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Marten

Posted: Mon Jun 13, 2005 4:53 pm
by tobi19
[hier herrscht in character only, ich werde die moderatoren bitte alle ooc-posts zu löschen]


Nacht. Dunkelheit und Kälte. Die Monde von Atys sind von Wolken verhangen. Kaum ein Lichtstrahl findet seinen Weg bis zur Rinde von Atys. Die Dunkelheit ist undurchdringlich. Unendlich. Sie umschlingt mich. Ergreift mich. Berührt mich.


Ein warmer Sonnenstrahl, der durch das Blätterdach des Baumes unter dem ich lag zielsicher mein geschlossenes Auge traf riss mich aus meinem unruhigen Schlaf. Ich hob die Lider um sie sogleich wieder fest aufeinander zu pressen, als das Licht sich wie ein brennender Dolch in meine Pupille fraß. Mühsam kroch ich ein Stückchen weiter, tastete nach der rauen Rinde des Baumes.
Die Schwäche die von meinen Knochen und Muskeln Besitz ergriffen hatte und mich zu meinem unfreiwilligen Nachtlager zwang schien noch immer unendlich. Die Erinnerung an die zurückliegende Nacht war verschwommen. Mir war kalt gewesen. Und doch warm. Was war bloß geschehen.
Ich stemmte mich mühsam in eine sitzende Position und sank gegen den Stamm, die Beine im Schneidersitz unter mir verschränkt. Vorsichtig öffnete ich die Augen und blinzelte. Kein stechender Schmerz. Ich sah mich um und warf einen Blick gen Himmel. Es war weit nach Mittag. Kein Homin war zu sehen. Auch kaum ein anderes Lebewesen. Ich erkannte lediglich eine Herde Armas in weiter Ferne grasen.
Erneut schloss ich die Augen und versuchte, mir die Ereignisse der Nacht ins Gedächtnis zu rufen. Es gelang mir nicht. "Wahrscheinlich war gar nichts passiert," dachte ich bei mir. Ich war wie so oft nachts durch die matisianische Graslandschaft gewandert. Weit südwestlich von Davae, jenseits der Grenze zum Oberen Sumpf. Der Himmel hatte sich verdunkelt. Die Wolkendecke hatte sich zugezogen. Und plötzlich war ich zusammengebrochen, als hätte sich ein unbekanntes Gewicht auf meinen Schultern materialisiert.
Ich stieß mich vollends auf die Beine, was mein Körper mir mit einem wütenden Blitz aus purem Schmerz quittierte, der durch meine Hirnwindungen schoss. Ich schloss erneut die Augen und kämpfte gegen ein sachtes Gefühl der Übelkeit an. Letztere ging vorbei, der Kopfschmerz blieb. Dennoch machte ich mich auf den Rückweg nach Davae.
An einem Wasserloch machte ich Halt um meinen Durst zu stillen. Unversehens erschrak ich, als ich meines eigenen Spiegelbilds gewahr wurde. Dunkle Ringe unter meinen Augen erzählten eine Geschichte über die letzte Nacht, derer ich selbst noch nicht gewahr war. Die graue Gesichtsfarbe, sogar für einen Matis eindeutig zu bleich, tat ihr übriges. Auch fühlte ich die Schwäche erneut in mir aufsteigen. Ich lies mich in das weiche Gras sinken und streckte mich aus. Ein Dämmerzustand überkam mich, dem Schlaf näher als einem klaren Bewusstsein und alsbald schlief ich tatsächlich ein.

