätzte er, dass es mindestens noch 5 weitere Räuber waren. Der verzweifelte Junge schwang den Ast wild um sich und hielt so die Tiere zumindest vorerst davon ab ihn an zu springen. Lange würden sie das jedoch nicht durchhalten.
Ein Stoßgebet zu Jena formte sich in Cillis Kopf.
Und wurde erhört.
Etwas knallte schräg hinter seinem Kopf in den Bäumen und ein Schneelawine donnerte herab und begrub einen Teil des Ragus Rudels fast unter sich. Die erschreckten Tiere tauchten in das nahe Unterholz. Noch einmal knallte es direkt neben einem der Ragus und das Tier jaulte kurz auf und lief davon.
Geschrei und Rufe brandeten auf. Und aus dem Wald kam eine Gruppe Kinder gerannt, Äste und Stäbe schwingend. Allen voran Bunis der seinen Laufstab wie eine Keule über dem Kopf hielt und einen Triumphschrei ausstieß als die Ragus Fersengeld gaben. Neben Cillis blieb er stehen, ließ seinen Stab fallen und packte Nehis rechtes Bein. Zwei weitere Jungen fielen neben Nehi in den Schnee und griffen je einen Arm des Fyros. Zwei Mädchen schnappten sich Nehis Wams und zogen daran.
Gemeinsam wuchteten sie den Mann über die Kante des Abgrundes und fielen rittlings in den Schnee.
Schwer atmend lagen sie nebeneinander. Cillis starrte in den Himmel, wo Jenas Krone, der große Ringplanet auf ihn herabblickte. Mit einem male trat Cordesi in sein Blickfeld.
He ihr zwei. Gemütlich da unten? grinste er herab.
Cillis bemerkte das Bunis Arm auf seiner Brust lag. Erschreckt stieß er ihn von sich und ruckte hoch. Nehi hockte links neben ihm und lächelte ihn an. Der Junge spürte deutlich wie das Blut in seinen Ohren rauschte und Hitze in seinem Gesicht aufstieg. Die beiden Mädchen die Nehi geholfen hatten kicherten und Cordesi brach in schallendes Gelächter aus. Dann wurde Cillis mit einem Mal empor gerissen, als sich kräftige Arme um seinen Körper schlangen.
Den Segen der Kami über Euch Kinder !
Der Fyros setze sich Cillis auf die Schultern und begann sich überschwänglich mit ihm auf der Stelle zu drehen und dabei in seiner Sprache zu jubeln und jauchzen. Nehi lachte nun auch und selbst Bunis grinste ein weniger überhebliches Grinsen. Allerdings nahm Cillis nicht viel davon wahr. Ihm war danach in die Schlucht zu springen. Alles um dieser Peinlichkeit zu entkommen.
In Davae war die Überraschung groß, als der kleine Trupp im Laufschritt durch das Stadttor lief. Cillis noch immer auf den Schultern des Fyros, der sie den ganzen Weg über mit Liedern aus seiner Heimat unterhalten hatte und immer wieder den Segen der Kamigeister versprach. Cordesi hatte ihnen unterwegs gezeigt was er getan hatte um die Ragus zu vertreiben. In seinen Taschen verbargen sich eine Schleuder und einige Knallkugeln. Einfache Feuerwerkskörper die mehr Krach machten als alles andere, aber sich gut eigneten um zum Beispiel Schneelawinen auf Ragus herab zu rufen. Oder auf andere Paare, wie er grinsend hinzufügte. Bunis gab zu das es seltsam ausgesehen haben musste als er seinen Partner von ihnen weg zog. Doch hatte er die Ragus im Wald gesehen und erkannt das sie allein kein Chance hätten zu helfen. Somit liefen sie in verschiedene Richtungen um die 2 anderen Paare zur Hilfe zu holen.
Der Dorfobmann kam ihnen entgegen und verlangte zu wissen was passiert sei, das so lang erst kein Paar mehr ankam und dann eine solche Gruppe.
Die Kinder begannen sofort auf ihn ein zu plappern, doch der rothaarige Fyros hob beschwichtigend die Hände und bat mit lauter Stimme um Ruhe.
Diese Kinder haben heute mein Leben gerettet und ich danke Euch dafür, dass ihr diese, wie sie mir berichteten, Tradition Eures Volkes grad heute ausübt.
Er berichtete kurz, in angemessenen Worten was vorgefallen war und betonte den Mut der Kinder. Der Obmann hörte aufmerksam zu und nickte schließlich. Dann griff er in sein Wams und wandte er sich an die Kinder.
Hier sind die roten Bänder. Wer noch weiter nach Avalae will, sollte sich schnellstens eines geben lassen.
Cillis zappelte auf der Schulter des Fyros und dieser setzte ihn schnell ab. Nehi hatte dem Dorfempfänger schon ihren Stab entgegengehalten und nun flatterte dort das rote Band von Davae. Cillis griff den Stab und blieb stehen.
Neben ihnen nahmen Bunis und Cordesi ihr Band in empfang. Dann die zwei Mädchen und zuletzt das Jungenpaar.
Wie ein Homin liefen die jungen Matis nun den Rest der Strecke in einem Pulk und als sie Aavale erreichten, hatten erfahrene Boten sie bereits überholt und die Kunde von ihrer Heldentat war bereits dort angelangt.
Viele Homins hatten sich am Tor versammelt um sie in Empfang zu nehmen. Und als der Dorfintendant die goldenen Bänder verteilte, war die Luft erfüllt von Lachen und Beifall. Als das letzte Paar eintraf, wurde es von vielen Homins aus Yrkanis begleitet die das Ende des Laufes mit ihnen allen feiern wollten.
Schließlich hob der Intendant die Arme und wandte sich an die versammelten Homins.
Matis! Seht diese Kinder, die den Lauf durch den Winter vollendet haben. Sie alle haben bewiesen dass sie Durchhaltevermögen, Stärke und Mut besitzen. Doch einige von ihnen haben in diesem gesegneten Jahr etwas Besonderes vollbracht.
Er hielt kurz inne um die Gruppe um Cillis nach vorn zu winken. Mit vor Aufregung roten Köpfen traten die Kinder vor.
Diese Kinder ließen ihre Stäbe los! donnerte seine Stimme über die Versammelten hinweg. Stille breitete sich aus. Cillis war geschockt. Auch Nehi, Bunis und die Anderen blickten verwirrt.
Sie haben eine Tradition des Laufes gebrochen. Sie alle sind Loslasser.
Er blickte jedes der Kinder ernst an. Dann hob er erneut die Stimme.
Jedoch taten sie das Richtige! Sie handelten im Geiste des Laufes. Sie verstanden seinen Sinn. Ein Leben wurde gerettet, weil diese Kinder das Wichtige und Richtige über einfache Spielregeln stellten und erkannten, dass es galt zusammen zu arbeiten. Als Einheit, als Elite, als Matis!!
Jubel brandete auf und erneut wurden alle Kinder auf Schultern gehoben das wirkliche Fest begann nun endlich.
Inmitten des Trubels fand Cillis schließlich seine Eltern und rannte zu ihnen hinüber. Seine Mutter umarmte ihn überschwänglich und wenn ein Vater noch etwas mehr Stolz in seinen Stand bringen könnte, würde seine Weste sicherlich platzen.
Eine Hand legte sich auch Cillis Schulter.
Nehi und der Fyros Bote standen dort. Nehis Eltern liefen an ihnen vorbei und begrüßten Cillis´s .
Nun ihr Beiden. Ich muss weiter und meinen Auftrag ausführen. Ich schulde euch zweien mein Leben. Ihr wart es die zu erst den Mut aufbrachten mir zu helfen. Dafür danke ich euch. Die Kami mögen euch beschützen.
Wenn ihr jemals nach Pyr kommt, dann fragt nach Collix Becoubs. Das bin ich und ihr seid in meinem Hause auf ewig willkommen.
Virien
Event Management Leanon
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Re: Story-Wettbewerb - Wahl der Community
Vorgeschichte der Silberdrachen
Ich bin ein Geschichtsschreiber und -forscher. Ich reise durch die Regionen Atys, auf der Suche nach Sagen und interessanten Erzählungen. Schon vor längerer Zeit machte ich die Bekanntschaft mit einem Silberdrachen. Eine eindrucksvolle Person, würdevoll und sehr hilfsbereit. Der Name Silberdrache kam schon ein paar mal in meinen teuer erworbenen Schriftstücken vor. So machte ich mich neugierig auf der Suche nach mehr Wissen über sie.
Der Name dieser eindrucksvollen Person ist Magdalena. Sie war die engste Beraterin der Herrin der Silberdrachen. Von Ihr habe ich vieles erfahren und mir wurde es sogar erlaubt einen Blick auf ihre persönlichen Schriftstücke zu werfen. Die aufgeschriebenen Gedanken und Erlebnisse, die sie in ihren jüngsten Jahren hatte, brachten mich sehr viel weiter.
Da die Geschichte so viel Leid beinhaltet, habe ich es versucht nicht aus der Sicht eines Historikers zu schreiben. Unsere Gespräche machten mir sehr viel Spaß und wurde fast süchtig danach. Ich fragte immer nach und öfter ertappte mich beim Gedanken Hoffentlich schmeißt sie mich nicht raus! Sie war sehr zuvorkommend und freundlich. Ihre Erzählungen haben mir aber sehr viel geholfen. So versuchte ich mich in den Situationen einzufühlen. Ich schmückte die Geschichten ein wenig und achtete dennoch darauf, das diese nicht verfälscht werden. Ebenso wichtig war es mir, die Persönlichkeiten so erscheinen zu lassen wie sie, laut den Erzählungen, waren.
Schließlich kann ich nur sagen, es hat mich viel Zeit, Mühe und Dapper gekostet. Die Geschichte der Silberdrachen wird jedem gut gefallen.
Silnae
Diese Geschichte setzt sich zusammen aus den Erzählungen eines kleinen Mädchens, Milona, an Magdalena und ein paar Schriftfetzen die ich auf meinen Wanderungen teuer erworben hatte. Zeitlich gesehen, dürfte diese Ereignis im Jahr 2463 statt gefunden haben.
Opthos, ein kleines Dorf inmitten des Nirgendwo!, so würden die meisten Wanderer diesen Platz beschreiben. Ein paar Zelte geben ein Anzeichen von Leben in dieser verdorrten Umgebung. Dennoch, wenn man sich ihm nähert, kann man viel Bewegung verspüren. Ein kleine Gemeinschaft hatte sich hier im Laufe der Jahre gebildet. Aufgrund der geographischen Begebenheiten, ist das Dorf ein Durchzugsort.
Die Mitte des Dorfes ist durch einen Brunnen gekennzeichnet. Alle haben ihre Zelte und Verkaufsstände um den Brunnen herum aufgestellt. Auf diesem Platz ist reges Treiben zu sehen. Händler haben hier auch ihre Lager aufgeschlagen. Es wird gefeilscht, geredet und es wird gelacht. Neben diese lauten Geräuschen ist aber der Schmied trotzdem nicht zu überhören. Auch ein wohlreichender Duft liegt in der Luft. Es dürfte in der naheliegende Taverne frischen Braten geben. Oder vielleicht was andere, dessen Namen ich nicht mal auszusprechen vermag. Diese Kreaturen die in letzter Zeit das Leben der Homins schwer beeinträchtigen, kommen wie aus dem nichts, sind extrem schnell, dass ein Homin es kaum schafft eine Warnung abzugeben.
Nicht nur Händler haben ihren Weg in diesem Dorf gefunden, sondern auch einige Gelehrte.
An einem ruhigen Tag kam die Wahrsagerin zum Dorfältesten, Tridian. Da sie als eine zuverlässige Quelle und ehrliches Wesen bekannt war und wurde ihr eine Audienz sofort gewährt. Kaum alleine gelassen, fing Mironi an Tridian ihr letzen Traum zu berichten. So sprach sie:
Letzte Nacht bekam ich eine Botschaft. Ich weiß nicht ob die Kami oder Ma-Duk selber diese mir schickten. Habe eine Zeit gebraucht auch zu verstehen was mir gesagt wurde. Somit kam ich zu dir um dies zu berichten. Ein Mädchen wird geboren. Gezeichnet wird sie sein. Und dies werden wir erkennen, sobald sie da ist.
Tridian lauschte gespannt der Erzählung, fragte zugleich ob sie ungefähr wüsste wann dieses Kind geboren würde. Darauf sprach Mironi weiter: Die Sterne stehen günstig und dies wir noch heute nacht passieren.
Tridian brach in lachen aus, als er dies hörte. Meine liebe Mironi, du weißt doch, dass derzeit Ladi, die Frau des Schmiedes, Merllo, die Frau des Hochoffiziers Bartelo und meine eigene Tochter im den Wehen liegen. Und diese Kinder haben es mittlerweile sehr eilig die Welt zu erblicken.
Traurig starrte Mironi ins Nichts, kaum fähig ihre weiteren Worte auszusprechen. Nach einer kurzen Zeit fasste sie ein wenig Mut und sprach weiter.
Ich wage meine Befürchtungen nicht auszusprechen. Dennoch wird das Kind heute Nacht geboren. Nach einer kurzen Pause sprach sie leise weiter. Dieses Kind ist ein Geschenk des Drachens mit besonderen Eigenschaften. Es wird führen, es wird hilfsbereit sein und für die Homin da sein. Es wird versuchen im Namen des Drachens Gutes zu leisten. Und noch etwas sagte er mir! Sie wird nicht dadurch bekannt. Sie ist sterblich sein wie alle anderen, dennoch wird sie einen Begriff ins Leben rufen, an den sich alle erinnern werden. Mein lieber, weiser Tridian, dies ist alles was ich aus meinem Traum deuten konnte. Jedoch hoffe ich, das mir bald Einsicht gewährt wird.
Nach ein paar schweigsamen Minuten verabschiedete sich die Wahrsagerin. Tridian fing an zu grübeln. Das Gespräch lies seine Gedanken nicht los. So setzte er sich hin und schrieb so gut er konnte dieses Erlebnis auf. Was er jedoch im Gespräch nicht preisgab, war das diese Prophezeiung nicht die Erste war. Vor knapp ein Jahr kam die alte Nole zu ihm. Sie war damals die Dorfwahrsagerin. Sie war alt und gebrechlich, aber hatte noch einen wachen Geist. Nole berichtete ihm, das ein Kind geboren würde. Ein Kind, welches unter dem Banner des Drachens kämpfen würde. Die Sterne würden laut dem Drache bald in günstigerer Position stehen. Und wenn es soweit wäre, würde Leid und Glück kommen. Eine weitere Prophezeiung konnte sie nicht mehr überbringen. Denn einen Tag nach dem Gespräch mit Tridian starb sie. So dachte Tridian lange nicht mehr über dieses Erlebnis nach und es war fast als hätte dieses Gespräch nie stattgefunden. Doch Heute konnte er sich so frisch daran erinnern, als wäre es kurz vor dem Treffen mit Mironi passiert.
So vergingen die Stunden. Die Unruhe war in allen Gesichtern zu sehen! Die Dorfbewohner wussten zwar nicht warum, aber alle hatten ein merkwürdiges Gefühl. Etwas würde sehr bald passieren. Eine Veränderung. Die Luft war schwer. Die meisten hatten das Gefühl nicht mehr Atmen zu können. Unheilsschwanger legte sich eine bedrückende Stimmung auf alle. Keiner konnte sich erklären warum dies passierte. So setzten sich die meisten zusammen, schwiegen und warteten auf das was sich so schlimm ankündigte.
Die 3 Frauen litten schwer, hatten alle starke Schmerzen! Für sie schienen die Minuten wie qualvolle Stunden zu vergehen. Um Mitternacht genau wurde ein Mädchen geboren, so wie es prophezeit wurde. Zum Unglück aller, starben die anderen Kinder kurz nach der Geburt und die Mütter konnten sich nur sehr schwer von den schweren Geburtsstunden und dem Verlust erholen. Doch das eine Mädchen war da. Gesund, lebendig und mit einem süßen Lächeln im Gesicht. Zur Freude der Mutter wurde sie ihr in die Arme gelegt. Dennoch konnte sie dies nur kurz genießen. Denn auf einmal tauchte Tridian im Zelt auf. Mit trauriger Miene, besorgt und gezeichnet von Angst. Traurig, weil seine eigene Tochter knapp dem Tod entkommen war und das Kind verloren hatte. Besorgt über das, was mit der Geburt des Mädchens ins Rollen gekommen sein sollte. Das kleine Wesen, welches später eine solch große Bürde und Aufgabe tragen sollte. Und Angst wegen des Leids, welches nun auf das Dorf und auf die Homin einbrechen würde. Er betrachtete das Kind. Das liebliche Wesen mit der süßen kleinen Nase, den kleinen Finger und den großen Augen. Als er es in der Wolldecke einwickeln wollte, sah er es. Dieses Mädchen hatte ein Muttermal in Form eines Drachens auf dem rechten Schulterblatt. Im Mondschein glitzerte es leicht. Eine unbeschreiblich seltsame Form und Farbe.
