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Die Farbe von Sand

Posted: Thu Jul 06, 2006 1:13 pm
by dachsli
Entspannt sitze ich im Sand am Strand von Fairhaven. Direkt hinter dem Stall. Eine ruhige Ecke, in der ich meiner Seele etwas Ruhe gönnen kann und doch dabei das Treiben in der Metropole von Neu Trykoth nicht aus den Augen verliere. Laute Rufe der Händler, das Stakkato der Schritte von den patroullierenden Wachen, leises Gemurmel der Stadt-Offiziellen, scharrende Hufe der Mektoub's im Stall, ein Jubelschrei eines Homins aus Richtung der Lehrer...er hat sicher gerade eine neue Lektion erfolgreich gelernt.

Das friedliche Treiben von Fairhaven und ich sitze, die Füsse im Wasser kühlend, im Sand...im weissen Sand...weisser Sand???

Und die Erinnerung bricht über mich...

...kaltes Schaudern, obwohl die Sonne heiss vom Himmel brennt...

...nasser Schweiss auf der Stirn, obwohl meine Glieder Kühlung vom Wasser erhalten...

...ein Zittern am ganzen Körper...

...und in meinen Gedanken läuft der gestrige Abend nochmals wie ein Film ab...

...fest eingebrannt, wie ich ihn wohl nie mehr loswerden werde...


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Ein erfolgreicher Tag in Loria's Lagunen neigte sich dem Ende. Wieder konnte ich einige Fertigkeiten trainieren und meine volle Tasche zeugte von der erfolgreichen Jagd. Nun nur schnell nach Hause ins friedliche Fairhaven und ein wenig am Strand entspannen, bevor der Tag sich endgültig der Nacht beugt. Freudig eilte ich auf die Stadt zu, in Gedanken sah ich schon den weissen Sand...

Weisser Sand?
Roter Sand?
Blutroter Sand!
Blutroter Sand, tote Homins!
Blutroter Sand, tote Homins und ein wilder Fremder, welcher verletzte, unbewaffnete Homins jagt!

Ein Fremder, seines Zeichens ein Anhänger MaDuk's, schlachtete jeden, der offen seinen Glauben an Jena zeigte.

Sie waren unbewaffnet.
Sie waren stumm.
Sie starben, weil sie ihren Glauben zeigten.

Nur wenige Minuten dauerte das Gemetzel. Blutgetränkt der Sand von Fairhaven. Die Hauptstadt eines Volkes, welches für Freiheit und Gleichheit steht. Eines Volkes, dessen Gouverneur Still Wyler diese Werte seinem Volk stets vorlebte und dafür feige gemeuchelt wurde.

Der fremde Schlächter sitzt hochnäsig am Eingang zur Stadt. Scharfe Fragen der umstehenden Homins nach dem Grund seines Tun's erklärt er fanatisch mit seinem Glauben zu MaDuk und seinem Hass auf alle Karavaneers.


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Ich rufe meine Gedanken in die Gegenwart zurück. Unruhig beginne ich durch die Stadt zu laufen. Ohne es zu merken habe ich den Weg in Richtung "Lorias Aufstieg" genommen.

Doch halt!

Im Augenwinkel nehme ich den dunklen Fleck wahr. Der Steg, welchen ich gerade betrete, ist schon oft gescheuert worden. Trotzdem ist am Rand der kleine dunkle Fleck geblieben...ein Fleck von altem, eingetrockneten Blut.

Und wieder verfalle ich in Erinnerung...


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Die Wahlen für einen neuen Gouverneur der Seen-Länder waren nicht mehr fern. Voller Vorfreude besuchte ich eine Wahlveranstaltung, auf welcher zugunsten der Kandidaten wertvolle Gegenstände versteigert werden sollten.
Ein friedlicher Anlass in einer freien, friedlichen Stadt.
In einer freien, friedlichen Stadt?
So frei und friedlich, dass jede Menge Homins, welche frei ihren Glauben an Jena zeigten, in voller Kampfausrüstung und unter Waffen stehend aus einem fremden Land zu einer Tryker-Wahlveranstaltung erschienen.
Eine Demonstration der Macht?
Leise Hinweise von Trykern, man möge sich doch im friedlichen Fairhaven nicht so kriegerisch zeigen, wurden ignoriert.
Ein fader Beigeschmack zu einer sonst insgesamt gelungenen Veranstaltung.
Als ich nach Ende der Versteigerung den Steg in Richtung Händler betrat...Schock...eine Homina sterbend am Boden liegen, das Blut zwischen den Bohlen tropfend verfärbte das Wasser hellrot.
Unbewaffnet trug sie offen ihren Glauben an MaDuk, niedergestreckt dafür von den Karavanees. In einem Land, welches gerade den Nachfolger für den ermordeten Still Wyler sucht, bekannt für sein freiheitsliebendes, tolerantes Volk...gemeuchelt von Fremden?


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Ich brauche ersteinmal einen Drink, um wieder klare Gedanken fassen zu können.
An der Bar lasse ich mir ein Glas Arma-Milch geben und versuche meine Gedanken zu ordnen.

Wir Tryker leben nach unseren Grundsätzen "Freiheit, Gleichheit, Aufteilung". Unsere Hauptstadt sollte ein gewaltfreier Ort sein. Jeder soll seinen Glauben offen zeigen dürfen und doch anders- oder nichtgläubige Homins respektieren.
Erst vor kurzem wurde mir berichtet, wie in einem guten Buddelgebiet offen bekennende Kamiisten und Karavanees einträchtig miteinander Rohstoffe abbauten, ja sich sogar gegenseitig dabei halfen! Warum müsst ihr dann eure Glaubenskriege in unserer friedlichen Stadt austragen???

Langsam laufe ich wieder zum Strand. Setze mich in den weissen Sand und kühle die Füsse im blauen Wasser.

Die Bilder vor meinen Augen beginnen zu flimmern...
...einst weisser Sand schimmert blutrot zwischen den Palmen...
...einst blaue Meere gleissen purpur soweit das Auge reicht...
...das Tageslicht fällt auf die Seite...
...die Nacht bricht an und mir ist kalt!

Dachsli

(edit: Silistikfehler beseitigt)