Ich weiß nicht wie viele Stunden vergangen waren. Als ich aus meinem besinnungslosen Zustand erwachte war die Erschöpfung vollständig aus meinem Körper verbannt. Ich setzte mich auf, fühlte mich gut und ausgeruht. Bis ich erkannte, was mich geweckt hatte. Es war nicht die Tatsache gewesen, das mein Leib keines Schlafes mehr bedurfte. Es war das Nerven zerreißende Heulen eines Torbaks gewesen. Welches genau in diesem Moment erneut erschall. Mein Herz setzte einen Schlag aus um dann umso heftiger in meiner Brust zu schlagen. Ich sprang auf und wandte mich um, dem Tier zu. Einem Torbak war ich alleine nicht gewachsen. Er würde mich in Stücke reißen. Und er kam näher.
Angst stieg in mir auf. Und etwas anderes. Zunächst war die Angst übermächtig, doch das andere, das Neue kämpfte sie nieder. Ich spürte ein Zittern in meinen Fingern und sah meine Hände an. Bläuliche Blitze sprangen von einer Fingerkuppe zur anderen.
Plötzlich wurde ich ganz ruhig. Ich hob den Blick. Und im selben Moment war der Torbak auch schon tot. Ein Ball aus Funken war aus meinen Handflächen auf ihn übergesprungen bevor ich überhaupt darüber nachgedacht hatte, was zu tun war. Das Fell des Tieres brannte. Der Zauber war unvorstellbar mächtig gewesen. Das spürte ich. Und ich sah es. Mein Hände waren rot von Blut. Die Haut war einfach weggeschmort worden. Ich konnte verbranntes Fleisch riechen. Mein eigenes verbranntes Fleisch. Ich fühlte keine Schmerzen. Nur Angst. Sie war wieder da. Unvorstellbare Angst. Ich schrie. Doch der Augenblick ungefühlter, rein psychischer Pein verging schnell. Das Fleisch, das teilweise ebenfalls einfach verbrannt war und den weißen Knochen durchschimmern ließ, begann zu brodeln. Ein Brechreiz stieg in mir auf. Doch die schreckliche Wunde heilte innerhalb weniger Sekunden.

Re: Marten

Posted: Wed Jun 15, 2005 8:59 am
by tobi19
Tage vergingen.
Nach dem Ereignis im Sumpf wagte ich es nicht mehr, meine Magie anzuwenden. Die Erinnerung an die Angst des atemlosen Augenblicks quälte mich.
Ich verbrachte die meiste Zeit in Davae, dem Ort an dem ich mich am liebsten aufhielt. Anderen Homins ging ich aus dem Weg. Oft saß ich einfach unter einem Baum und versucht immer und immer wieder, die Geschehnisse zu rekapitulieren. Es gelang mir nicht. Im Gegenteil, je mehr Zeit verging desto unwirklicher wurden die Erinnerungen. Bis ich schlussendlich alles als sehr realistischen Traum abtat.
Eine schlechte Lüge.

Fast zwei Wochen nach der Begegnung mit dem Torbak verbrachte ich die Nacht wie den größten Teil des vorigen Tages, unter einem Baum nahe Davae. Die Morgendämmerung war noch fern, als ich aus meinem Schlaf hochschreckte. Meine Finger kribbelten. Ich hob die Hände vor mein Gesicht. Das Kribbeln wurde immer stärker, begann sich in meinem gesamten Körper auszubreiten.
Plötzlich züngelten kleine Blitze aus meinen Fingern, meinen Handflächen und wenig später auch meinen Handgelenken und nackten Unterarmen hervor. Mein Augen weiteten sich. Ich konnte das Kribbeln nun identifizieren. Es war reine magische Energie. Erst einmal erkannt spürte ich sie allgegenwärtig. Sie floss durch meine Adern, vibrierte unter meiner Haut, prickelte hinter meinen Augäpfeln. Ja, sie erregte mich sogar sexuell, obwohl mir das in diesem Moment nicht bewusst war.
Ich fühlte, dass ich über diese Macht gebieten konnte. Ich hatte mächtige Magier gesehen, die an der Dynamik der Magie Anteil hatten und vor konzentriertem Sap regelrecht brodelten. Das alles war nichts gewesen gegen das, was grade mit mir geschah. Ein Lächeln erschien auf meinen Züge. Und wich langsam einem Ausdruck unendlichen Hasses. Ja, Hass. Und Größenwahn.
Ich kämpfte die aufkeimenden Hirngespinste von fallenden und unter mir neu entstehenden Königreichen nieder. Das war nicht ich. Das war nicht mein Ziel. Oder doch? Ich wusste, ich spürte, ich könnte alles schaffen wenn ich nur lernte die Macht, die mir gegeben war, richtig zu kontrollieren und voll auszuschöpfen.
Meine Gedanken rasten. Sie rasten im Kreise.

Die Kraft verschwand so schnell, wie sie gekommen war. Das Kribbeln und Vibrieren verschwand. Ich war wie versteinert. Es war weg. Das Gefühl war weg. Einfach weg. Ich schloss die Augen und suchte in mir. Nichts. Wut begann meine Gedanken zu verdunkeln. Ich fühlte mich betrogen. Etwas wundervolles war mir offenbart und gleich darauf wieder genommen worden. Ich sprang in die Höhe, stieß einen grollenden, zornigen Schrei aus. In blinder Raserei entlud sich meine mir eigene Magie. Schwach. Belanglos. Unbedeutend. Gerade genug, dem Baum eine Narbe zu reißen und das Gras zu meinen Füßen zu verätzen. Mein Groll wuchs weiter.