Die Drachen
Es ist eine Sage, eine Gute-Nacht-Geschichte, die von den Müttern sehr oft ausgeschmückt wurde, die ihren Töchtern zu mehr Mut verhelfen wollten. In den Geschichten, die auf vielfältige weise erzählt wurden, siegte Silnae und schaffte es zusammen mit ihren Drachen über die Regenbogenpforte. Viele Versionen hatte ich gehört, aber nur wenige historische Aufzeichnungen. Magdalena half mir ein wenig Klarheit zu schaffen. Dieses Ereignis fand in der Zeit der Kitin-Invasion statt.
Die Zeit verging und das kleine Kind, Silnae, entwickelte sich zu einem aufgewecktem Mädchen. Sie lernte die Kriegs-, Magie- und Führungskunst. Wobei sie eine angeborenes Geschick besaß, zwischen allen in ihrer Nähe und sich ein Band zu weben. Ein Band der Ehrfurcht, Loyalität und des Vertrauen. Obwohl sie nur ein kleines Mädchen war, verstand sie den Ernst der Lage sehr gut und konnte sichtlich das Leiden aller spüren. Sie war stark, edel, stolz und fähig in allem was sie machte. Egal womit sie sich beschäftigte, die Aufnahmebereitschaft und Lernfähigkeit war erschreckend. So kam bald die Zeit , in der sich die Gelehrten Gedanken darüber machten, was ihr wohl noch beigebracht werden könne.
Im Alter von 18 Jahre musste sie das einsetzen wozu sie geboren worden war.
Eigenartige Kreaturen, Kitin, fingen an, Dörfer und Städte anzugreifen. Diese kamen in großen Herden und metzelten alles nieder, was ihnen unter die Krallen kam. Die Angriffe wurden immer schlimmer.
Silnae wusste lange nicht von der Prophezeiung, dachte aber oft an den Drachen. Es lag an ihrem Fyroserbe dachte sie immer. Die Neugierde, zu wissen wo der Drache sein könnte und nach ihm suchen zu wollen. Auch das Muttermal in Form des Drachens auf ihr Schulterblatt bereitete ihr kein Kopfzerbrechen. Ihr wurde vieles klar, als der alte Tridian ihr von ihrer Geschichte erzählte. Ihr wurde klar, warum sie stundenlang die Gelehrten über den Drachen ausfragte um sich alles bestmöglichst beschreiben ließ.
Silnae hatte zu diesem Zeitpunkt eine beachtliche Anhängerschaft. Sie hatte fünf Freunde die ihr treu ergeben waren. Eine Gruppe, die sie unterstützte und ihr Dasein verstanden. Zwar waren sie alle älter als Silnae, dennoch hatten diese Homin ihr die Treue geschworen.
Von allen wurden sie die Silberdrachen genannt. Da Silver in der alten Sprache Tapferkeit bedeutete, das Wort aber durch die mündliche Überlieferungen und Entwicklung der Schrift zu Silber mutierte. Außerdem reiste Silnae in Begleitung ihrer treuen Anhänger immer unter dem Banner des Drachens.
Zusammen waren sie stark - stärker als drei Dutzend ausgebildete Fyros und geschickter als die Meister. Sei es im Handwerk, in der Kriegskunst oder im Überleben in der Wildnis. Sie waren fähig, mit nichts aufzubrechen und sich sehr schnell mit den Materialien um sich herum das Überlebensnotwendige zu fertigen. Die Arbeit miteinander war schon so stark, das einer nur eine Geste zeigen musste und alle anderen wussten was zu tun ist. Die Trainingszeit wurde aber mit dem Angriff der Kitin beendet. Über das Geschick der Silberdrachen wurde in vielen Regionen und auch anderen Ländern berichtet. So wurde nach ihnen gerufen, um in Kriegszeiten große Heere zu führen. Ein paar Tage nach dem sie zum großen Heer aufgebrochen waren, kam ein Grossangriff über das Dorf nieder. So wurde Opthos von der Erdoberfläche gefegt. Nichts blieb über - kein Mann, keine Frau, kein Kind, kein Stück Vieh. Diese Nachricht erreichte die Drachen sehr spät, so gingen sie mit schweren Herzen ihren Weg weiter. Es gab ja nichts mehr wohin sie hätten hin zurückkehren könnten.
Der Krieg eskalierte. Viele Homin wurden angegriffen und sehr viele von ihnen starben. Lange dauerte es nicht bis die Kami die Portale öffneten, um den Homin eine Fluchtmöglichkeit zu bieten. Dennoch war dieses für die Drachen zu spät. Sie alle fielen im Kampf.
Magdalena
Persönliche Aufzeichnungen von ihr, aber auch Gespräche, die viele meine Missverständnisse klärten, führen dazu diese Geschichte auf diese weise zur erzählen. Ich verfasste es und gab die fertige Version Magdalena zur Verbesserung. Somit sollte diese Geschichte einen ziemlich hohen Wahrheitsgrad haben. Während der Kitininvasion fand dies statt.
Eine hübsche Frau im Alter von ungefähr 25 Jahre, von allen respektiert und sehr angesehen. Ihr Dorf ist auf die Wahrsagerin stolz. Sie hasste es wenn jemand sie Wahrsagerin nannte. Ich bin keine Wahrsagerin, keine Quacksalberin und keine Heuchlerin oder Schwindlerin. Ihr kenn mich doch alle. Ich bin doch nur die Beraterin des Stammesältesten und keine alte Spinnerin! Hört doch bitte auf. entgegnete sie immer. Auch wenn sie wusste, das keiner es jemals böse gemeint hatte. Sie meinte immer ihr Herz würde sprechen, wenn sie Brachina, dem Ältesten, von etwas abriet. Aber sie wusste es besser. Sie hatte eine Gabe. Die Gabe Unglück vorher zu sehen. So wusste sie schon viel früher, das diese Kreaturen angreifen würden. Sie träumte schon als Kind von dem Feuer. Als sie älter wurde, wurden auch die Träume deutlicher und erkannte auch schon den Drachen. Der Ursprung allen Übels. Doch konnte sie keinem etwas davon erzählen. Sie träumte auch von einem Kind. Ein Mädchen war es, welches sie bald besuchen kommen würde. Ein Mädchen welches sie aus dem Dorf bringen würde. Wenn sie da ist, ist alles vorbei.
Die letzten Nächte waren fürchterlich. Immer mehr Alpträume. Außerdem nimmt das Gesicht des Kindes Formen an. Das Ende ist nahe! schreit Magdalena des öfteren, bevor sie aus ihrem Traum wachgerissen wird. Schweißgebadet wandert sie umher und findet Anschließend keinen Schlaf mehr. Soll es jetzt schon soweit sein? Muss sich alles ändern? Diese Fragen und viele andere stellt sich Magdalena in letzter Zeit immer öfter.
Doch eine Frage braucht sie sich nicht mehr stellen. Wer ist das Mädchen. Ein wunderschönes Abbild von ihr hat sie nun im Gedächtnis. Sie ist Abgemagert und ihre Kleider sind zerfetzt. Sie ist müde und verwundet, aber den Weg zu ihr wird sie trotzdem finden. Ihre gelben Löckchen kleben ihr im Gesicht - so ein hübsches Gesicht.
Magdalena wurde auf die Zukunft vorbereitet aber nicht wirklich auf das was ihr demnächst wiederfahren sollte. Aber ein bisschen Ruhe bekam sie, dann die Träume blieben eine Zeit lang aus. Die Kitinangriffe waren bis zu dem Zeitpunkt in dieser Region noch ausgeblieben. Aber viele Flüchtende warnten davor und baten die Bewohner mit ihnen weiterzuziehen. Es waren ein paar dieser Kreaturen gesichtet worden. Aber hier her hatten sie sich noch nicht gewagt. So blieben die meisten Einwohner hier, im Glauben, dieses Dorf sei von den Göttern geschützt. Dennoch zogen auch welche mit den Flüchtenden davon. Denn kann noch so stark der Glaube sein, die Gesichter und die Augen der Flüchtenden sprachen Schreckliches.
Kaum eine Woche später, nach dem letzten qualvollem Traum traf das ein, was sie nicht wahrhaben wollte, das es jemals passieren würde. Am späten Abend sah der Wächter des Dorfes in der Ferne zwei Geschöpfe, die sich dem Dorf zu nähern schienen. Er lief ihnen entgegen. Entsetzten stand auf sein Gesicht. Er fand zwei fast leblose Körper. Es waren zwei Mädchen. Das eine dürfte um die 15 Jahre alt gewesen sein, das andere kaum 5 Jahre älter. Von den Gesichtzügen her schienen sie Geschwister zu sein. Er nahm die zwei Mädchen und trug sie in Dorf zum Heiler. Ihre Verfassung schien sehr schlecht zu sein, dennoch gab der Heiler nicht auf.
Magdalena verspürte die Unruhe und machte sich auf dem Weg zur wirbelnden Gruppe. Die Zwei Mädchen anschauend, wurde ihr fast schlecht. Sie verlor kurzzeitig die Fassung. Wenn Brachina nicht da gewesen wäre um sie zu stützen, wäre Magdalena zusammengebrochen. Er schaute sie besorgt an. Dafür kannte er sie zu gut, um zu wissen das ihre Erklärungen nur eine Täuschung waren.
Seit langem verspürte er diese Unruhe in ihr. Dennoch liebte er sie zu sehr, um sie zu Erklärungen zu zwingen. Doch heute ist es zu schlimm gewesen. So schaute er sie an, so wie er es immer machte wenn er eine Antwort oder ein Rat von ihr haben wollte. Er traute sich nicht so recht all die Fragen zu stellen, die er schon so lange im Herzen trug. Er wusste sie würde ihn lieben, verstand aber nie ,warum sie diese Distanz zu ihm behielt.
Sein fragender Blick gab Magdalena den Rest. Sie fing an zu weinen und verlor wieder mal die Kontrolle über sich. Dies darf nicht passieren! , dachte sie sich. Nach einiger Zeit errang sie wieder die Fassung, schaute ihn liebevoll an und fing zu sprechen. Erzählte ihm vom großen Feuer, von den Kitin, von dem Krieg und vom Ende. Erzählte ihm von dem Mädchen und von ihrem Aufbruch. Er wollte sie weiterhin fragen, doch sie war sehr erschöpft. Magdalena ging mit dem Versprechen ihm auch den Rest zu erzählen. Am nächsten Tag ging sie zum Heiler. Er war verstört und sehr hektisch. Auf die Frage was los sei, antwortete er Sie ist tot!, Magdalena erschrak und ging ins Krankenzelt. Drinnen fand sie das jüngste Mädchen, welches schluchzte. Sie schien aber in einer besseren Verfassung als gestern zu sein. Milona war ihr Name. Und sowohl der Name als auch das Mädchen kam ihr sehr vertraut vor. Ich habe auf dich gewartet, kleines Milona!, sagte sie. Das Mädchen schaute sie mit traurigem Blick an. Erstaunt über die Aussage von Magdalena, hörte sie langsam auf zu weinen.
Milona
Milona, ein kleines Mädchen welches sich kurzzeitig in das Leben von Magdalena schlich, um es ganz durcheinander zu bringen, gab ihr eine gute Darstellung aus der Sicht eines Kindes. Sie kam während der Kitininvasion zu Magdalena, somit dürfte sie in der Zeit von 2473 bis 2481 in Opthos gelebt haben. Magdalena war zu dieser Zeit geplagt von Visionen und Veränderungen. So schrieb sie ihre Gedanken öfter nieder.
Ein aufgewecktes Mädchen im Alter von 9 Jahren, wuchs mir Ehrgeiz und Mut bei ihrer Schwester auf, denn ihre Eltern wurden von Banditen auf einer Reise in eine größere Stadt getötet. Sie wuchs in Opthos auf, trieb sich immer in der Nähe der Gelehrten herum. Sie schnappte jede Bewegung, jeden Zauberspruch und nutzte jede Gelegenheit, die Gelehrten auszufragen. Diese gaben schon recht früh auf, ihr zu trotzen und nahmen sie sogar manchmal mit, wenn sie Anwärter unterrichteten. Sie lernte Silnae kennen und versuchte von ihr alles zu lernen. Milona schlich sogar den Silberdrachen hinterher, die von Silnae geführt wurden, um ihnen alles abzuschauen.
Der Tag kam, an dem Silnae und ihre Gefährten das Dorf verließen. Ophtos blieb zwar nicht schutzlos, dennoch machte sich der Verlust der besten Krieger sehr stark bemerkbar. Die Moral der Dorfbewohner war gesunken und ihr Mut auch. Somit wurden sie am nächsten Tag von den Kitins überrannt. Ohne gute Führung konnten sie leider den Kitin nicht die Stirn bieten. Als Milona und ihre Schwester die Aussichtslosigkeit sahen, flüchteten sie zusammen mit ein paar, die noch laufen konnten. Sie liefen und liefen, einfach weg von dem Dorf. Das Geschrei der verwundeten Dorfbewohner und das unbegreifliche Geräusch der Kitin war immer noch in ihren Ohren. Die Kitin ließen keinen am leben. War ein Homin verletzt, am Boden liegend, wurde er trotzdem von den wilden Bestien angegriffen, so lange bis sich nichts mehr rührte.
Auf der Flucht mussten sie öfter Kitin und anderen aggressiven Geschöpfen ausweichen. Die Ausbildung, welche Milona genossen hatte, kam ihr jetzt sehr zu Gute. Dennoch wurde die Gruppe immer kleiner und kleiner. Nach ein paar Tagen waren es nur mehr Milona und ihre Schwester, die sich nur noch schleppend vorwärts bewegten. Ihre Schwester hatte bei der letzten Begegnung mit einer großen Varinx schwere Verletzungen erlitten. Milona war selber erschöpft und ihr Wissen reichte leider nicht aus, um ihrer Schwester zu helfen. So bewegten sie sich immer weiter, bis zu dem Tag, als sie das erste mal wieder Rauch aufsteigend sahen. Beim Anblick dessen und dem Gedanken wieder Homin zu erblicken, brachen die zwei erschöpft zusammen.
Milona wachte auf. Nach der Lichtintensität zu urteilen, dürfte es um die Mittagsstunde sein. Hunger und Durst verspürte sie schon lange nicht mehr. Dennoch fehlte etwas. Die Anwesenheit ihrer Schwester fehlte ihr. Ihre Wärme und ihre aufmunternden Worte. Sie blickte sich um. Sie war in einem Krankenzelt. Die Utensilien und der Geruch kam ihr vertraut vor. Sie fing an zu weinen. Sie ahnte schreckliches, da der nächstgelegene Liegeplatz leer war. Es schien bis vor kurzem benutzt worden zu sein. Auf dem Kissen fand sie einen vertrauten Gegenstand. Es war ein Schmuckstück ihrer Schwester. Ein Bernstein in Form einer Drachenkralle, welcher an ein Lederschnur gebunden war.
Der Zelteingang ging auf. Das Licht blendete Milona so stark, das sie die Hand schützend vor die Augen hielt. Eine Frau kam rein. Ich habe auf dich gewartet, kleines Milona!, sagte sie. Sie starrte die Frau an. Nach einer Weile fing Milona an zu erzählen. Sie erzählte der Frau, Magdalena, über ihren harten Weg, über den grauenvollen Angriff der Kitin, über Opthos und den Silberdrachen. Erschöpft schlief sie zur späten Stunde in den Armen von Magdalena ein. Am nächsten Tag war Magdalena an der Reihe ihr den Grund zu erzählen, warum sie Milona erwartete.
Magdalena erzählte ihr, das sie erst letzte Nacht die letzte Botschaft empfangen hatte. Sie sei von Ma-Duk begünstigt und aus dem Grund hatte sie auch des öfteren Träume die ihr das Bevorstehende vorhersagten. Daher wusste sie auch von Milonas Ankunft, aber leider nichts genaueres. Letzte Nacht aber hatte sie wieder einen Traum gehabt. Ihr wurde im Traum berichtet, dass Silnae und ihre Gefährten gefallen sind. Ihre Seelen aber fänden keine Ruhe und suchten sich die nächsten würdigen Silberdrachen. Magdalena hatte nun die Aufgabe, sich auf die Suche zu machen um diese zu finden.
Milona wurde von Magdalena zur Regenbogenpforte geführt, die von den Kami aufgestellt wurde, um den Homins eine Fluchtmöglichkeit zu geben. Mit Tränen in den Augen, wieder jemand vertrautes zu verlieren, starrte sie Magdalena an. Sie griff zu der Kette ihrer Schwester, welche sie um den Hals hängen hatte und legte sie ab. Sie konnte ihr Anblick von Magdalena nicht loslasen. Am liebsten wäre sie bei ihr geblieben, doch bei ihr war es zu gefährlich. Und ihre Aufgabe war hier nur getan. Milona nahm Magdalenas Hand und legte die Kette vorsichtig hinein. Dich werde ich vermissen, liebe Magdalena. Aber als Zeichen meiner Freundschaft zu dir, schenke ich dir das was mir am Wertvollsten ist.
Milona blickte zur Seite, fuhr aber fort dies ist mir genau so wichtig, wie du mir inzwischen geworden bist. Es tut mir weh, dich nicht mehr in meiner Nähe haben zu können.
Magdalena war selber verstört, denn sie hatte inzwischen auch das Mädchen lieb gewonnen. Sie hatte nie Geschwister, dennoch wurde Milona für sie die kleine Schwester. Die Kette entgegen zu nehmen tat ihr auch sehr weh, ebenso die Worte die Milona gerade ausgesprochen hatte. Sie umarmte das Mädchen fest, nahm die Kette und sagte meine kleine Milona, wir werden uns wieder sehen. Doch jetzt ist es an der Zeit die Pforte zu durchschreiten.
Magdalena blickte kurz in den Augen des kleinen Mädchens und verabschiedete sich mit den Worten geh meine Kleine! Möge Ma-Duk dir immer zur Seite stehen und dir immer den rechten Weg zeigen!
Sie drehte sich um, winkte kurz und ging.
Jharin
Persönliche Aufzeichnungen Magdalenas aus dem Flüchtlingsinsel:
#29
Ich bin nun schon seit Jahren auf der Suche, bin verzweifelt. Ah großer Ma-Duk hilf mir sie zu finden. Ich brauche ein Hinweis, egal wie klein. Vor kurzem traf ich diese Gildenherrin. Jharin war ihr Name. Sie schien mir vertraut zu sein. Aber sie hat das Zeichen nicht. Dennoch. Diese Unruhe in ihrer Nähe. Meine Gedanken sind mir unklar. Ich bitte um Hilfe, werde aber nicht erhört. Soll diese Aufgabe eine Prüfung sein? Muss ich mich dir noch mehr Bewähren? Ich bin nicht mehr die jüngste. Die einfachsten Aufgaben zu bewältigen fallen mir langsam schwerer.
#31
Heute durfte ich Jharin bei der Jagd begleiten. Ich bin mir fast sicher. Ihr Mut, ihr Auftreten, ihre Ausstrahlung ist diejenigen eines Drachens. Sie muss es sein. Sie wird die neue Silberdrachengruppe führen. Ich werde versuchen mit ihr zu reden. Doch würde sie mir glauben? Ich bin eine alte Frau, wird sie mir Glauben schenken?
#32
Ich sprach sie Heute an. Ob sie etwas von den Drachen wüßte. Über die Legende. Ich erzählte ihr die Geschichte der Silberdrachen. Alles was mir das kleine Mädchen mir in den jungen Jahren erzählte. Ah wie oft denke ich noch an die süße Milona. Meine kleine Schwester. Wie ich sie vermisse. Jharin schien sehr an meinen Geschichten interessiert zu sein. Als wüsste sie etwas. Sie fragte mich neugierig aus. Über die Drachen, über den Drachen. Jharin ist noch jung und unerfahren, dennoch sehr Geschickt. Wie gut dass ich früh genug angefangen hatte diese Aufzeichnungen zu machen. Mein Gedächtnis ist nicht mehr das Beste, aber jedes nachgelesene Wort bringt viele Erinnerungen zum Vorschein.
Doch sind diese Erinnerungen auch mit sehr viel Schmerz verbunden. Habe vieles verdrängt und einiges sollte lieber noch verborgen bleiben.
Magdalena schrieb viel auf der Flüchtlingsinsel. Diese Schriftstücke durfte ich lesen und sogar ein Teil für meine Ausführungen übernehmen. Ich wählte nur ein paar raus, damit ich einen besseren Überblick über die Zweifel, Entscheidungen und Handeln Magdalenas geben kann. Ich bin nur ein Historiker und kein Romanschreiber, daher fragte ich auch Personen in Pyr aus. So genießt diese Kurzgeschichte über Jharins Auf- und Abstieg.
Magdalena verbrachte sehr viel zeit mit dieser jungen Dame, Jharin. Sie trug in sich den "Geist" der Drachen. Ihr Edelmut, ihr Handel, ihre Ausdrucksweise verkörperte das was die Drachen einst ausmachten. Lange sprach Magdalena mit ihr, erzählte von den Silberdrachen, von ihren Taten und das was von ihnen blieb. Sie erzählte von der Entstehung der neuen Drachen und dass Jharin diese anführen solle. Jharin hatte auch gründlich und lange nachgedacht. Eines Tages ging sie zu Magdalena und frage sie:
"Liebe Magdalena. Willst du die Beraterin der Herrin der Silberdrachen sein?", und zeigte gleichzeitig ein Schriftstück der die Entstehung der Drachen bezeugte. Magdalena war wie von Sinnen. Sollte sie es endlich geschafft haben? War ihre Aufgabe nun endlich beendet?
"Ich bin nicht die, die du suchst meine liebe Magdalena. Dennoch werde ich dir helfen die Silberdrachen aufzubauen und sollte Silnae zurückkommen, so werde ich ihr mein Platz überlassen. Lass uns gemeinsam diese Flüchtlingsinsel verlassen und in Pyr neu beginnen."
Jharin hatte sehr lange darüber nachgedacht. Jetzt hatte ihr Leben einen Sinn. Jetzt hat sie ein Ziel. Sie würde die Silberdrachen aufleben lassen, sie stark machen und für Silnae vorbereiten. So verlies Jharin, zusammen mit Magdalena die Insel um in Pyr neu anzufangen. Sie hatten einen langen Weg vor sich, doch im Aufbau hatte sie viel Erfahrung. Mit dem Wissen über die Drachen und diesem Vorbild machte sie sich ans Werk. Sie rekrutierte fähige Homin, bildete sie aus. Die Gilde war eher klein, dennoch schafften sie es in kürzester Zeit, sich selbst versorgen zu können und Dapper für ein Gildenhaus zu verdienen. Die Zeit verging und Drachen wurden stark und angesehen. Immer mehr hatten das Interesse beizutreten. So kam eines Tages Kayla mit einem neuen Mädchen zu mir. Magdalena fand sie im Flüchtlingslager und schickte sie zu uns. Lynie war ihr Name. Sie war verängstigt, unerfahren aber voller Tatendrang. Beim Herstellen von Sachen war sie dennoch geschickt.
Jharin ging weiter ihrer Arbeit nach, bildete die neuen Drachen aus und hatte viel Spaß bei den Abenteuern die sie zusammen überstanden. Zusammen, das ist das richtige Wort. Ein Zusammenhalt hatte die Gruppe schon und alle Drachen wuchsen.
Jharin wurde aber mit der Zeit immer ruhiger und zog sich immer mehr zurück. Sie hatte es gesehen. Schon so früh. Lynie hatte es am Schulterblatt. Dieses Muttermal, dieses Zeichen im Form eines Drachens. Es wird sich alles ändern. Sie betraute Kayla mit der weiteren Ausbildung von Lynie und ging selber immer weniger auf die Jagd mit der Gruppe. Sie verfolgte mit größtem Interesse die Entwicklung der Drachen, mischte sich aber nur noch selten ein. Dafür gab es einen Grund.
Magdalena kam eines Abends Jharin besuchen: "Du hast es gesehen meine Liebe, nicht wahr?"
Jharin konnte ihr Blick nicht erwidern. "Ich dachte nicht, dass es so früh kommen sollte. Es schmerzt mich gehen zu müssen."
Magdalena schaute Jharin an "Aber du hast aus diesem Grund die Silberdrachen wieder ins Leben gerufen. Und sie hat noch viel zu lernen, bevor sie deinen Platz einnehmen kann."
Jharin fing langsam an zu weinen "Doch habe ich alle so stark ins Herz geschlossen. Dass Silnae so bald auftaucht, daran dachte ich nie."
Magdalena seufzte, ging zu Jharin und nahm sie in den Arm, sprach dann leise und ruhig weiter "Wissen die anderen es schon?"
Jharin konnte nicht gleich auf diese Frage antworten, versuchte aber sich langsam zu fangen.
"Sicherlich haben die anderen das Muttermal gesehen, dennoch denke ich nicht, dass die anderen wissen was es damit auf sich hat. Ich werde demnächst Lynie und Ayronil zu Offizieren ernennen."
"Weise Entscheidung meine Liebe", sagte Magdalena, "so kann sie lernen einen Vorbild für die Drachen zu sein. Aber das bedeutet auch, dass auch du dich mit Ihr beschäftigen musst. Das wird dir noch mehr wehtun."
Nach einer kurzen Pause fragte sie dann "Wirst du das schaffen?"
Es wurde still im Raum. Nur noch das Schluchzen Jharins war leise zu hören. Stunden vergingen, während Jharin immer noch in Magdalenas Umarmung verharrte. Magdalena war inzwischen die wichtigste Stütze für Jharin. So wird sie viel mehr verlieren als nur die Drachen. Doch es war ihre Entscheidung, ihre Bestimmung. "Ich werde mein bestes Geben, liebe Magdalena", war leise von Jharin zu hören.
So entwickelte sich alles langsam wie eine Prophezeiung. Was keiner wusste war, dass dies Lynies Prophezeiung war. Jharin baute die Drachen auf um diese dann Lynie zu übergeben, die den Geist Silnae verkörperte. Lynie wurde Offizier, gemeinsam mit Ayronil und später Gildenherrin. Die Silberdrachen konnten Jharin nicht genau begreifen, waren aber mit dem neuen Oberhaupt zufrieden. Doch der Trennschmerz waren auf alle Seiten groß.
Die Silberdrachen zu Pyr
Jetzt bin ich am Ende meiner Ausführungen angekommen. Vieles habe ich noch gelesen. Die kalten, feuchten und dunklen Archivräume der Stadt habe ich auch lange besucht. Dennoch bin ich der Überzeugung, dass all diese Geschichten neu zusammen zu fassen eine Schande wäre. Die Silberdrachen haben in ihren Leseräumen genug über ihre eigene, jetzige Geschichte gesammelt. Es geht um Erfahrungen die sie gemacht haben - Aufnahmeprotokolle, die ihre Traditionen widerspiegeln - und viele andere Ausführungen. Diese stehen allen offen, so bitte ich jeden einzelnen von euch, falls euer Wissen über die Silberdrachen noch nicht gestillt ist, so geht hin, lernt sie kennen und lest was sie zu bieten haben.
Ich bin ein Geschichtsschreiber und -forscher. Ich reise durch die Regionen Atys, auf der Suche nach Sagen und interessanten Erzählungen. Schon vor längerer Zeit machte ich die Bekanntschaft mit einem Silberdrachen. Eine eindrucksvolle Person, würdevoll und sehr hilfsbereit. Der Name Silberdrache kam schon ein paar mal in meinen teuer erworbenen Schriftstücken vor. So machte ich mich neugierig auf der Suche nach mehr Wissen über sie.
Der Name dieser eindrucksvollen Person ist Magdalena. Sie war die engste Beraterin der Herrin der Silberdrachen. Von Ihr habe ich vieles erfahren und mir wurde es sogar erlaubt einen Blick auf ihre persönlichen Schriftstücke zu werfen. Die aufgeschriebenen Gedanken und Erlebnisse, die sie in ihren jüngsten Jahren hatte, brachten mich sehr viel weiter.
Da die Geschichte so viel Leid beinhaltet, habe ich es versucht nicht aus der Sicht eines Historikers zu schreiben. Unsere Gespräche machten mir sehr viel Spaß und wurde fast süchtig danach. Ich fragte immer nach und öfter ertappte mich beim Gedanken Hoffentlich schmeißt sie mich nicht raus! Sie war sehr zuvorkommend und freundlich. Ihre Erzählungen haben mir aber sehr viel geholfen. So versuchte ich mich in den Situationen einzufühlen. Ich schmückte die Geschichten ein wenig und achtete dennoch darauf, das diese nicht verfälscht werden. Ebenso wichtig war es mir, die Persönlichkeiten so erscheinen zu lassen wie sie, laut den Erzählungen, waren.
Schließlich kann ich nur sagen, es hat mich viel Zeit, Mühe und Dapper gekostet. Die Geschichte der Silberdrachen wird jedem gut gefallen.
Silnae
Diese Geschichte setzt sich zusammen aus den Erzählungen eines kleinen Mädchens, Milona, an Magdalena und ein paar Schriftfetzen die ich auf meinen Wanderungen teuer erworben hatte. Zeitlich gesehen, dürfte diese Ereignis im Jahr 2463 statt gefunden haben.
Opthos, ein kleines Dorf inmitten des Nirgendwo!, so würden die meisten Wanderer diesen Platz beschreiben. Ein paar Zelte geben ein Anzeichen von Leben in dieser verdorrten Umgebung. Dennoch, wenn man sich ihm nähert, kann man viel Bewegung verspüren. Ein kleine Gemeinschaft hatte sich hier im Laufe der Jahre gebildet. Aufgrund der geographischen Begebenheiten, ist das Dorf ein Durchzugsort.
Die Mitte des Dorfes ist durch einen Brunnen gekennzeichnet. Alle haben ihre Zelte und Verkaufsstände um den Brunnen herum aufgestellt. Auf diesem Platz ist reges Treiben zu sehen. Händler haben hier auch ihre Lager aufgeschlagen. Es wird gefeilscht, geredet und es wird gelacht. Neben diese lauten Geräuschen ist aber der Schmied trotzdem nicht zu überhören. Auch ein wohlreichender Duft liegt in der Luft. Es dürfte in der naheliegende Taverne frischen Braten geben. Oder vielleicht was andere, dessen Namen ich nicht mal auszusprechen vermag. Diese Kreaturen die in letzter Zeit das Leben der Homins schwer beeinträchtigen, kommen wie aus dem nichts, sind extrem schnell, dass ein Homin es kaum schafft eine Warnung abzugeben.
Nicht nur Händler haben ihren Weg in diesem Dorf gefunden, sondern auch einige Gelehrte.
An einem ruhigen Tag kam die Wahrsagerin zum Dorfältesten, Tridian. Da sie als eine zuverlässige Quelle und ehrliches Wesen bekannt war und wurde ihr eine Audienz sofort gewährt. Kaum alleine gelassen, fing Mironi an Tridian ihr letzen Traum zu berichten. So sprach sie:
Letzte Nacht bekam ich eine Botschaft. Ich weiß nicht ob die Kami oder Ma-Duk selber diese mir schickten. Habe eine Zeit gebraucht auch zu verstehen was mir gesagt wurde. Somit kam ich zu dir um dies zu berichten. Ein Mädchen wird geboren. Gezeichnet wird sie sein. Und dies werden wir erkennen, sobald sie da ist.
Tridian lauschte gespannt der Erzählung, fragte zugleich ob sie ungefähr wüsste wann dieses Kind geboren würde. Darauf sprach Mironi weiter: Die Sterne stehen günstig und dies wir noch heute nacht passieren.
Tridian brach in lachen aus, als er dies hörte. Meine liebe Mironi, du weißt doch, dass derzeit Ladi, die Frau des Schmiedes, Merllo, die Frau des Hochoffiziers Bartelo und meine eigene Tochter im den Wehen liegen. Und diese Kinder haben es mittlerweile sehr eilig die Welt zu erblicken.
Traurig starrte Mironi ins Nichts, kaum fähig ihre weiteren Worte auszusprechen. Nach einer kurzen Zeit fasste sie ein wenig Mut und sprach weiter.
Ich wage meine Befürchtungen nicht auszusprechen. Dennoch wird das Kind heute Nacht geboren. Nach einer kurzen Pause sprach sie leise weiter. Dieses Kind ist ein Geschenk des Drachens mit besonderen Eigenschaften. Es wird führen, es wird hilfsbereit sein und für die Homin da sein. Es wird versuchen im Namen des Drachens Gutes zu leisten. Und noch etwas sagte er mir! Sie wird nicht dadurch bekannt. Sie ist sterblich sein wie alle anderen, dennoch wird sie einen Begriff ins Leben rufen, an den sich alle erinnern werden. Mein lieber, weiser Tridian, dies ist alles was ich aus meinem Traum deuten konnte. Jedoch hoffe ich, das mir bald Einsicht gewährt wird.
Nach ein paar schweigsamen Minuten verabschiedete sich die Wahrsagerin. Tridian fing an zu grübeln. Das Gespräch lies seine Gedanken nicht los. So setzte er sich hin und schrieb so gut er konnte dieses Erlebnis auf. Was er jedoch im Gespräch nicht preisgab, war das diese Prophezeiung nicht die Erste war. Vor knapp ein Jahr kam die alte Nole zu ihm. Sie war damals die Dorfwahrsagerin. Sie war alt und gebrechlich, aber hatte noch einen wachen Geist. Nole berichtete ihm, das ein Kind geboren würde. Ein Kind, welches unter dem Banner des Drachens kämpfen würde. Die Sterne würden laut dem Drache bald in günstigerer Position stehen. Und wenn es soweit wäre, würde Leid und Glück kommen. Eine weitere Prophezeiung konnte sie nicht mehr überbringen. Denn einen Tag nach dem Gespräch mit Tridian starb sie. So dachte Tridian lange nicht mehr über dieses Erlebnis nach und es war fast als hätte dieses Gespräch nie stattgefunden. Doch Heute konnte er sich so frisch daran erinnern, als wäre es kurz vor dem Treffen mit Mironi passiert.