Ich kann mich nicht an das erinnern, was in den nächsten Stunden geschah. Als sich meine Gedanken klärten war es bereits hell. Ich fand mich weit nördlich von Natae im weichen Gras liegend wieder. Ich fühlte mich leer. Ausgemergelt. Ich sah mich um und entdeckte einige tote Tiere, die meiner Wut zum Opfer gefallen waren und den Pfad beschrieben, den ich eingeschlagen hatte.
Erst jetzt fand folgender Gedankengang den Weg in mein Denken: Wer oder was gebot über die Macht in mir, wenn ich es nicht tat? War sie ein Selbstläufer? Und erneut beschäftigte ich mich mit der Frage wo sie überhaupt hergekommen war.
Die kalte Nacht trat wieder in meine Erinnerung. Die Kälte, die Dunkelheit. Das unheimliche Gefühl von etwas berührt zu werden.
Ein Entschluss festigte sich in mir. Ich würde diese Macht kontrollieren lernen. Wenn nötig würde ich ihr meinen Willen aufzwängen. Doch zuerst musste ich sie finden. Ich begann zu meditieren.

Re: Marten

Posted: Fri Jun 17, 2005 3:30 pm
by tobi19
Stille. Fast völlige Stille. Nur wenige, mir völlig fremde Geräusche traten an mein Ohr. Sie klangen seltsam gedämpft. Als wäre ich in ein dickes, schweres Bodoc-Fell eingewickelt. Meine Sicht war ebenso eingeschränkt wie mein Gehör. Ich nahm verschwommene Schemen wahr. Gelegentlich Lichtblitze. Ich begriff nichts davon.
Was mein Ohr erreichte, das konnte ich nicht identifizieren. Plötzlich drang eine Stimme klar und rein durch die ungreifbare Hülle, die mich umgab. Und doch verstand ich ihre Worte nicht, als spräche sie in einer fremden Sprache. Einer verwirrenden Sprache.

Ich war gefangen. Der Gedanke kam mir so plötzlich und erschien so logisch, dass er mich sogleich mit einer gewaltigen Angst erfüllt. Gefangen im ... im Nichts? Ich wusste nicht wo ich gefangen war. Geschweige denn was mich gefangen hielt. Weiß es bis heute nicht.

Ich bäumte mich auf. Versuchte, die unsichtbaren Fesseln zu sprengen, deren Herkunft und Art ich noch nicht einmal kannte. Mein Aufbegehren bewirkte nichts. Ich versuchte mich zu bewegen und erkannte erstmals, dass es nichts gab was ich hätte bewegen können. Ich war körperlos. Nur Gedanken. Eine Folge flüchtiger Gedanken in einer Dimension der Leere. Eine Dimension, die Verbindungen hatte zu einer anderen Dimension, wie mir schien. Erneut drang eine Stimme an mein Ohr. Sie klang verwirrt. Verwirrend.
Ich vernahm keine Antworten, doch war ich mir nicht sicher ob dies bedeutete, dass der unbekannte Sprecher keine Antworten erhielt. Das beständige Summen, Zischen und Fauchen, welches neben der Stimme meine Gedanken bestürmte hätte alles sein können.
Das Zuhören strengte mich an. Ich fühlte mich schwächer werden, versank schließlich in einem Delirium.


Als ich erwachte lag ich zum wiederholten Male innerhalb der letzten Tage mit der Nase im Dreck. Es war Nacht. Ich fühlte mich noch immer ausgelaugt. Ich erinnerte mich, wie ich mich zur Meditation niedergelassen hatte. Doch statt meinen Geist zu erforschen und nach der unbekannten, überwältigenden und berauschenden Macht zu suchen war ich offensichtlich eingeschlafen. Ich ärgerte mich über meine eigene Unzulänglichkeit.
Mein Schlaf war ein einziger, schwarzer Block gewesen. Ich erinnerte mich keines Traumes, der mächtig genug gewesen wäre ihn zu durchdringen. Mir fröstelte. Ich fühlte mich leer.

Doch die Grübelei würde zu nichts führen. Verwirrt und müde erhob ich mich und begann den langen Rückweg nach Davae.