So vergingen die Stunden. Die Unruhe war in allen Gesichtern zu sehen! Die Dorfbewohner wussten zwar nicht warum, aber alle hatten ein merkwürdiges Gefühl. Etwas würde sehr bald passieren. Eine Veränderung. Die Luft war schwer. Die meisten hatten das Gefühl nicht mehr Atmen zu können. Unheilsschwanger legte sich eine bedrückende Stimmung auf alle. Keiner konnte sich erklären warum dies passierte. So setzten sich die meisten zusammen, schwiegen und warteten auf das was sich so schlimm ankündigte.
Die 3 Frauen litten schwer, hatten alle starke Schmerzen! Für sie schienen die Minuten wie qualvolle Stunden zu vergehen. Um Mitternacht genau wurde ein Mädchen geboren, so wie es prophezeit wurde. Zum Unglück aller, starben die anderen Kinder kurz nach der Geburt und die Mütter konnten sich nur sehr schwer von den schweren Geburtsstunden und dem Verlust erholen. Doch das eine Mädchen war da. Gesund, lebendig und mit einem süßen Lächeln im Gesicht. Zur Freude der Mutter wurde sie ihr in die Arme gelegt. Dennoch konnte sie dies nur kurz genießen. Denn auf einmal tauchte Tridian im Zelt auf. Mit trauriger Miene, besorgt und gezeichnet von Angst. Traurig, weil seine eigene Tochter knapp dem Tod entkommen war und das Kind verloren hatte. Besorgt über das, was mit der Geburt des Mädchens ins Rollen gekommen sein sollte. Das kleine Wesen, welches später eine solch große Bürde und Aufgabe tragen sollte. Und Angst wegen des Leids, welches nun auf das Dorf und auf die Homin einbrechen würde. Er betrachtete das Kind. Das liebliche Wesen mit der süßen kleinen Nase, den kleinen Finger und den großen Augen. Als er es in der Wolldecke einwickeln wollte, sah er es. Dieses Mädchen hatte ein Muttermal in Form eines Drachens auf dem rechten Schulterblatt. Im Mondschein glitzerte es leicht. Eine unbeschreiblich seltsame Form und Farbe.
Die Drachen
Es ist eine Sage, eine Gute-Nacht-Geschichte, die von den Müttern sehr oft ausgeschmückt wurde, die ihren Töchtern zu mehr Mut verhelfen wollten. In den Geschichten, die auf vielfältige weise erzählt wurden, siegte Silnae und schaffte es zusammen mit ihren Drachen über die Regenbogenpforte. Viele Versionen hatte ich gehört, aber nur wenige historische Aufzeichnungen. Magdalena half mir ein wenig Klarheit zu schaffen. Dieses Ereignis fand in der Zeit der Kitin-Invasion statt.
Die Zeit verging und das kleine Kind, Silnae, entwickelte sich zu einem aufgewecktem Mädchen. Sie lernte die Kriegs-, Magie- und Führungskunst. Wobei sie eine angeborenes Geschick besaß, zwischen allen in ihrer Nähe und sich ein Band zu weben. Ein Band der Ehrfurcht, Loyalität und des Vertrauen. Obwohl sie nur ein kleines Mädchen war, verstand sie den Ernst der Lage sehr gut und konnte sichtlich das Leiden aller spüren. Sie war stark, edel, stolz und fähig in allem was sie machte. Egal womit sie sich beschäftigte, die Aufnahmebereitschaft und Lernfähigkeit war erschreckend. So kam bald die Zeit , in der sich die Gelehrten Gedanken darüber machten, was ihr wohl noch beigebracht werden könne.
Im Alter von 18 Jahre musste sie das einsetzen wozu sie geboren worden war.
Eigenartige Kreaturen, Kitin, fingen an, Dörfer und Städte anzugreifen. Diese kamen in großen Herden und metzelten alles nieder, was ihnen unter die Krallen kam. Die Angriffe wurden immer schlimmer.
Silnae wusste lange nicht von der Prophezeiung, dachte aber oft an den Drachen. Es lag an ihrem Fyroserbe dachte sie immer. Die Neugierde, zu wissen wo der Drache sein könnte und nach ihm suchen zu wollen. Auch das Muttermal in Form des Drachens auf ihr Schulterblatt bereitete ihr kein Kopfzerbrechen. Ihr wurde vieles klar, als der alte Tridian ihr von ihrer Geschichte erzählte. Ihr wurde klar, warum sie stundenlang die Gelehrten über den Drachen ausfragte um sich alles bestmöglichst beschreiben ließ.
Silnae hatte zu diesem Zeitpunkt eine beachtliche Anhängerschaft. Sie hatte fünf Freunde die ihr treu ergeben waren. Eine Gruppe, die sie unterstützte und ihr Dasein verstanden. Zwar waren sie alle älter als Silnae, dennoch hatten diese Homin ihr die Treue geschworen.
Von allen wurden sie die Silberdrachen genannt. Da Silver in der alten Sprache Tapferkeit bedeutete, das Wort aber durch die mündliche Überlieferungen und Entwicklung der Schrift zu Silber mutierte. Außerdem reiste Silnae in Begleitung ihrer treuen Anhänger immer unter dem Banner des Drachens.
Zusammen waren sie stark - stärker als drei Dutzend ausgebildete Fyros und geschickter als die Meister. Sei es im Handwerk, in der Kriegskunst oder im Überleben in der Wildnis. Sie waren fähig, mit nichts aufzubrechen und sich sehr schnell mit den Materialien um sich herum das Überlebensnotwendige zu fertigen. Die Arbeit miteinander war schon so stark, das einer nur eine Geste zeigen musste und alle anderen wussten was zu tun ist. Die Trainingszeit wurde aber mit dem Angriff der Kitin beendet. Über das Geschick der Silberdrachen wurde in vielen Regionen und auch anderen Ländern berichtet. So wurde nach ihnen gerufen, um in Kriegszeiten große Heere zu führen. Ein paar Tage nach dem sie zum großen Heer aufgebrochen waren, kam ein Grossangriff über das Dorf nieder. So wurde Opthos von der Erdoberfläche gefegt. Nichts blieb über - kein Mann, keine Frau, kein Kind, kein Stück Vieh. Diese Nachricht erreichte die Drachen sehr spät, so gingen sie mit schweren Herzen ihren Weg weiter. Es gab ja nichts mehr wohin sie hätten hin zurückkehren könnten.
Der Krieg eskalierte. Viele Homin wurden angegriffen und sehr viele von ihnen starben. Lange dauerte es nicht bis die Kami die Portale öffneten, um den Homin eine Fluchtmöglichkeit zu bieten. Dennoch war dieses für die Drachen zu spät. Sie alle fielen im Kampf.
Magdalena
Persönliche Aufzeichnungen von ihr, aber auch Gespräche, die viele meine Missverständnisse klärten, führen dazu diese Geschichte auf diese weise zur erzählen. Ich verfasste es und gab die fertige Version Magdalena zur Verbesserung. Somit sollte diese Geschichte einen ziemlich hohen Wahrheitsgrad haben. Während der Kitininvasion fand dies statt.
Eine hübsche Frau im Alter von ungefähr 25 Jahre, von allen respektiert und sehr angesehen. Ihr Dorf ist auf die Wahrsagerin stolz. Sie hasste es wenn jemand sie Wahrsagerin nannte. Ich bin keine Wahrsagerin, keine Quacksalberin und keine Heuchlerin oder Schwindlerin. Ihr kenn mich doch alle. Ich bin doch nur die Beraterin des Stammesältesten und keine alte Spinnerin! Hört doch bitte auf. entgegnete sie immer. Auch wenn sie wusste, das keiner es jemals böse gemeint hatte. Sie meinte immer ihr Herz würde sprechen, wenn sie Brachina, dem Ältesten, von etwas abriet. Aber sie wusste es besser. Sie hatte eine Gabe. Die Gabe Unglück vorher zu sehen. So wusste sie schon viel früher, das diese Kreaturen angreifen würden. Sie träumte schon als Kind von dem Feuer. Als sie älter wurde, wurden auch die Träume deutlicher und erkannte auch schon den Drachen. Der Ursprung allen Übels. Doch konnte sie keinem etwas davon erzählen. Sie träumte auch von einem Kind. Ein Mädchen war es, welches sie bald besuchen kommen würde. Ein Mädchen welches sie aus dem Dorf bringen würde. Wenn sie da ist, ist alles vorbei.
Die letzten Nächte waren fürchterlich. Immer mehr Alpträume. Außerdem nimmt das Gesicht des Kindes Formen an. Das Ende ist nahe! schreit Magdalena des öfteren, bevor sie aus ihrem Traum wachgerissen wird. Schweißgebadet wandert sie umher und findet Anschließend keinen Schlaf mehr. Soll es jetzt schon soweit sein? Muss sich alles ändern? Diese Fragen und viele andere stellt sich Magdalena in letzter Zeit immer öfter.
Doch eine Frage braucht sie sich nicht mehr stellen. Wer ist das Mädchen. Ein wunderschönes Abbild von ihr hat sie nun im Gedächtnis. Sie ist Abgemagert und ihre Kleider sind zerfetzt. Sie ist müde und verwundet, aber den Weg zu ihr wird sie trotzdem finden. Ihre gelben Löckchen kleben ihr im Gesicht - so ein hübsches Gesicht.
Magdalena wurde auf die Zukunft vorbereitet aber nicht wirklich auf das was ihr demnächst wiederfahren sollte. Aber ein bisschen Ruhe bekam sie, dann die Träume blieben eine Zeit lang aus. Die Kitinangriffe waren bis zu dem Zeitpunkt in dieser Region noch ausgeblieben. Aber viele Flüchtende warnten davor und baten die Bewohner mit ihnen weiterzuziehen. Es waren ein paar dieser Kreaturen gesichtet worden. Aber hier her hatten sie sich noch nicht gewagt. So blieben die meisten Einwohner hier, im Glauben, dieses Dorf sei von den Göttern geschützt. Dennoch zogen auch welche mit den Flüchtenden davon. Denn kann noch so stark der Glaube sein, die Gesichter und die Augen der Flüchtenden sprachen Schreckliches.
Kaum eine Woche später, nach dem letzten qualvollem Traum traf das ein, was sie nicht wahrhaben wollte, das es jemals passieren würde. Am späten Abend sah der Wächter des Dorfes in der Ferne zwei Geschöpfe, die sich dem Dorf zu nähern schienen. Er lief ihnen entgegen. Entsetzten stand auf sein Gesicht. Er fand zwei fast leblose Körper. Es waren zwei Mädchen. Das eine dürfte um die 15 Jahre alt gewesen sein, das andere kaum 5 Jahre älter. Von den Gesichtzügen her schienen sie Geschwister zu sein. Er nahm die zwei Mädchen und trug sie in Dorf zum Heiler. Ihre Verfassung schien sehr schlecht zu sein, dennoch gab der Heiler nicht auf.
Magdalena verspürte die Unruhe und machte sich auf dem Weg zur wirbelnden Gruppe. Die Zwei Mädchen anschauend, wurde ihr fast schlecht. Sie verlor kurzzeitig die Fassung. Wenn Brachina nicht da gewesen wäre um sie zu stützen, wäre Magdalena zusammengebrochen. Er schaute sie besorgt an. Dafür kannte er sie zu gut, um zu wissen das ihre Erklärungen nur eine Täuschung waren.
Seit langem verspürte er diese Unruhe in ihr. Dennoch liebte er sie zu sehr, um sie zu Erklärungen zu zwingen. Doch heute ist es zu schlimm gewesen. So schaute er sie an, so wie er es immer machte wenn er eine Antwort oder ein Rat von ihr haben wollte. Er traute sich nicht so recht all die Fragen zu stellen, die er schon so lange im Herzen trug. Er wusste sie würde ihn lieben, verstand aber nie ,warum sie diese Distanz zu ihm behielt.
Sein fragender Blick gab Magdalena den Rest. Sie fing an zu weinen und verlor wieder mal die Kontrolle über sich. Dies darf nicht passieren! , dachte sie sich. Nach einiger Zeit errang sie wieder die Fassung, schaute ihn liebevoll an und fing zu sprechen. Erzählte ihm vom großen Feuer, von den Kitin, von dem Krieg und vom Ende. Erzählte ihm von dem Mädchen und von ihrem Aufbruch. Er wollte sie weiterhin fragen, doch sie war sehr erschöpft. Magdalena ging mit dem Versprechen ihm auch den Rest zu erzählen. Am nächsten Tag ging sie zum Heiler. Er war verstört und sehr hektisch. Auf die Frage was los sei, antwortete er Sie ist tot!, Magdalena erschrak und ging ins Krankenzelt. Drinnen fand sie das jüngste Mädchen, welches schluchzte. Sie schien aber in einer besseren Verfassung als gestern zu sein. Milona war ihr Name. Und sowohl der Name als auch das Mädchen kam ihr sehr vertraut vor. Ich habe auf dich gewartet, kleines Milona!, sagte sie. Das Mädchen schaute sie mit traurigem Blick an. Erstaunt über die Aussage von Magdalena, hörte sie langsam auf zu weinen.
Milona
Milona, ein kleines Mädchen welches sich kurzzeitig in das Leben von Magdalena schlich, um es ganz durcheinander zu bringen, gab ihr eine gute Darstellung aus der Sicht eines Kindes. Sie kam während der Kitininvasion zu Magdalena, somit dürfte sie in der Zeit von 2473 bis 2481 in Opthos gelebt haben. Magdalena war zu dieser Zeit geplagt von Visionen und Veränderungen. So schrieb sie ihre Gedanken öfter nieder.
Ein aufgewecktes Mädchen im Alter von 9 Jahren, wuchs mir Ehrgeiz und Mut bei ihrer Schwester auf, denn ihre Eltern wurden von Banditen auf einer Reise in eine größere Stadt getötet. Sie wuchs in Opthos auf, trieb sich immer in der Nähe der Gelehrten herum. Sie schnappte jede Bewegung, jeden Zauberspruch und nutzte jede Gelegenheit, die Gelehrten auszufragen. Diese gaben schon recht früh auf, ihr zu trotzen und nahmen sie sogar manchmal mit, wenn sie Anwärter unterrichteten. Sie lernte Silnae kennen und versuchte von ihr alles zu lernen. Milona schlich sogar den Silberdrachen hinterher, die von Silnae geführt wurden, um ihnen alles abzuschauen.
Der Tag kam, an dem Silnae und ihre Gefährten das Dorf verließen. Ophtos blieb zwar nicht schutzlos, dennoch machte sich der Verlust der besten Krieger sehr stark bemerkbar. Die Moral der Dorfbewohner war gesunken und ihr Mut auch. Somit wurden sie am nächsten Tag von den Kitins überrannt. Ohne gute Führung konnten sie leider den Kitin nicht die Stirn bieten. Als Milona und ihre Schwester die Aussichtslosigkeit sahen, flüchteten sie zusammen mit ein paar, die noch laufen konnten. Sie liefen und liefen, einfach weg von dem Dorf. Das Geschrei der verwundeten Dorfbewohner und das unbegreifliche Geräusch der Kitin war immer noch in ihren Ohren. Die Kitin ließen keinen am leben. War ein Homin verletzt, am Boden liegend, wurde er trotzdem von den wilden Bestien angegriffen, so lange bis sich nichts mehr rührte.
Auf der Flucht mussten sie öfter Kitin und anderen aggressiven Geschöpfen ausweichen. Die Ausbildung, welche Milona genossen hatte, kam ihr jetzt sehr zu Gute. Dennoch wurde die Gruppe immer kleiner und kleiner. Nach ein paar Tagen waren es nur mehr Milona und ihre Schwester, die sich nur noch schleppend vorwärts bewegten. Ihre Schwester hatte bei der letzten Begegnung mit einer großen Varinx schwere Verletzungen erlitten. Milona war selber erschöpft und ihr Wissen reichte leider nicht aus, um ihrer Schwester zu helfen. So bewegten sie sich immer weiter, bis zu dem Tag, als sie das erste mal wieder Rauch aufsteigend sahen. Beim Anblick dessen und dem Gedanken wieder Homin zu erblicken, brachen die zwei erschöpft zusammen.
Milona wachte auf. Nach der Lichtintensität zu urteilen, dürfte es um die Mittagsstunde sein. Hunger und Durst verspürte sie schon lange nicht mehr. Dennoch fehlte etwas. Die Anwesenheit ihrer Schwester fehlte ihr. Ihre Wärme und ihre aufmunternden Worte. Sie blickte sich um. Sie war in einem Krankenzelt. Die Utensilien und der Geruch kam ihr vertraut vor. Sie fing an zu weinen. Sie ahnte schreckliches, da der nächstgelegene Liegeplatz leer war. Es schien bis vor kurzem benutzt worden zu sein. Auf dem Kissen fand sie einen vertrauten Gegenstand. Es war ein Schmuckstück ihrer Schwester. Ein Bernstein in Form einer Drachenkralle, welcher an ein Lederschnur gebunden war.
Der Zelteingang ging auf. Das Licht blendete Milona so stark, das sie die Hand schützend vor die Augen hielt. Eine Frau kam rein. Ich habe auf dich gewartet, kleines Milona!, sagte sie. Sie starrte die Frau an. Nach einer Weile fing Milona an zu erzählen. Sie erzählte der Frau, Magdalena, über ihren harten Weg, über den grauenvollen Angriff der Kitin, über Opthos und den Silberdrachen. Erschöpft schlief sie zur späten Stunde in den Armen von Magdalena ein. Am nächsten Tag war Magdalena an der Reihe ihr den Grund zu erzählen, warum sie Milona erwartete.
Magdalena erzählte ihr, das sie erst letzte Nacht die letzte Botschaft empfangen hatte. Sie sei von Ma-Duk begünstigt und aus dem Grund hatte sie auch des öfteren Träume die ihr das Bevorstehende vorhersagten. Daher wusste sie auch von Milonas Ankunft, aber leider nichts genaueres. Letzte Nacht aber hatte sie wieder einen Traum gehabt. Ihr wurde im Traum berichtet, dass Silnae und ihre Gefährten gefallen sind. Ihre Seelen aber fänden keine Ruhe und suchten sich die nächsten würdigen Silberdrachen. Magdalena hatte nun die Aufgabe, sich auf die Suche zu machen um diese zu finden.
Milona wurde von Magdalena zur Regenbogenpforte geführt, die von den Kami aufgestellt wurde, um den Homins eine Fluchtmöglichkeit zu geben. Mit Tränen in den Augen, wieder jemand vertrautes zu verlieren, starrte sie Magdalena an. Sie griff zu der Kette ihrer Schwester, welche sie um den Hals hängen hatte und legte sie ab. Sie konnte ihr Anblick von Magdalena nicht loslasen. Am liebsten wäre sie bei ihr geblieben, doch bei ihr war es zu gefährlich. Und ihre Aufgabe war hier nur getan. Milona nahm Magdalenas Hand und legte die Kette vorsichtig hinein. Dich werde ich vermissen, liebe Magdalena. Aber als Zeichen meiner Freundschaft zu dir, schenke ich dir das was mir am Wertvollsten ist.
Milona blickte zur Seite, fuhr aber fort dies ist mir genau so wichtig, wie du mir inzwischen geworden bist. Es tut mir weh, dich nicht mehr in meiner Nähe haben zu können.
Magdalena war selber verstört, denn sie hatte inzwischen auch das Mädchen lieb gewonnen. Sie hatte nie Geschwister, dennoch wurde Milona für sie die kleine Schwester. Die Kette entgegen zu nehmen tat ihr auch sehr weh, ebenso die Worte die Milona gerade ausgesprochen hatte. Sie umarmte das Mädchen fest, nahm die Kette und sagte meine kleine Milona, wir werden uns wieder sehen. Doch jetzt ist es an der Zeit die Pforte zu durchschreiten.
Magdalena blickte kurz in den Augen des kleinen Mädchens und verabschiedete sich mit den Worten geh meine Kleine! Möge Ma-Duk dir immer zur Seite stehen und dir immer den rechten Weg zeigen!
Sie drehte sich um, winkte kurz und ging.
Jharin
Persönliche Aufzeichnungen Magdalenas aus dem Flüchtlingsinsel:
#29
Ich bin nun schon seit Jahren auf der Suche, bin verzweifelt. Ah großer Ma-Duk hilf mir sie zu finden. Ich brauche ein Hinweis, egal wie klein. Vor kurzem traf ich diese Gildenherrin. Jharin war ihr Name. Sie schien mir vertraut zu sein. Aber sie hat das Zeichen nicht. Dennoch. Diese Unruhe in ihrer Nähe. Meine Gedanken sind mir unklar. Ich bitte um Hilfe, werde aber nicht erhört. Soll diese Aufgabe eine Prüfung sein? Muss ich mich dir noch mehr Bewähren? Ich bin nicht mehr die jüngste. Die einfachsten Aufgaben zu bewältigen fallen mir langsam schwerer.
#31
Heute durfte ich Jharin bei der Jagd begleiten. Ich bin mir fast sicher. Ihr Mut, ihr Auftreten, ihre Ausstrahlung ist diejenigen eines Drachens. Sie muss es sein. Sie wird die neue Silberdrachengruppe führen. Ich werde versuchen mit ihr zu reden. Doch würde sie mir glauben? Ich bin eine alte Frau, wird sie mir Glauben schenken?
#32
Ich sprach sie Heute an. Ob sie etwas von den Drachen wüßte. Über die Legende. Ich erzählte ihr die Geschichte der Silberdrachen. Alles was mir das kleine Mädchen mir in den jungen Jahren erzählte. Ah wie oft denke ich noch an die süße Milona. Meine kleine Schwester. Wie ich sie vermisse. Jharin schien sehr an meinen Geschichten interessiert zu sein. Als wüsste sie etwas. Sie fragte mich neugierig aus. Über die Drachen, über den Drachen. Jharin ist noch jung und unerfahren, dennoch sehr Geschickt. Wie gut dass ich früh genug angefangen hatte diese Aufzeichnungen zu machen. Mein Gedächtnis ist nicht mehr das Beste, aber jedes nachgelesene Wort bringt viele Erinnerungen zum Vorschein.
Doch sind diese Erinnerungen auch mit sehr viel Schmerz verbunden. Habe vieles verdrängt und einiges sollte lieber noch verborgen bleiben.
Magdalena schrieb viel auf der Flüchtlingsinsel. Diese Schriftstücke durfte ich lesen und sogar ein Teil für meine Ausführungen übernehmen. Ich wählte nur ein paar raus, damit ich einen besseren Überblick über die Zweifel, Entscheidungen und Handeln Magdalenas geben kann. Ich bin nur ein Historiker und kein Romanschreiber, daher fragte ich auch Personen in Pyr aus. So genießt diese Kurzgeschichte über Jharins Auf- und Abstieg.
Magdalena verbrachte sehr viel zeit mit dieser jungen Dame, Jharin. Sie trug in sich den "Geist" der Drachen. Ihr Edelmut, ihr Handel, ihre Ausdrucksweise verkörperte das was die Drachen einst ausmachten. Lange sprach Magdalena mit ihr, erzählte von den Silberdrachen, von ihren Taten und das was von ihnen blieb. Sie erzählte von der Entstehung der neuen Drachen und dass Jharin diese anführen solle. Jharin hatte auch gründlich und lange nachgedacht. Eines Tages ging sie zu Magdalena und frage sie:
"Liebe Magdalena. Willst du die Beraterin der Herrin der Silberdrachen sein?", und zeigte gleichzeitig ein Schriftstück der die Entstehung der Drachen bezeugte. Magdalena war wie von Sinnen. Sollte sie es endlich geschafft haben? War ihre Aufgabe nun endlich beendet?
"Ich bin nicht die, die du suchst meine liebe Magdalena. Dennoch werde ich dir helfen die Silberdrachen aufzubauen und sollte Silnae zurückkommen, so werde ich ihr mein Platz überlassen. Lass uns gemeinsam diese Flüchtlingsinsel verlassen und in Pyr neu beginnen."
Jharin hatte sehr lange darüber nachgedacht. Jetzt hatte ihr Leben einen Sinn. Jetzt hat sie ein Ziel. Sie würde die Silberdrachen aufleben lassen, sie stark machen und für Silnae vorbereiten. So verlies Jharin, zusammen mit Magdalena die Insel um in Pyr neu anzufangen. Sie hatten einen langen Weg vor sich, doch im Aufbau hatte sie viel Erfahrung. Mit dem Wissen über die Drachen und diesem Vorbild machte sie sich ans Werk. Sie rekrutierte fähige Homin, bildete sie aus. Die Gilde war eher klein, dennoch schafften sie es in kürzester Zeit, sich selbst versorgen zu können und Dapper für ein Gildenhaus zu verdienen. Die Zeit verging und Drachen wurden stark und angesehen. Immer mehr hatten das Interesse beizutreten. So kam eines Tages Kayla mit einem neuen Mädchen zu mir. Magdalena fand sie im Flüchtlingslager und schickte sie zu uns. Lynie war ihr Name. Sie war verängstigt, unerfahren aber voller Tatendrang. Beim Herstellen von Sachen war sie dennoch geschickt.
Jharin ging weiter ihrer Arbeit nach, bildete die neuen Drachen aus und hatte viel Spaß bei den Abenteuern die sie zusammen überstanden. Zusammen, das ist das richtige Wort. Ein Zusammenhalt hatte die Gruppe schon und alle Drachen wuchsen.
Jharin wurde aber mit der Zeit immer ruhiger und zog sich immer mehr zurück. Sie hatte es gesehen. Schon so früh. Lynie hatte es am Schulterblatt. Dieses Muttermal, dieses Zeichen im Form eines Drachens. Es wird sich alles ändern. Sie betraute Kayla mit der weiteren Ausbildung von Lynie und ging selber immer weniger auf die Jagd mit der Gruppe. Sie verfolgte mit größtem Interesse die Entwicklung der Drachen, mischte sich aber nur noch selten ein. Dafür gab es einen Grund.
Magdalena kam eines Abends Jharin besuchen: "Du hast es gesehen meine Liebe, nicht wahr?"
Jharin konnte ihr Blick nicht erwidern. "Ich dachte nicht, dass es so früh kommen sollte. Es schmerzt mich gehen zu müssen."
Magdalena schaute Jharin an "Aber du hast aus diesem Grund die Silberdrachen wieder ins Leben gerufen. Und sie hat noch viel zu lernen, bevor sie deinen Platz einnehmen kann."
Jharin fing langsam an zu weinen "Doch habe ich alle so stark ins Herz geschlossen. Dass Silnae so bald auftaucht, daran dachte ich nie."
Magdalena seufzte, ging zu Jharin und nahm sie in den Arm, sprach dann leise und ruhig weiter "Wissen die anderen es schon?"
Jharin konnte nicht gleich auf diese Frage antworten, versuchte aber sich langsam zu fangen.
"Sicherlich haben die anderen das Muttermal gesehen, dennoch denke ich nicht, dass die anderen wissen was es damit auf sich hat. Ich werde demnächst Lynie und Ayronil zu Offizieren ernennen."
"Weise Entscheidung meine Liebe", sagte Magdalena, "so kann sie lernen einen Vorbild für die Drachen zu sein. Aber das bedeutet auch, dass auch du dich mit Ihr beschäftigen musst. Das wird dir noch mehr wehtun."
Nach einer kurzen Pause fragte sie dann "Wirst du das schaffen?"
Es wurde still im Raum. Nur noch das Schluchzen Jharins war leise zu hören. Stunden vergingen, während Jharin immer noch in Magdalenas Umarmung verharrte. Magdalena war inzwischen die wichtigste Stütze für Jharin. So wird sie viel mehr verlieren als nur die Drachen. Doch es war ihre Entscheidung, ihre Bestimmung. "Ich werde mein bestes Geben, liebe Magdalena", war leise von Jharin zu hören.
So entwickelte sich alles langsam wie eine Prophezeiung. Was keiner wusste war, dass dies Lynies Prophezeiung war. Jharin baute die Drachen auf um diese dann Lynie zu übergeben, die den Geist Silnae verkörperte. Lynie wurde Offizier, gemeinsam mit Ayronil und später Gildenherrin. Die Silberdrachen konnten Jharin nicht genau begreifen, waren aber mit dem neuen Oberhaupt zufrieden. Doch der Trennschmerz waren auf alle Seiten groß.
Die Silberdrachen zu Pyr
Jetzt bin ich am Ende meiner Ausführungen angekommen. Vieles habe ich noch gelesen. Die kalten, feuchten und dunklen Archivräume der Stadt habe ich auch lange besucht. Dennoch bin ich der Überzeugung, dass all diese Geschichten neu zusammen zu fassen eine Schande wäre. Die Silberdrachen haben in ihren Leseräumen genug über ihre eigene, jetzige Geschichte gesammelt. Es geht um Erfahrungen die sie gemacht haben - Aufnahmeprotokolle, die ihre Traditionen widerspiegeln - und viele andere Ausführungen. Diese stehen allen offen, so bitte ich jeden einzelnen von euch, falls euer Wissen über die Silberdrachen noch nicht gestillt ist, so geht hin, lernt sie kennen und lest was sie zu bieten haben.
Virien
Event Management Leanon
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Re: Story-Wettbewerb - Wahl der Community
LS-Story
[...]Nun ist eine neue Ära für die Weisen und Tapferen angebrochen, um die Zügel des Ehrgeizes in die Hand zu nehmen, einen Weg für eine neue Ordnung zu bahnen, die Risse zwischen den Kontinenten zu überbrücken und das Schicksal ihrer Zivilisationen neu zu schmieden. Dies ist meine größte Hoffnung, denn in der Einigkeit werden wir am besten gefeit sein, um dem Strom des Bösen entgegenzutreten. [...]
Elias Tryton im Jahre 2525
Ankunft
Es waren viele, viele Tage vergangen seit Shannon die Reise zu den Regenbögen begonnen hatte. So viele, kaum mehr zählbare Tage des morgendlichen aufrappelns und weiterstapfens. Das Bezwingen unendlicher Gefahren und überwinden unwegsamer Pfade. All die Strapazen, die er und die kleine Gruppe seines Dorfes hatten über sich ergehen lassen, waren der Preis für die Hoffnung auf eine bessere Welt. Viele waren gestorben. Doch der Glaube an die Worte des Heiligen des Feuers hielten die Gemeinschaft zusammen, schweißten sie zu einer neuen Familie, und wer seine Angehörigen verlor, ergab sich nicht der Trauer, wusste man sich doch in der Gemeinschaft aufgehoben.
Auch mit dem noch jungen Shannon hatte das Schicksal keine Gnade gehabt. Eines Tages hatte eine wilde Herde Kipees die Gruppe überfallen, und bis man sie zurückgedrängt hatte, waren ihren scharfen Klingenartigen Beinen schon ein Dutzend Homins zum Opfer gefallen. Unter anderem seine Eltern. Seitdem kümmerte sich ein altes Tryker Ehepaar um ihn, als sei er ihr Enkel. Doch nicht nur sie, auch die restlichen Anwesenden versuchten ihr möglichstes um die Reise, trotz aller schlimmen Zeiten, zu einem freudigen Ereignis zu machen.
Nun endlich war es soweit, der Regenbogen war erreicht, die Tore zu den neuen Landen lagen vor ihnen. Unberührt, wild, gefahrvoll, aber vor allem ein neuer Anfang und der erste Schritt in eine neue Freiheit. Shannon trat auf den Regenbogen zu, und buntes Licht durchströmte ihn. Es kribbelte auf seiner Haut, kitzelte an seiner Nase und eine kaum merkliche Brise wehte durch seine Kleider.
Ein Fremder in dunklen Gewändern trat auf die Gruppe zu und verneigte sich kurz. Anschließend fragte er nach dem Leiter der Gruppe und ein älterer Matis trat vor. Seine gebeugte Gestalt zeugte von den langen und harten Märschen, doch sein langes Haar, seine glänzenden Augen und sein Schritt verrieten ungebrochenen Lebenswillen. Eine kurze Unterredung folgte, in welcher der Matis auf die Gemeinschaft wies, anschließend weit ausholte und eifrig auf den Fremden einredete.
Shannon fürchtete sich vor der unheimlichen, dunklen Gestalt. Sie wirkte so befremdlich, so anders als sie. Als ihr Blick durch die Gruppe schweifte, überlief ihn ein eiskalter Schauer. Schnell huschte er hinter den Rücken seines "Onkels", wie er seinen neuen Vormund zu nennen pflegte. Dieser griff nach seinem Arm und drückte ihn fest. Es war nur eine kleine Geste des Mutes, doch sie reichte um den jungen Fyros vor dem Ausreißen zu bewahren. Er schielte über die Schulter des alten Trykers auf die Unterredung, die gerade zu einem Ende zu kommen schien. Der Fremde wies auf den Regenbogen zu, erläuterte noch kurz etwas und danach verließ er die Gruppe. So schnell wie er erschienen war, verschwand er in den farbigen Schatten.
Als er seinen Blick von den leeren Schatten abwandte in denen die Gestalt verschwunden war, erblickte er das Gesicht des alten Matis. Es sah kummervoll aus.
Die Reise hatte ihren letzten Schritt erreicht.
Die Landung kam unerwartet. Es folgte ein starker Schmerz, als wäre das Innere nach außen gekehrt worden. Shannon war übel, ihm war elend. Nur nach und nach beruhigte er sich. Von seinen Adoptiveltern war nichts zu sehen. Nur Fyros befanden sich um ihn herum, auf dem heißen, sandigen Boden.
"Schau einmal. Schau was für ein Land wir geschenkt bekommen haben.", wandte sich einer von ihnen an Shannon. " Auf, schlucke deinen Schmerz hinunter und sieh diese Pracht."
Shannon stand auf und tat wie ihm geheißen, auch wenn es beinahe mehr Kraft kostete als er aufbringen konnte. Dann jedoch waren für einige Sekunden alle Sorgen vergessen. Eine Oase breitete sich um sie herum aus. Ein kristallklarer See lag in ihrer Mitte und wilde Palmen wuchsen um seine Ufer. Rings herum lag eine riesige Wüste. Weiter im Norden schien sich die Sonne an so etwas wie einem Gebirge zu brechen. Wonnige Wärme durchfloss seinen Körper und Sonnenstrahlen brachten ihn zum niesen. Es war das Paradies. Zweifelsohne war er geradewegs in das Paradies gelangt.
Dann sah er am Ufer des Sees einige Gestalten sitzen. Es waren Angehörige seines Volkes. Voller Unglauben weiteten sich seine Augen. Sollten sie nicht die ersten sein die dieses Land betreten? Waren etwa schon andere vor ihnen angekommen? Kaum zu glauben. Sie mussten eine Fata Morgana sein. Doch er wollte sicher gehen. Leichten Fußes rannte er auf die kleine Gruppe zu und schon bald war er bei ihnen. Es waren zwei Männer und drei Frauen. Alle waren sie stattlich gekleidet und bewaffnet. Sie schauten ihn mit freudigen Augen an und eine der Frauen bot ihm ein Stück Mektoubfleisch an.
"Komm, setz dich zu uns. Wir tun dir schon nichts."
Zuerst zögerte er, doch dann überwog seine Neugier und die Faszination vor den Fremden seines Volkes, die so seltsam anzuschauen waren. Begierig griff er nach dem Fleischstück und schlang es herunter, sehr zur Belustigung der anderen. Langsam näherte sich auch der Rest der Ankömmlinge.
"Erzählt, wo kommt ihr her? Wer seid ihr? Was treibt euch hierher?"
riefen vereinzelte Stimmen.Die fünfe blickten sich an, schienen einen stillen Dialog zu führen und schließlich stand einer der Männer auf. Seine Rüstung glitzerte in der Mittagssonne und sein gewaltiger Zweihänder hing auf seinem Rücken als wiege er nichts. Die Gestalt wirkte auf Shannon wie ein Held aus all seinen Kindergeschichten. Er hob den Arm, und die Gespräche verstummten. Eine kurze Weile wartete er noch, sah jeden einzelnen an und begann danach, mit einer tiefen, melodischen Stimme, zu sprechen.
"Willkommen Homins. Willkommen in Atys. Wir heißen unsere Brüder und Schwestern willkommen in der neuen Welt. Ihr alle habt viele Gefahren hinter euch gebracht um hierher zu kommen. Wir wissen, dass ihr von treuen Freunden Abschied nehmen musstet.
Was uns hierher treibt? Was unser Begehr ist? Nun, das ist leicht gesagt.
Wir sind hier um euch den Weg zu weisen in die neue Heimat unseres Volkes. Bestimmt habt ihr alle schon das Gebirge dort hinter uns gesehen. Dies ist unsere neue Heimat. Und, so eure Füße euch denn dorthin tragen, auch bald eure. Wir werden euch leiten und dafür sorgen, dass eure Reise sicher sein möge.
Wisset denn, der Heilige des Feuers sprach zu uns, dass wir den Weg bereiten sollen für die Homins, und das ist unser Ziel. Wir stellen uns den Kitins entgegen, um ihrer Bedrohung Einhalt zu gebieten. Wir stellen uns ihnen entgegen, für euch und jenen die euch folgen. Doch ebenso stellen wir uns ihnen entgegen damit wir die alten Wege beschreiten können um zu unseren neuen Verwandten zu gelangen. Die alten Konflikte sind mit der alten Welt verloren gegangen. Nun ist es an der Zeit eine neue Ära einzuleiten. Eine Ära des Zusammenhalts. Wir folgen den Worten des Heiligen und beschreiten seinen Weg. Wenige sind bislang mit uns, doch unser Eifer ist groß, unser Wille stark und unsere Kraft ungebrochen. Wir sind der Anfang Einer Gilde, die den Kitins das fürchten lehren wird.
Wir sind die Lost Seraphym!"
Shannon war hin und weg von diesen Worten. Die Begleiter des Mannes standen nun wie eine Feste der Zuversicht, so dass man nicht anders konnte als an ihre Mission zu glauben.
Die letzte Etappe ihrer Reise hatte begonnen.
Während sie gingen konnte Shannon die Umgebung betrachten. Überall sah er sprühendes Leben. Kleintiere flitzten umher, aufgescheucht von den Schritten der Gruppe, verbargen sich unter Steinen oder rannten schlicht über die nächste Düne.
Dann betrachtete er den Rücken des Mannes. Auf dem Mantel den er trug war ein merkwürdiges Symbol eingebrannt. Es glich einem Vogel.
Dieses Symbol war in ein Wappen gebettet, das in Grün und schwarzen Tönen gehalten war. Shannon konnte sich keinen Reim darauf machen, was es zu bedeuten hatte und was es darstellen sollte.
Der Hüne nahm den Mantel ab und betrachtete im gehen das Symbol, als hätte er Shannons Gedanken gelesen.
"Das, mein kleiner tapferer Homin ist das Symbol unserer Gilde. Es zeigt den Heiligen des Feuers. Es ist weiß gehalten, um seine Macht und seine Reinheit auszudrücken. Das schwarze symbolisiert das Nichts aus dem er gekommen ist und das grün zeigt die Welt, die wir schaffen werden.
Wie auch wir steht es für die Einigkeit der Homins in Atys."
Befriedigt mit der Antwort setzte Shannon seinen Weg fort, nun neben dem Krieger gehend. Dabei sann er über die vergangenen Tage nach. Den Verlust seiner Eltern, den Verlust seiner Freunde.
"Werde ich meinen Onkel und meine Tante jemals wiedersehen? Sie sind Tryker und waren plötzlich nicht mehr bei uns."
"Das verspreche ich dir. Solange wir leben und atmen werden wir dafür kämpfen, dass wir Homins in Freiheit leben können. Sei unbesorgt.
Sei stark. Siehst du? Wir sind da."
Nachdem er die Gruppe in ein Tal geführt hatte blieb er stehen.
Seine Lippen formten die drei Wörter, die noch lange Zeit in den Köpfen der Reisenden nachhallen würden:
"Ihr seid zuhause."
Die Zusammenkunft
Vorwort und Anrede der Authorin
Seid gegrüßt Fremder. Shamera werde ich gerufen, zur Historie bin ich berufen. Ich wurde in die alten Chroniken dieses Bundes eingeweiht und in den alten Traditionen unterwiesen, die für diese Vereinigung standen. Ich bewahre alles Wissen um sie. Lasst mich euch heute davon erzählen wie der weitere Fortgang war, nachdem die ersten Pioniere ankamen.
Lange Zeit kämpften die Lost Seraphym gegen die Bedrohungen, die damals einen jeden Tag alles daran setzten den Pionieren das Leben zu erschweren. Die gemeinsame Botschaft der Gilde schwebte in vieler Homins Köpfen und so kämpfte man Seite an Seite mit alten Feinden, um dem Bösen Einhalt zu gebieten. Es war die Blüte der Gilde, diese schwere Zeit. So gnadenlos und dunkel sie einerseits war, um so heller strahlten doch in diesen Tagen Heldentum und Wagemut. Manches wurde vollbracht, wovon wir heute noch ehrfurchtvoll in die Knie gehen würden. Ohne festes Heim, ohne Kunde der Lande und noch wenig an der Zahl standen sie dennoch aufrecht wie Könige und fochten besser als es heute so mancher vermag. Und in all dem brannte der Stern der Lost Seraphym wie ein loderndes Feuer. Die Idee jener Fünfe, ihr streben wurde von vielen aufgegriffen und das Wappen wehte auf so mancher Fahne.
Doch je heller das Licht, desto dunkler ist auch der Schatten. Was hell loderte rief viele Neider und anderes Gewürm hervor. Mit jedem Tag wurden es derer mehr und schon bald bemächtigte sich ein Schatten unserer tapfrer Vorfahren, der sie kurz darauf verschlingen sollte. Die Details erspare ich euch heute abend, ist es doch genug Stoff für eine eigene Geschichte. Nur soviel sei gesagt: Man sorgte dafür, das die Lost Seraphym an Ansehen verlor und so keiner mehr da war, der die Nachkommenschaft sicherte. So verlosch das Feuer der Seraphym und sie verschwand von der Oberfläche Atys. Fast.
Nur einige wenige noch hielten an der Wahrheit fest und überlebten den Niedergang. Sie konnten nicht mehr als Einheit auftreten, doch im Geiste waren sie stets verbunden. Alles was ihnen zu tun blieb war, zu beobachten, zu sammeln und zu erinnern. Doch schon bald waren auch diese wenigen verschwunden. Der Alltag erstickte, was Heimtücke und Niedertracht nicht geschafft hatten.
Doch eine Seele blieb den Idealen treu. Eine Seele überdauerte die langen Tage der Schwärze und des Vergessens. Ihr erinnert euch an den jungen Homin, der derart berührt war von den Worten des einen Seraphym? Shannon war sein Name, er war wirklich noch jung, doch sein Verstand war schon damals mit außergewöhnlicher Schärfe gesegnet. Es dauerte nicht lange, und er fand seinen Weg in die Reihen der Gilde und dort auch seinen Platz. Ohne Familie aufgewachsen fand er schließlich, was ihn tief in seinem Herzen zerriss. Er fand Frieden, ausreichen Material um seinen Verstand zu schärfen und schließlich auch Glück. Seine Arbeit als Historiker brachte dem Bund viel Wissen ein und, was noch wichtiger wog, sie ermöglichte das es an die jüngeren weitergegeben werden konnte.
Als sein Glück ihm eine Tochter gebar, glaubte er sich als den glücklichsten Homin Atys. Dies war ungefähr zu der Zeit, als der Niedergang der Gilde begann. Er verbarg sich und entging so den Häschern, zog im stillen seine Tochter groß und lehrte sie von Kindesbeinen an, was er niedergeschrieben und gelernt hatte. Es vergingen drei Generationen, in denen so das Wissen weitergegeben wurde. Shannon selbst lehrte noch seine Enkel das alte Wissen, doch dann rief ihn die Erde und er verging im Feuer, alt an Jahren, weise wie nur wenige und glücklich, seinen größten Schatz gerettet zu haben.
Ihr habt Recht. Shannon war mein Urahn. Leider konnte ich ihn nicht mehr erleben, wobei mir meine Mutter noch heute erzählt, er habe mich noch in Armen gehalten. Meine Lehrerin war seine Enkelin, meine Mutter. Doch sie hatte schon mit der Muttermilch die Worte und Gesänge zu sich genommen, das es manchmal so wirkte als habe sie mit all jenen Gestalten von damals gefochten und gelebt.
Pyr
Ankunft in Pyr und Gründung der Gilde
Nachdem ich also mein Heimatland verlassen hatte, jene kleine geborgene Insel, auf der sich noch heute meine Eltern, alt und gebrechlich geworden, verstecken, stand ich vor der riesigen, wenn auch noch ein wenig zerfallenen Pracht Pyrs. Damals war es ein nichts im Vergleich zu dem was Pyr heute darstellt. Es glich damals einem Friedhof, einer Gruft, während es heute der brodelnde Herd ungezählter Leben und Spezies ist. Doch zurück zu den Anfängen. So stand ich also dort, neben mir meine getreuen Begleiter (Erläuterungen siehe Geschichten des Anfangs Band 1, Kapitel Begegnungen). Zuvorderst stand Gultaran, mit dem mich ein spezielles Band verknüpfte, das heute zwar vergangen ist, doch damals Grundlage meiner Energie war. Es ist, als stünde ich noch heute an jener Stelle, so genau sehe ich uns alle dort stehen. Ich sehe Gultarans Rüstung in der heißen Wüstensonne blitzen und sein Schwert, das er lässig über die Schulter gewuchtet hatte, glich einem zu Gestalt erstarrtem Sonnenstrahl. Direkt neben mir, stand meine beste Freundin, Begleiterin seit vielen Jahren und stets treue Seele. Hotokee war wie immer in ihre neuesten Kreationen gekleidet, die sie mir ein jedes Mal voller Stolz präsentierte. Ich glaube, ich vertraute niemandem so oft mein Leben an wie ihr und ich wurde nie enttäuscht. Ihre Künste zu heilen sind phänomenal. Tisc, schon damals der aufstrebende, eifrige Kerl als der er schon bald uns alle in seinem Schatten stehen lassen sollte, stand ein wenig abseits, so als wolle er direkt die Stadt verlassen um die Wüste zu erforschen. Seine Kräfte waren schon jetzt mächtiger als die von uns allen. Thorgun, erst seit kurzem in unserem kleinen Bunde, erkundete gerade die Hallen des Palastes und ab und zu konnte man seine Kleider umherflattern sehen. Er war stets einer der ersten der alles gesehen haben musste. So genossen wir also die ersten Strahlen der Sonne, die zu sehen meine Eltern nie die Gelegenheit haben würden. Es war schön in jener Zeit, Pyr erwachte in einigen ersten zarten Zügen aus seinem Todähnlichen Schlaf und wir, damals noch nicht mehr als eine Handvoll Freunde mit dem Willen diese neue alte Welt zu erkunden, waren auf dem Wege, sie mithilfe der anderen Homins, zu unserer eigenen zu machen. Es war diese Pionierstimmung, die uns mit der Welt um uns herum, den Homins um uns und allem überhaupt verband. Wir waren eins mit allem und es herrschte Frieden in uns.
Es dauerte nicht lange, bis wir die Pläne unserer Zukunft in eine Richtung gelenkt hatten und schon alsbald schritten wir vereint zu den Mächtigen Pyrs, um dort, im Schatten jenes gigantischen Palastgebäudes, unseren Namen und unsere Mission an jene weiterzugeben, die herrschten. Wir standen in der riesigen Empfangshalle und als Gultaran unseren Namen verkündete, sich selbst als unserem Führer benannte und mich als seine Stellvertreterin, da war unser aller Herz ergriffen und unsere Augen mit Tränen des Stolzes erfüllt. Es war der Tag an dem die Lost Seraphym als Bund bestätigt wurden und von dem an wir unsere Mission, unseren Glauben und unsere Hilfe in alle vier Länder Atys tragen sollten.
Es war ein Glorreicher Tag, seit dem eine Unmenge geschehen ist. Es gibt viel zu berichten, es gibt viel niederzuschreiben. Doch mein Leben bietet mir nicht die Zeit die es bräuchte das alles niederzuschreiben. Zu viel gibt es dort draußen in der Wüste zu lernen, zu viele bedürfen unserer Hilfe. Doch ich bin sicher, eines Tages wird auch dieses Kompendium vollständig sein.
[...]Nun ist eine neue Ära für die Weisen und Tapferen angebrochen, um die Zügel des Ehrgeizes in die Hand zu nehmen, einen Weg für eine neue Ordnung zu bahnen, die Risse zwischen den Kontinenten zu überbrücken und das Schicksal ihrer Zivilisationen neu zu schmieden. Dies ist meine größte Hoffnung, denn in der Einigkeit werden wir am besten gefeit sein, um dem Strom des Bösen entgegenzutreten. [...]
Elias Tryton im Jahre 2525
Ankunft
Es waren viele, viele Tage vergangen seit Shannon die Reise zu den Regenbögen begonnen hatte. So viele, kaum mehr zählbare Tage des morgendlichen aufrappelns und weiterstapfens. Das Bezwingen unendlicher Gefahren und überwinden unwegsamer Pfade. All die Strapazen, die er und die kleine Gruppe seines Dorfes hatten über sich ergehen lassen, waren der Preis für die Hoffnung auf eine bessere Welt. Viele waren gestorben. Doch der Glaube an die Worte des Heiligen des Feuers hielten die Gemeinschaft zusammen, schweißten sie zu einer neuen Familie, und wer seine Angehörigen verlor, ergab sich nicht der Trauer, wusste man sich doch in der Gemeinschaft aufgehoben.
Auch mit dem noch jungen Shannon hatte das Schicksal keine Gnade gehabt. Eines Tages hatte eine wilde Herde Kipees die Gruppe überfallen, und bis man sie zurückgedrängt hatte, waren ihren scharfen Klingenartigen Beinen schon ein Dutzend Homins zum Opfer gefallen. Unter anderem seine Eltern. Seitdem kümmerte sich ein altes Tryker Ehepaar um ihn, als sei er ihr Enkel. Doch nicht nur sie, auch die restlichen Anwesenden versuchten ihr möglichstes um die Reise, trotz aller schlimmen Zeiten, zu einem freudigen Ereignis zu machen.
Nun endlich war es soweit, der Regenbogen war erreicht, die Tore zu den neuen Landen lagen vor ihnen. Unberührt, wild, gefahrvoll, aber vor allem ein neuer Anfang und der erste Schritt in eine neue Freiheit. Shannon trat auf den Regenbogen zu, und buntes Licht durchströmte ihn. Es kribbelte auf seiner Haut, kitzelte an seiner Nase und eine kaum merkliche Brise wehte durch seine Kleider.
Ein Fremder in dunklen Gewändern trat auf die Gruppe zu und verneigte sich kurz. Anschließend fragte er nach dem Leiter der Gruppe und ein älterer Matis trat vor. Seine gebeugte Gestalt zeugte von den langen und harten Märschen, doch sein langes Haar, seine glänzenden Augen und sein Schritt verrieten ungebrochenen Lebenswillen. Eine kurze Unterredung folgte, in welcher der Matis auf die Gemeinschaft wies, anschließend weit ausholte und eifrig auf den Fremden einredete.
Shannon fürchtete sich vor der unheimlichen, dunklen Gestalt. Sie wirkte so befremdlich, so anders als sie. Als ihr Blick durch die Gruppe schweifte, überlief ihn ein eiskalter Schauer. Schnell huschte er hinter den Rücken seines "Onkels", wie er seinen neuen Vormund zu nennen pflegte. Dieser griff nach seinem Arm und drückte ihn fest. Es war nur eine kleine Geste des Mutes, doch sie reichte um den jungen Fyros vor dem Ausreißen zu bewahren. Er schielte über die Schulter des alten Trykers auf die Unterredung, die gerade zu einem Ende zu kommen schien. Der Fremde wies auf den Regenbogen zu, erläuterte noch kurz etwas und danach verließ er die Gruppe. So schnell wie er erschienen war, verschwand er in den farbigen Schatten.
Als er seinen Blick von den leeren Schatten abwandte in denen die Gestalt verschwunden war, erblickte er das Gesicht des alten Matis. Es sah kummervoll aus.
Die Reise hatte ihren letzten Schritt erreicht.
Die Landung kam unerwartet. Es folgte ein starker Schmerz, als wäre das Innere nach außen gekehrt worden. Shannon war übel, ihm war elend. Nur nach und nach beruhigte er sich. Von seinen Adoptiveltern war nichts zu sehen. Nur Fyros befanden sich um ihn herum, auf dem heißen, sandigen Boden.
"Schau einmal. Schau was für ein Land wir geschenkt bekommen haben.", wandte sich einer von ihnen an Shannon. " Auf, schlucke deinen Schmerz hinunter und sieh diese Pracht."
Shannon stand auf und tat wie ihm geheißen, auch wenn es beinahe mehr Kraft kostete als er aufbringen konnte. Dann jedoch waren für einige Sekunden alle Sorgen vergessen. Eine Oase breitete sich um sie herum aus. Ein kristallklarer See lag in ihrer Mitte und wilde Palmen wuchsen um seine Ufer. Rings herum lag eine riesige Wüste. Weiter im Norden schien sich die Sonne an so etwas wie einem Gebirge zu brechen. Wonnige Wärme durchfloss seinen Körper und Sonnenstrahlen brachten ihn zum niesen. Es war das Paradies. Zweifelsohne war er geradewegs in das Paradies gelangt.
Dann sah er am Ufer des Sees einige Gestalten sitzen. Es waren Angehörige seines Volkes. Voller Unglauben weiteten sich seine Augen. Sollten sie nicht die ersten sein die dieses Land betreten? Waren etwa schon andere vor ihnen angekommen? Kaum zu glauben. Sie mussten eine Fata Morgana sein. Doch er wollte sicher gehen. Leichten Fußes rannte er auf die kleine Gruppe zu und schon bald war er bei ihnen. Es waren zwei Männer und drei Frauen. Alle waren sie stattlich gekleidet und bewaffnet. Sie schauten ihn mit freudigen Augen an und eine der Frauen bot ihm ein Stück Mektoubfleisch an.
"Komm, setz dich zu uns. Wir tun dir schon nichts."
Zuerst zögerte er, doch dann überwog seine Neugier und die Faszination vor den Fremden seines Volkes, die so seltsam anzuschauen waren. Begierig griff er nach dem Fleischstück und schlang es herunter, sehr zur Belustigung der anderen. Langsam näherte sich auch der Rest der Ankömmlinge.
"Erzählt, wo kommt ihr her? Wer seid ihr? Was treibt euch hierher?"
riefen vereinzelte Stimmen.Die fünfe blickten sich an, schienen einen stillen Dialog zu führen und schließlich stand einer der Männer auf. Seine Rüstung glitzerte in der Mittagssonne und sein gewaltiger Zweihänder hing auf seinem Rücken als wiege er nichts. Die Gestalt wirkte auf Shannon wie ein Held aus all seinen Kindergeschichten. Er hob den Arm, und die Gespräche verstummten. Eine kurze Weile wartete er noch, sah jeden einzelnen an und begann danach, mit einer tiefen, melodischen Stimme, zu sprechen.
"Willkommen Homins. Willkommen in Atys. Wir heißen unsere Brüder und Schwestern willkommen in der neuen Welt. Ihr alle habt viele Gefahren hinter euch gebracht um hierher zu kommen. Wir wissen, dass ihr von treuen Freunden Abschied nehmen musstet.
Was uns hierher treibt? Was unser Begehr ist? Nun, das ist leicht gesagt.
Wir sind hier um euch den Weg zu weisen in die neue Heimat unseres Volkes. Bestimmt habt ihr alle schon das Gebirge dort hinter uns gesehen. Dies ist unsere neue Heimat. Und, so eure Füße euch denn dorthin tragen, auch bald eure. Wir werden euch leiten und dafür sorgen, dass eure Reise sicher sein möge.
Wisset denn, der Heilige des Feuers sprach zu uns, dass wir den Weg bereiten sollen für die Homins, und das ist unser Ziel. Wir stellen uns den Kitins entgegen, um ihrer Bedrohung Einhalt zu gebieten. Wir stellen uns ihnen entgegen, für euch und jenen die euch folgen. Doch ebenso stellen wir uns ihnen entgegen damit wir die alten Wege beschreiten können um zu unseren neuen Verwandten zu gelangen. Die alten Konflikte sind mit der alten Welt verloren gegangen. Nun ist es an der Zeit eine neue Ära einzuleiten. Eine Ära des Zusammenhalts. Wir folgen den Worten des Heiligen und beschreiten seinen Weg. Wenige sind bislang mit uns, doch unser Eifer ist groß, unser Wille stark und unsere Kraft ungebrochen. Wir sind der Anfang Einer Gilde, die den Kitins das fürchten lehren wird.
Wir sind die Lost Seraphym!"
Shannon war hin und weg von diesen Worten. Die Begleiter des Mannes standen nun wie eine Feste der Zuversicht, so dass man nicht anders konnte als an ihre Mission zu glauben.
Die letzte Etappe ihrer Reise hatte begonnen.
Während sie gingen konnte Shannon die Umgebung betrachten. Überall sah er sprühendes Leben. Kleintiere flitzten umher, aufgescheucht von den Schritten der Gruppe, verbargen sich unter Steinen oder rannten schlicht über die nächste Düne.
Dann betrachtete er den Rücken des Mannes. Auf dem Mantel den er trug war ein merkwürdiges Symbol eingebrannt. Es glich einem Vogel.
Dieses Symbol war in ein Wappen gebettet, das in Grün und schwarzen Tönen gehalten war. Shannon konnte sich keinen Reim darauf machen, was es zu bedeuten hatte und was es darstellen sollte.
Der Hüne nahm den Mantel ab und betrachtete im gehen das Symbol, als hätte er Shannons Gedanken gelesen.
"Das, mein kleiner tapferer Homin ist das Symbol unserer Gilde. Es zeigt den Heiligen des Feuers. Es ist weiß gehalten, um seine Macht und seine Reinheit auszudrücken. Das schwarze symbolisiert das Nichts aus dem er gekommen ist und das grün zeigt die Welt, die wir schaffen werden.
Wie auch wir steht es für die Einigkeit der Homins in Atys."
Befriedigt mit der Antwort setzte Shannon seinen Weg fort, nun neben dem Krieger gehend. Dabei sann er über die vergangenen Tage nach. Den Verlust seiner Eltern, den Verlust seiner Freunde.
"Werde ich meinen Onkel und meine Tante jemals wiedersehen? Sie sind Tryker und waren plötzlich nicht mehr bei uns."
"Das verspreche ich dir. Solange wir leben und atmen werden wir dafür kämpfen, dass wir Homins in Freiheit leben können. Sei unbesorgt.
Sei stark. Siehst du? Wir sind da."
Nachdem er die Gruppe in ein Tal geführt hatte blieb er stehen.
Seine Lippen formten die drei Wörter, die noch lange Zeit in den Köpfen der Reisenden nachhallen würden:
"Ihr seid zuhause."
Die Zusammenkunft
Vorwort und Anrede der Authorin
Seid gegrüßt Fremder. Shamera werde ich gerufen, zur Historie bin ich berufen. Ich wurde in die alten Chroniken dieses Bundes eingeweiht und in den alten Traditionen unterwiesen, die für diese Vereinigung standen. Ich bewahre alles Wissen um sie. Lasst mich euch heute davon erzählen wie der weitere Fortgang war, nachdem die ersten Pioniere ankamen.
Lange Zeit kämpften die Lost Seraphym gegen die Bedrohungen, die damals einen jeden Tag alles daran setzten den Pionieren das Leben zu erschweren. Die gemeinsame Botschaft der Gilde schwebte in vieler Homins Köpfen und so kämpfte man Seite an Seite mit alten Feinden, um dem Bösen Einhalt zu gebieten. Es war die Blüte der Gilde, diese schwere Zeit. So gnadenlos und dunkel sie einerseits war, um so heller strahlten doch in diesen Tagen Heldentum und Wagemut. Manches wurde vollbracht, wovon wir heute noch ehrfurchtvoll in die Knie gehen würden. Ohne festes Heim, ohne Kunde der Lande und noch wenig an der Zahl standen sie dennoch aufrecht wie Könige und fochten besser als es heute so mancher vermag. Und in all dem brannte der Stern der Lost Seraphym wie ein loderndes Feuer. Die Idee jener Fünfe, ihr streben wurde von vielen aufgegriffen und das Wappen wehte auf so mancher Fahne.
Doch je heller das Licht, desto dunkler ist auch der Schatten. Was hell loderte rief viele Neider und anderes Gewürm hervor. Mit jedem Tag wurden es derer mehr und schon bald bemächtigte sich ein Schatten unserer tapfrer Vorfahren, der sie kurz darauf verschlingen sollte. Die Details erspare ich euch heute abend, ist es doch genug Stoff für eine eigene Geschichte. Nur soviel sei gesagt: Man sorgte dafür, das die Lost Seraphym an Ansehen verlor und so keiner mehr da war, der die Nachkommenschaft sicherte. So verlosch das Feuer der Seraphym und sie verschwand von der Oberfläche Atys. Fast.
Nur einige wenige noch hielten an der Wahrheit fest und überlebten den Niedergang. Sie konnten nicht mehr als Einheit auftreten, doch im Geiste waren sie stets verbunden. Alles was ihnen zu tun blieb war, zu beobachten, zu sammeln und zu erinnern. Doch schon bald waren auch diese wenigen verschwunden. Der Alltag erstickte, was Heimtücke und Niedertracht nicht geschafft hatten.
Doch eine Seele blieb den Idealen treu. Eine Seele überdauerte die langen Tage der Schwärze und des Vergessens. Ihr erinnert euch an den jungen Homin, der derart berührt war von den Worten des einen Seraphym? Shannon war sein Name, er war wirklich noch jung, doch sein Verstand war schon damals mit außergewöhnlicher Schärfe gesegnet. Es dauerte nicht lange, und er fand seinen Weg in die Reihen der Gilde und dort auch seinen Platz. Ohne Familie aufgewachsen fand er schließlich, was ihn tief in seinem Herzen zerriss. Er fand Frieden, ausreichen Material um seinen Verstand zu schärfen und schließlich auch Glück. Seine Arbeit als Historiker brachte dem Bund viel Wissen ein und, was noch wichtiger wog, sie ermöglichte das es an die jüngeren weitergegeben werden konnte.
Als sein Glück ihm eine Tochter gebar, glaubte er sich als den glücklichsten Homin Atys. Dies war ungefähr zu der Zeit, als der Niedergang der Gilde begann. Er verbarg sich und entging so den Häschern, zog im stillen seine Tochter groß und lehrte sie von Kindesbeinen an, was er niedergeschrieben und gelernt hatte. Es vergingen drei Generationen, in denen so das Wissen weitergegeben wurde. Shannon selbst lehrte noch seine Enkel das alte Wissen, doch dann rief ihn die Erde und er verging im Feuer, alt an Jahren, weise wie nur wenige und glücklich, seinen größten Schatz gerettet zu haben.
Ihr habt Recht. Shannon war mein Urahn. Leider konnte ich ihn nicht mehr erleben, wobei mir meine Mutter noch heute erzählt, er habe mich noch in Armen gehalten. Meine Lehrerin war seine Enkelin, meine Mutter. Doch sie hatte schon mit der Muttermilch die Worte und Gesänge zu sich genommen, das es manchmal so wirkte als habe sie mit all jenen Gestalten von damals gefochten und gelebt.
Pyr
Ankunft in Pyr und Gründung der Gilde
Nachdem ich also mein Heimatland verlassen hatte, jene kleine geborgene Insel, auf der sich noch heute meine Eltern, alt und gebrechlich geworden, verstecken, stand ich vor der riesigen, wenn auch noch ein wenig zerfallenen Pracht Pyrs. Damals war es ein nichts im Vergleich zu dem was Pyr heute darstellt. Es glich damals einem Friedhof, einer Gruft, während es heute der brodelnde Herd ungezählter Leben und Spezies ist. Doch zurück zu den Anfängen. So stand ich also dort, neben mir meine getreuen Begleiter (Erläuterungen siehe Geschichten des Anfangs Band 1, Kapitel Begegnungen). Zuvorderst stand Gultaran, mit dem mich ein spezielles Band verknüpfte, das heute zwar vergangen ist, doch damals Grundlage meiner Energie war. Es ist, als stünde ich noch heute an jener Stelle, so genau sehe ich uns alle dort stehen. Ich sehe Gultarans Rüstung in der heißen Wüstensonne blitzen und sein Schwert, das er lässig über die Schulter gewuchtet hatte, glich einem zu Gestalt erstarrtem Sonnenstrahl. Direkt neben mir, stand meine beste Freundin, Begleiterin seit vielen Jahren und stets treue Seele. Hotokee war wie immer in ihre neuesten Kreationen gekleidet, die sie mir ein jedes Mal voller Stolz präsentierte. Ich glaube, ich vertraute niemandem so oft mein Leben an wie ihr und ich wurde nie enttäuscht. Ihre Künste zu heilen sind phänomenal. Tisc, schon damals der aufstrebende, eifrige Kerl als der er schon bald uns alle in seinem Schatten stehen lassen sollte, stand ein wenig abseits, so als wolle er direkt die Stadt verlassen um die Wüste zu erforschen. Seine Kräfte waren schon jetzt mächtiger als die von uns allen. Thorgun, erst seit kurzem in unserem kleinen Bunde, erkundete gerade die Hallen des Palastes und ab und zu konnte man seine Kleider umherflattern sehen. Er war stets einer der ersten der alles gesehen haben musste. So genossen wir also die ersten Strahlen der Sonne, die zu sehen meine Eltern nie die Gelegenheit haben würden. Es war schön in jener Zeit, Pyr erwachte in einigen ersten zarten Zügen aus seinem Todähnlichen Schlaf und wir, damals noch nicht mehr als eine Handvoll Freunde mit dem Willen diese neue alte Welt zu erkunden, waren auf dem Wege, sie mithilfe der anderen Homins, zu unserer eigenen zu machen. Es war diese Pionierstimmung, die uns mit der Welt um uns herum, den Homins um uns und allem überhaupt verband. Wir waren eins mit allem und es herrschte Frieden in uns.
Es dauerte nicht lange, bis wir die Pläne unserer Zukunft in eine Richtung gelenkt hatten und schon alsbald schritten wir vereint zu den Mächtigen Pyrs, um dort, im Schatten jenes gigantischen Palastgebäudes, unseren Namen und unsere Mission an jene weiterzugeben, die herrschten. Wir standen in der riesigen Empfangshalle und als Gultaran unseren Namen verkündete, sich selbst als unserem Führer benannte und mich als seine Stellvertreterin, da war unser aller Herz ergriffen und unsere Augen mit Tränen des Stolzes erfüllt. Es war der Tag an dem die Lost Seraphym als Bund bestätigt wurden und von dem an wir unsere Mission, unseren Glauben und unsere Hilfe in alle vier Länder Atys tragen sollten.
Es war ein Glorreicher Tag, seit dem eine Unmenge geschehen ist. Es gibt viel zu berichten, es gibt viel niederzuschreiben. Doch mein Leben bietet mir nicht die Zeit die es bräuchte das alles niederzuschreiben. Zu viel gibt es dort draußen in der Wüste zu lernen, zu viele bedürfen unserer Hilfe. Doch ich bin sicher, eines Tages wird auch dieses Kompendium vollständig sein.
Virien
Event Management Leanon
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Re: Story-Wettbewerb - Wahl der Community
Tragödie am Turmbrückenweg
1. Grenzwächter
Illanea und Aron waren sich zum ersten mal während ihrer Ausbildung bei den Grenzwächtern begegnet. Vom ersten Tage an waren sie gute Freunde gewesen und diese Freundschaft vertiefte sich schnell. Bald schon wurde sie zu mehr, doch keiner der Beiden wagte es dem Anderen seine Gefühle mit zu teilen aus Furcht, dass ihre Freundschaft daran zerbrechen könnte.So verbrachten sie gemeinsam viele Tage und Monate ihrer Ausbildung und wurden von ihren Vorgesetzten, die über die Gefühle der Beiden wohl mehr zu wissen schienen als die beiden selbst, schließlich auch gemeinsam für den Dienst am Turmbrückenweg eingeteilt. Hier trafen sie auf Sairan, der ebenfalls neu in dieser Einheit war, und freundeten sich recht schnell mit ihm an.
Schon bald stellte sich heraus, dass diese drei, wann immer sie gemeinsam in einen Kampf zogen, schier unüberwindliche Gegner zu sein schienen. Hatte der eine eine Schwäche, so konnte er sich darauf verlassen, dass sie von einem der anderen mehr als ausgeglichen wurde, und so gingen sie aus jedem einzelnen ihrer vielen Gefechte als Sieger hervor. Seit ihrer Ankunft im Lager hatten sie sich als untrennbares Team einen Namen unter den Grenzwächtern gemacht, und doch war da etwas, das ihre Freundschaft immer mehr strapazierte.
Aron war nicht entgangen, mit welchen Blicken Sairan Illanea bedachte, wenn er sich unbeobachtet glaubte. Und so schwelte in Arons Hinterkopf ein nagendes Gefühl der Eifersucht, und je öfter er diese Blicke sah, desto stärker wurde dieses Gefühl. Eines Abends kam der Lagerkommandant zu ihm.
Ich habe eine Aufgabe für dich, Aron. sagte er und überreichte ihm ein eng beschriebenes Blatt Papier. Als Aron die Zeilen überflog konnte er nicht glauben was er da las. Angeblich waren die Deserteure dabei sich mit anderen Stämmen und Banditengruppen zu verbünden um einen großen Schlag gegen die Matis zu führen.
Bisher ist das nur ein Gerücht, nichts weiter. beruhigte ihn der Kommandant. Aber dennoch schicke ich euch aus um zu prüfen ob da etwas dran ist.
Wir werden sofort aufbrechen. antwortete Aron mit ernstem nicken und wollte sich auf machen um Illanea und Sairan zu suchen, doch der Kommandant hielt ihn auf.
Ihr werdet allein gehen. sagte er. Ihr werdet euch bei den Deserteuren einschleichen und herausfinden was da los ist. Das ist als Gruppe unmöglich.
Aron war geschockt. Einen so gefährliche Auftrag sollte er allein bewältigen? Er musste einige male tief durch atmen. Dann aber riss er sich zusammen und salutierte steif.
Wie ihr befehlt, Kommandant. Ich werde im Morgengrauen aufbrechen.
An diesem Abend war es, dass Aron Illanea aufsuchte um ihr seine Gefühle zu gestehen. Zu groß war die Angst von dieser Mission nicht zurück zu kehren, als dass er es ertragen hätte auf zu brechen ohne mit ihr gesprochen zu haben. Zu groß war auch die Furcht davor was sich in seiner Abwesenheit zwischen Sairan und Illanea entwickeln könnte wenn er ihr jetzt nichts sagte. Sein Herz wollte vor Aufregung aus sein Brust springen, als er zu Illanea ging und sie ein wenig vom Lager fort führte zu jener nahen Hügelformation, der das Gebiet seinen Namen verdankte.
Vorsichtig nahm er Illaneas Hand in die seine und begann stockend und unsicher seine Gefühle für diese Frau in Worte zu kleiden. Als es endlich raus war legte sich Stille über den Ort. Illanea stand schweigend neben ihm und hatte den Blick gesenkt. Aron kam sich in diesem Moment wahnsinnig dumm vor und erste Zweifel begannen sich in ihm breit zu machen, ob er nicht grade einen großen Fehler begangen hatte. Er wollte sich eben entschuldigen, als Illanea den Blick hob. Sie hatte Tränen in den Augen.
Was...? begann Aron erschrocken. Nie hätte er mit dieser Reaktion gerechnet. Doch er konnte die Frage nicht zu ende stellen. Überraschend zog Illanea ihn zu sich heran und Küsste ihn innig.
Es lässt sich nicht in Worte fassen, wie erleichtert Aron war, als er von Illanea erfuhr, dass sie seine Gefühle schon lange teilte, und so wurde diese Nacht zu einer der Glücklichsten in ihrer beider Leben.
Am nächsten Morgen verabschiedeten sie sich schweren Herzens voneinander mit dem Versprechen nach Arons Rückkehr den Bund vor Jena ein zu gehen. Auch von Sairan verabschiedete er sich und auch ihm verlangte er ein Versprechen ab: Pass gut auf sie auf.
Wie auf meinen eigenen Augapfel versprach Sairan und so zog Aron, sicher das er sich auf seine Freunde verlassen konnte, von dannen.
2. Der Auftrag
Lange Zeit, so schien es Aron, war er mit den Deserteuren unterwegs. Jeder Tag ekelte ihn an, da er die verdrehten Auffassungen dieser Verbrecher am Matisianischen Volk ertragen musste ohne ihnen ihre dreckigen Mäuler stopfen zu dürfen. Doch Zeichen für die vermutete Verschwörung fand er nicht.Irgendwann, als er sich seiner Sache ganz sicher war und das Geschwätz seiner Kameraden nicht länger ertragen konnte beschloss er die Mission zu beenden. Er war mit einem Trupp der Deserteure hoch in den Norden geschickt worden und nutzte nun die Gelegenheit um in der Wildnis verloren zu gehen.
Ein günstiger Moment ergab sich, als er eines Nachts Wache hielt. Sie waren immer zu zweit zur Wache eingeteilt, aber der Deserteur der mit ihm Wache halten sollte war dann doch irgendwann eingeschlafen. Schnell, aber so lautlos wie es möglich war, entfernte sich Aron von ihrer Lagerstätte und schlug sich in die Wildnis. Ein guter Teil des Trainings bei den Grenzwächtern bestand darin zu lernen notfalls auch alleine in der Wildnis überleben zu können, und so war es kein Problem für ihn die Richtung, in die er sich zu bewegen hatte um wieder sicher zum Turmbrückenweg zurück zu kommen, zu finden.
In der ersten Nacht noch legte er, trotz der Gefahr die durch die herumstreunenden Kreaturen des Landes bestand, noch ein ordentliches Stück zurück um möglichst viel Entfernung zwischen sich und die Deserteure zu bekommen. Später wollte er am Tag reisen wenn es sicherer war. Doch schon in der zweiten Nacht erhielt er unerwarteten Besuch.
Eine in ausgewaschene Lumpen, die wohl einstmals extrem Bunt gewesen sein müssen, gekleidete Gestalt betrat unvermittelt den Lichtkreis seines kleinen Lagerfeuers.
Seit gegrüßt Aron. sprach der Fremde mit leiser Stimme.
Jena mit euch, Fremder. antwortete Aron und legte vorsichtshalber die Hand an den Knauf seines Schwertes. Woher kennt ihr meinen Namen? Und wer seit ihr?
Ich bin nur ein einfacher Wanderer der vieles hier und da auf schnappt. sagte der Fremde ruhig. Und ich habe etwas erfahren, was euch interessieren dürfte.
Misstrauisch blickte Aron den Fremden an, entspannte sich jedoch ein wenig und deutete ihm sich ans Feuer zu setzen.
Was sollte mich interessieren. verlangte er zu wissen, doch der Fremde antwortete nicht. Stattdessen fummelte er einen kleinen Beutel aus seiner Kleidung hervor und streute dessen Inhalt, ein weißes Pulver, in die Flammen des Lagerfeuers. Sofort züngelten diese Fauchend in den Himmel empor als wollten sie die großen Luftwurzeln dort verbrennen.
Es geht um eure Freunde. begann der Fremde dann wieder zu flüstern. Illanea und Sairan heißen sie, glaube ich. Aber seht selbst.
Bei den letzten Worten deutete der Fremde auf das Feuer und als Aron dort hin blickte wollte er einen Moment seinen Augen nicht trauen.
In den Flammen waren unscharf die Konturen zweier Homins zu erkennen. Und als Aron länger in die Flammen sah wurde das Bild klarer. Er erkannte Sairan und Illanea, wie sie eng umschlungen da lagen. Zorn brandete in Aron auf, als er dieses Bild sah.
Was ist das für Hexerei? verlangte er zu wissen doch der Fremde legte nur seinen Finger an die Lippen und deutete dann ein weiteres mal auf die Flammen.
Hört. flüsterte er und da vermeinte Aron in dem knistern des Feuers die Stimmen seiner Freunde zu hören.
Oh, geliebte. säuselte Sairan, Wie glücklich ich bin, dass du nun doch zu mir gefunden hast und nicht zu ihm.
Aron glaubte nicht was er da hörte.
Geliebter. hauchte Illanea da Sairan entgegen, Wie könnte ich euch verschmähen, wo er mir doch so entfernt ist.
Das reichte Aron. Er kochte vor Wut, und aus dem Schwelbrand der Eifersucht, der einstmals in ihm war und denn er seit der Nacht vor seinem Aufbruch erloschen geglaubt hatte, war nun ein lodernder Feuersturm geworden.
Sagt mir, dass das nicht war ist! forderte er den Fremden zornig auf. Sagt mir, dass ihr mir hier nur einen üblen Streich spielt!
Doch der Fremde schwieg und blickte ihn nur ruhig an. In seinem Blick lag nichts, was auf eine Lüge oder Hinterlist hingedeutet hätte. Schließlich wandte Aron seinen Blick gen Himmel und schrie seine Wut hinaus.
Warum?! schrie er immer wieder, und sein Zorn wuchs ins unermessliche da er so machtlos, wie weit entfernt vom Turmbrückenweg war.
Ich kann euch vielleicht helfen. flüsterte da der Fremde. Sofort hatte er wieder Arons volle Aufmerksamkeit.
Wenn ihr wollt kann ich euch sofort zurück zum Turmbrückenweg bringen. wieder lag keine Andeutung eines Scherzes im Blick des Fremden und so nahm Aron das Angebot ohne zu zögern an.
3. Turmbrückenweg
Die versammelten Wächter applaudierten. Illanea und Sairan hatten die Rollen des verliebten Paares in dem Theaterstück, dass der Kommandant zur Hebung der Moral seiner Truppe erlaubt hatte, perfekt gespielt. Man konnte sich zwar darüber streiten, ob eine Liebesgeschichte das richtige für eine Kampftruppe wie die Grenzwächter war, aber letztendlich hatte man sich mit dem Argument Das ist etwas völlig anderes, als die Truppe normalerweise Tagtäglich erlebt. dafür entschieden.Nach der Aufführung hatte sich Illanea allein zu den nahen Hügeln begeben, bei denen Sie ihren letzten Abend mit Aron verbracht hatte, und schaute dem Mond und den Sternen bei ihrer Wanderung über das Firmament zu. Sie dachte an ihren Geliebten, und was er wohl jetzt grade machen würde. Viel zu lange war er schon fort und das verlangen ihn wieder zu sehen war fast unerträglich geworden.
Was tust du hier so allein. riss sie da Sairans Stimme aus ihren Gedanken. Sie versuchte gar nicht glücklich aus zu sehen als sie sich zu ihm umdrehte.
Ich denke an Aron. sagte sie und wischte sich eine verirrte Träne aus dem Auge.
Ihm geht es gut. sagte Sairan und nahm sie tröstend in den Arm. Du wirst sehen. Schon bald hat er den Auftrag erledigt und kommt zurück. Und dann wird gefeiert.
Illanea lehnte ihren Kopf gegen seine Brust und schloss einen Moment die Augen.
Wie sehr ich hoffe, dass du recht hast. flüsterte sie.
So haltet ihr also eure Versprechen! erklang da eine ihnen beiden wohl bekannte Stimme. Erschrocken drehten die beiden sich um. Einige Meter von ihnen entfernt stand Aron. Wutschnaubend und mit gezogenem Schwert.
Aron. entfuhr es Illanea, die gar nicht glauben konnte, dass ihr geliebter wieder da war. Doch im nächsten Moment stürmte Aron auch schon los.
Was soll das? fragte Sairan keuchend, als er grade noch sein eigenes Schwert gezogen bekam um den Schlag, den Aron führte, ab zu blocken. Doch Aron antwortete nicht. Stattdessen hieb er immer weiter auf Sairan ein, der sich nur mit mühe Verteidigen konnte.
Aron, was tust du? schrie Illanea entsetzt. Doch ihr Schrei verhallte ungehört.
Aron und Sairan fochten immer weiter, und je hitziger das Gefecht wurde, desto mehr schienen Sairans Reflexe die Oberhand zu gewinnen. Bald hörte er auf einfach nur zu parieren, sondern führte auch seinerseits vereinzelte Schläge gegen seinen Freund. Illanea kam sich vor wie in einem bösen Traum der unaufhaltsam auf seinen grausigen Höhepunkt zusteuerte.
Als hätte die Zeit selbst plötzlich beschlossen langsamer zu verlaufen sah sie plötzlich wie Aron in seinem Zorn ein schlimmer Fehler unterlief. Nach einem viel zu heftig geführten Schlag stand er einige Augenblicke unbalanciert und fast deckungslos da, und das Jahre lange Training tat bei Sairan sein übriges. Die Reflexe des Kriegers übernahmen die Kontrolle und er führte einen Schlag gegen seinen Freund der Tödlich enden musste.
Alles verlief so langsam vor Illaneas Augen und dennoch hatte sie nicht genug Zeit einen klaren Gedanken zu fassen. Alles woran sie in diesem Moment denken konnte war, dass ihr Geliebter Aron im begriff war von einem Gegner getötet zu werden. Und wie es Jahre lang war, so war es auch jetzt: Hatte der eine eine Schwäche, so war es an dem anderen sie aus zu gleichen.
Ohne nach zu denken Riss auch Illanea ihr Schwert aus der Scheide und führte einen einzigen, präzisen Schlag. Doch es war zu spät.
Sairans Schwert hatte Aron getroffen und nieder gestreckt. Blut schoss aus seiner Wunde als er auf die Knie sank, einen entsetzten Blick auf seinen Freund gerichtet. Doch auch Sairan war getroffen. Illaneas Schwert war tief in seine ungedeckte Seite eingedrungen und als sie den Griff los lies kippte er Tot zur Seite. Ein letztes Mal wandte sich Arons Blick seiner Geliebten zu.
Illanea. brachte er als letztes Wort hervor, bevor auch er sterbend vornüber fiel.
Entsetzt sank Illanea auf die knie und versuchte verzweifelt das Blut in Arons Körper zurück zu pressen und die Wunde mit ihren Händen zu verschließen. Doch es war zu spät. Jeder Funke Leben war aus Arons Körper gewichen.
Illaneas Blick fiel auf Sairans blutiges Schwert das am Boden lag. Wie in Trance nahm sie es auf und richtete es gegen sich selbst.
Bitte, Jena. betete sie mit Tränen in den Augen. Lasse mich aus diesem Schrecklichen Traum erwachen oder vereine mich im Tode wieder mit meinem Geliebten Aron. Dann stach sie zu.
Irgendwo weit entfernt wanderte eine einsame Gestalt durch die Wildnis. Keine andere Kreatur wagte es ihr nahe zu kommen und so erreichte sie unbehelligt gebiete in denen andere Homins nur selten anzutreffen waren. Kurz blieb sie stehen und machte eine Bewegung, als lausche sie auf irgendetwas. Dann ging sie kopfschüttelnd weiter.
Homins. flüsterte sie. Wissen gar nicht was für ein wertvolles Gut Vertrauen ist. Im einen Moment schenken sie es einem völlig Fremden, nur um es im nächsten den besten Freunden zu entziehen.
Virien
Event Management Leanon
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Re: Story-Wettbewerb - Wahl der Community
kann man auch alle wählen?
das fällt einem ja richtig schwer hier.
das fällt einem ja richtig schwer hier.
Re: Story-Wettbewerb - Wahl der Community
Poll is closed * Gratulation dem Gewinner !!
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(°.°)
(")(") *This is the aggro bunny virus...make you feel sick (xxxxxx)
(°.°)
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Re: Story-Wettbewerb - Wahl der Community
muff73in wrote:Poll is closed * Gratulation dem Gewinner !!
Virien wrote:Am 25. September soll der/die Gewinner sowohl aus der Wahl der Community als auch der Jury bekannt gegeben werden.
Also... der erste Teil wäre bekannt, fehlt noch der zweite Teil